Gericht-Rumms am Schmutzige Dunschtig. Das närrische Urteil ist gefallen: Die Narren haben im Gottmadinger Rathaus am Schmutzige Dunschtig traditionell das Kommando übernommen. Bürgermeister Michael Klinger hat abgedankt, bis Aschermittwoch haben nun die Gerstensäcke um ihren Zunftmeister John Weber das Sagen.
10.45 Uhr: Der Angeklagte wird vorgeführt
Der Angeklagte Michael K. (Name der Redaktion bekannt) betritt die Gerichtsbühne vor dem Rathaus. Er wirkt entspannt. Dann bemerkt M. Klinger die aufgebrachte Menge und ruft in deren Richtung: „Mich kriegt ihr nicht.“ Immer wieder fällt der Angeklagte mit Zwischenrufen auf. Immer wieder muss die närrische Saalwache eingreifen und den 49-Jährigen aus Gottmadingen dazu auffordern, die Zwischenrufe zu unterlassen.
10.47 Uhr: Die Anklageschrift wird verlesen
Und die hat es in sich: falsche Anzeige wegen Rollerdiebstahls und Fahren ohne Fahrerlaubnis. Richter Marius Raff zeigt sich schonungslos. „Die Lage isch äußerst ernst, es stoht it nur die Amtsenthebung ufm Spiel“, betont er. Raff verweist zu Recht, was für den Angeklagten auf dem Spiel stehe. „Im schlimmsten Falle hinterlässt er ä Frau, en kleines Kind und am aller aller schlimmste ä endlich frisch renovierte Gottmadinger Villa.“ Was hat dieser M. Klinger getan, dass die Menge vor dem Rathaus derart aufbringt? Der Schultes ist auf seinem E-Roller einfach zu langsam unterwegs. Ein Zeuge, der sich selbst als Mitbegründer der Initiative „Ein Herz für Tempo 50 in Gottmadingen“ mit ihrem Leitspruch „Schneckentempo, nein danke“ bestätigt dies eindrücklich.
11.13 Uhr: Jetzt spricht der Angeklagte
Bei seinen Worten richtet er sich direkt an die Bürger. Immer wieder schreit er seine Worte hinaus, es wirkt fast so, als ob er sich der Taten bekennen will, ehe er dann doch seine Unschuld beteuert. „Heute bei überwiegend 30, da brems ich nur noch richtig fleißig. Und außerdem bei sieben Ampeln, die an den Masten umibampeln, ich sag des jetzt mal richtig barsch, ischt so ne Harley für den Arsch“, sagt Michael K. Anders wie andere Bosse, würde sein Dienstwagen eben nur zwei Rädle haben.
Aber Michael K. nutzt seine Aussage auch, um auszuteilen: „Jetzt denket mal an Weber John, bei diesem Kerl, so wie ich mon, ihr würdet alle kräftig lachen, tät dieser Roller zammenkrachen.“ Ein anderer Zeuge belastet Michal K. schwer. Er habe sich gerne jeden Freitag gerne mit M. Klinger auf dem Obi-Parkplatz in Singen getroffen – und zwar zum E-Roller-Treffen. „De Michi ist en Hauptkerle, der fährt immer zschnell, wie es sich für en guäte Bürger g‘hört“, sagt er.
11.31 Uhr: Das Urteil ist gefallen
Laut Richter Marius Raff sei die Beweislast erdrückend. Michael K. muss abdanken und wird mit sofortiger Wirkung von all seinen Ämtern enthoben – bis zum Aschermittwoch. Aber M. Klinger gibt sich kämpferisch: „“Und eh sich jemand jetzt beschwert, noch immer seid ihr zurückgekehrt. Voller Dank und voller Reue, haltet ihr uns dann doch die Treue“, ruft er den Bürgern nach der Urteilsverkündung zu.
Wie schön der Schmutzige im Hegau gefeiert wird, ist gesammelt nachzulesen im Ticker.
