Bisher hatten sie auf einen Beitrag verzichtet, aber nach der Gemeinderatswahl und dem Aufstieg zur zweitstärksten Fraktion fand wohl ein Umdenken statt. Was sehr klug ist, denn so gut wie nie ist der Ratssaal so gut besucht wie am Schmotzigen Dunschtig – und das bietet die Gelegenheit, die politischen Grundansichten am Beispiel des lokalen Geschehens auf witzige Weise unters Volk zu bringen. Das Konzept war dabei gar nicht so schlecht.
Zum Ohrwurm von Henry Valentino, der mit dreckiger Stimme davon singt, dass im Auto vor ihm ein junges Mädchen fährt (jenes mit dem Refrain „Rada Rada Radaradara“), versuchten sich die Fraktionsmitglieder im Gesang, aber sonderlich abgestimmt hatten sie sich kaum. Irgendwie schien jeder seinen eigenen Text aufzusagen, was als Kanon durchaus noch ein Hörgenuss hätte werden können. So war‘s aber nicht, die Töne kamen eher so wie bei der sprichwörtlichen Katze rüber, die man über die Klaviertastatur laufen lässt. Witzig war‘s trotzdem – erstens weil Fasnacht ist und in der fünften Jahreszeit so gut wie alles gut ist, was den Gesetzen der Schrägheit folgt; und zweitens, weil es Stephan Glunk zu einer genialen, in einem Satz zusammengefassten Kritik animierte. Sein Urteil: Die Premiere der Grünen war nicht übertrieben schlecht.
Überhaupt fährt an der Fasnacht derjenige am besten, der über eine Portion Selbstironie verfügt. Ein schönes Beispiel dafür lieferte bei der Entmachtung im Rathaus Rebwieb-Chefin Bettina Kraus. Sie stellte sich als Modell für ein gegenständliches Kunstwerk am zweiten Kreisel beim Bahnhof zur Verfügung, womit ein Pendant zur abstrakten Kunst auf der Verkehrsinsel des ersten Kreisels geschaffen würde. Als Pink-farbene Ballerina im Tüll-Röckchen drehte das Rebwieb auf einem Podest ein paar Runden, was von der versammelten Narren-Schar mit viel Applaus gewürdigt wurde. Damit war übrigens ein Aufreger des Jahres im Eilverfahren abgefeiert – und ebenso schnell ging Stephan Glunk als frisch ernannter Sitzungsleiter der närrischen Ratsversammlung mit anderen Top-Themen der Stadt zu Werke: Totschlagfallen für Bisamratten an der Aach? – Eine Wäscheklammer tut‘s auch. Oder die Debatte um Ampelfiguren mit lokalem Zuschnitt: Bis zur nächsten Entmachtung 2021 wurde den Stadträten mitsamt OB eine Frist gewährt, auf dass das rote Männchen durch einen Singener Bären und das grüne durch einen Poppele ersetzt werde. Damit höchst einverstanden sein dürfte Kirsten Brößke: Die Fraktionssprecherin der FDP setzt sich ganz ernsthaft und ohne Witz für die närrische Gestaltung der Singener Ampeln ein.