Die Stadt Singen macht derzeit bei einem Modellprojekt mit, bei dem die Abstände von Autofahrern, die Radfahrer überholen, gemessen werden. Im Laufe des Oktobers fahren einige Radler ihre Alltagswege in der Stadt mit Sensoren, womit überprüft wird, wie eng Autos sie überholen. Max Schmid, Masterstudent an der Hochschule Karlsruhe, brachte kürzlich das Equipment, mit dem die Radler nun drei bis vier Wochen in Singen unterwegs sind. Eine zweite Phase folgt im Frühjahr 2023.
Konflikte zwischen Autofahrern und Radler
Konflikte zwischen Radfahrern und Autofahrern kommen immer wieder vor. Jeder, der selbst mit dem Rad in der Stadt unterwegs ist, kennt die Situation: zu enge Überholabstände von Autos wirken sich negativ auf das subjektive Sicherheitsgefühl beim Radfahren aus. Wollen Autos einen Radfahrer überholen, müssen sie einen Mindestabstand halten. Seit April 2020 gelten laut einer Neuregelung der Straßenverkehrsordnung neue Regeln. Autos müssen innerorts beim Überholen von Radfahrern einen Sicherheitsabstand von 1,50 Metern einhalten, außerhalb von Ortschaften müssen es zwei Meter sein. Ist dieser Abstand nicht einzuhalten, zum Beispiel wegen parkender Autos, darf der Radfahrer nicht vom Auto überholt werden.
Max Schmid, Masterstudent im Studienfach Verkehrsmanagement an der Hochschule Karlsruhe hat die Ausrüstung im Gepäck und erklärt der Radverkehrsbeauftragten Petra Jacobi sowie Mobilitätsmanager Axel Huber, wie die Box anzubringen ist. „Es handelt sich um einen Open Bike Sensor, dessen Ultraschallsensoren den Abstand unauffällig messen“, erklärt Schmid. Die Radler, die in der ersten Phase im Oktober dabei sind, haben die Box unterhalb des Sattels und am Lenker einen Drücker, der mittels Kabel mit der Box verbunden ist. Für jedes Auto, das den Radler überholt, kann mit dem Drücker der Abstand erfasst werden, ohne dass Bilder oder andere Daten vom Auto erfasst werden.
Die Stadt Singen ist eine von zehn Kommunen im Land, die bei dem Modellprojekt mitmacht. Involviert sind auch Professor Jochen Eckart, Professor für Verkehrsökologie an der Fakultät für Informationsmanagement und Medien an der Hochschule Karlsruhe, Catharina Lutz vom Institut für Verkehr und Infrastruktur der Hochschule sowie die Hiwis (Hilfswissenschaftler) Max Schmid und Uli Oberländer, die die Städte in den einzelnen Phasen des Projekts betreuen.
Petra Jacobi und Axel Huber haben für Max Schmid Routen ausgewählt, der er an zwei Tagen abfahren soll. Mit dabei die viel befahrende Ekkehardstraße und Freiheitstraße, aber auch Strecken in Ortsteilen, wie die Ortsdurchfahrt in Hausen an der Aach. Fürs Erste hatte Max Schmid vier Sensoren dabei, da andere noch in teilnehmenden Städten wie Backnang, Baden-Baden oder Offenburg unterwegs sind. Nach der ersten Phase der Abstandsmessungen wird im Frühjahr 2023 eine zweite folgen. Max Schmid wird der Stadt auch von seinen Erfahrungen berichten, die er in den zwei Tagen Radfahren durch Singen gemacht hat.
Im Vorfeld dieses Modellprojekts hatte die Hochschule Karlsruhe übrigens schon 2020 durch Messungen herausgefunden, dass auf den Hauptverkehrsstraßen in Karlsruhe etwa die Hälfte der überholenden Kraftfahrzeuge den Mindestabstand von 1,50 Metern in Ortschaften unterschreitet. Am Ende des Projektes sollen für Straßenabschnitte, auf denen die Überholvorgänge zu Stresssituationen für die Radfahrer führen, Maßnahmen entwickelt werden, um die Situation zu verbessern.