Normalerweise erstrahlt der Himmel über dem Hegau zum Jahreswechsel in einer hellen Farbenpracht. Pünktlich zum Glockenschlag um Mitternacht begrüßen die Menschen das neue Jahr mit Böllern und Raketen, einige Ungeduldige lassen es auch schon mal in den Stunden davor krachen. In diesem Jahr wird es wohl ein bisschen anders werden: Am vergangenen Mittwoch haben sich Bund und Länder zu Silvester auf ein Verbot für Feuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen geeinigt. Dadurch sollen größere Gruppen und Menschenansammlungen vermieden werden. Städte und Gemeinden des Hegaus sind nun damit beschäftigt, solche Plätze auszuloten, für die das Feuerwerk-Verbot gelten soll. Das sollen die Kommunen bis Silvester selbst entscheiden.

Jedes Jahr werden außerdem zahlreiche alkoholisierte Menschen ins Krankenhaus eingeliefert, die durch Feuerwerkskörper verletzt worden sind. Das Verbot soll so auch Einsatz- und Hilfskräfte entlasten und Plätze in Krankenhäusern freihalten.
Stadt Singen erarbeitet Liste
Die Verwaltung in Singen erarbeitet derzeit, welche Straßen und Plätze von dem Verbot betroffen wären. „Als die Entscheidung öffentlich gemacht wurde, haben wir gleich begonnen, entsprechende Überlegungen anzustellen“, sagt Marcus Berger, Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung in Singen. „Sobald uns die offizielle Verordnung erreicht hat können wir mit der nötigen Rechtssicherheit planen“, so Berger weiter. Er erwarte, dass das Verbot in Singen an Orten Anwendung finden wird, an denen in der Vergangenheit zum Jahreswechsel erfahrungsgemäß viel los war, etwa der Rathausplatz und die Fußgängerzone. „Wir werden zeitnah eine entsprechende Liste erarbeiten und veröffentlichen, noch ist es dazu aber zu früh“, so Berger. Die Einschränkung des Feuerwerks wegen Corona sei zu begrüßen, besonders da oftmals auch Alkohol im Spiel sei.
Polizei soll kontrollieren
Bergers Erfahrung nach verhielte sich aber die deutliche Mehrheit der Bürger in Singen an Silvester vernünftig, und zu den bisherigen Corona-Maßnahmen hätte es viele positive Rückmeldungen gegeben. An Silvester werde die Polizei die Einhaltung des Verbots kontrollieren. Der Kommunale Ordnungsdienst, der die Polizei dabei unterstützen könnte, befinde sich derzeit allerdings noch im Aufbau. Eine vorübergehende Ausweitung der bestehenden Alkoholverbotszonen in Singen sei derzeit aber nicht im Gespräch, sagt Berger.
Weniger Müll durch Verbot in Engen
Die Stadt Engen hat bereits Ende 2017 ein Verbot für Feuerwerk in der historischen Altstadt erlassen, insbesondere um der hohen Brandgefahr entgegenzuwirken.

Für Axel Pecher vom Ordnungsamt Engen hat das lokale Verbot aber auch weitere positive Effekte: „Die Müllbelastung ist deutlich zurückgegangen, es gibt weniger Konfliktpotenzial, und wir erhalten auch fast keine Beschwerden mehr“, schildert er dem SÜDKURIER. In der kleinen Stadt Engen verteilten sich die Silvester-Feierlichkeiten aber üblicherweise über das ganze Stadtgebiet, daher prüfe die Stadt derzeit, ob zusätzliche Verbotszonen nötig seien, sagt Pecher weiter.
Viele verzichten auf Feuerwerk
Für Andreas Wolfer aus Singen-Beuren liegt die Gefahr zu Silvester nicht beim Zünden von Feuerwerk allein: „Brenzlig wird es dann, wenn Alkohol im Spiel ist“, meint er. Er selbst werde kein Feuerwerk zünden, schaue aber gerne mal zu. „Es muss für mich aber wirklich nicht unbedingt sein, auch wegen der Umwelt und der Tiere“, schränkt Andreas Wolfer ein. Ansonsten stehe er der Sache eher neutral gegenüber.
Gahdban Ziad und seine Familie werden ebenfalls kein eigenes Feuerwerk zünden. „Das hat bei uns keine Tradition, auch wenn es schön anzusehen ist“, meint der Familienvater aus Stockach. „Wenn durch das Verbot aber weniger Menschen zusammenkommen und das Infektionsrisiko sinkt, ist das aber eine gute Sache“, ist sich Ziad sicher.

Weniger Feuerwerk im Handel
Die Diskussion um das Feuerwerk zum Jahreswechsel ist an sich nicht neu, nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes. Inzwischen haben viele Händler reagiert und passen ihr Sortiment an. Die Baumarktkette Obi etwa, die in Singen eine Filiale betreibt, wird in diesem Jahr kein Feuerwerk zum Verkauf anbieten, wie es auf Nachfrage seitens der Geschäftsführung heißt. Die Handelskette Real, ebenfalls in Singen vertreten, hat ihr Angebot an Feuerwerk bereits um ein Viertel reduziert. Dies sei allerdings bereits zuvor aus Umweltschutzgründen geschehen, unabhängig von Corona, sagt Markus Jablonski, Pressesprecher der Handelskette.
Vom zunehmenden Verzicht auf Feuerwerk direkt getroffen werden allerdings die professionellen Anbieter von Pyrotechnik in der Region. Patrick Ritzinger von der Kunstfeuerwerkerei Loki in Engen findet die Entscheidung zum Verbot zwar vollkommen richtig, er hätte aber frühzeitig entscheiden müssen, dieses Jahr kein Feuerwerk zum Verkauf anzubieten. „Ich muss sonst in Vorleistung gehen und bleibe schlimmstenfalls auf der Lieferung sitzen. Meine Firma liegt jetzt quasi im Winterschlaf“, sagt Ritzinger dazu.
Feuerwerk wird mit Alkohol zum Problem
Feuerwerk werde erst zum Problem, wenn zu viel Alkohol dazukomme, meint er. Er finde es schade, dass sich die Diskussion so auf die Pyrotechnik konzentriere und andere Faktoren außen vor lasse. Ähnlich ergeht es dem Feuerwerksgroßhändler Pyromondo aus Gottmadingen. Gerade nach dem Ausfall fast aller Veranstaltungen in diesem Jahr schmerze der Verlust des Silvestergeschäfts zusätzlich, sagt Inhaber Paolo Mezzullo. „Der Handel ist fast komplett eingebrochen. Noch so einen Sommer wird die Branche wohl nicht überstehen.“