Ein Fossil, beinahe 1,50 Meter lang, hat vor etwa 300 Jahren die Wissenschaft beschäftigt. Die tektonischen Ereignissen der Urzeit, die den Hegau zu dem gemacht haben, als was er heute bekannt ist, könnte dafür verantwortlich sein. Denn das Fossil, das heute auf den Namen „Andrias scheuchzeri“ hört, hat die Geologen lange beschäftigt, wie der Weingartener Geologie-Professor Andreas Schwab beim Hegau-Geschichtsverein erläutert hat.

Bereits 70 Jahre ist es her, dass 55 Menschen aus 23 Hegau-Gemeinden im Jahre 1955 den Hegau-Geschichtsvereins gegründet haben. Anlässlich des besonderen Treffens 70 Jahre nach der Gründung hat der Verein mit dem Geologen einen versierten Referenten eingeladen.

Franz Hofmann, Manfred Sailer und Wolfgang Kramer (von links) engagieren sich für den Hegau-Geschichtsverein.
Franz Hofmann, Manfred Sailer und Wolfgang Kramer (von links) engagieren sich für den Hegau-Geschichtsverein. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

In seinem Festvortrag veranschaulicht Schwab von der Pädagogischen Hochschule Weingarten anhand von Bildmaterial, Schautafeln und Gesteinsproben die spannende Entstehung der kegelförmigen Hegauberge im Verlauf der letzten 35 Millionen Jahre. Sie resultieren von einem langen, von tektonischen Verschiebungen, kraftvollen Vulkanen und Gletschern maßgeblich gestalteten Prozess.

In dieser Zeit tummeln sich um den Schienerberg auch Amphibien und Reptilien. Eine Besonderheit ist dabei laut Schwab der Riesensalamander „Andrias scheuchzeri“ – zu sehen in der Fossiliensammlung der Pädagogischen Hochschule Weingarten. „Er ähnelt sehr stark einer Gattung, die heute nur noch an wenigen Stellen in China und Japan vorkommt und deren Exemplar dort bei Längen von bis zu 150 cm und mehr als 12 kg auf die Waage bringen“, berichtet der Geologe.

Fossil wird zum falschen Beweisstück

Seinen Namen hat das Fossil laut den Geologen der Uni Freiburg dem Naturforscher Johann Jacob Scheuchzer zu verdanken. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts habe er als geistiger Führer der Diluvianer nach Beweisen der Sintflut gesucht. 1726 führte er das Riesensalamander-Fossil, das bei Öhningen gefunden wurde, als Beweis für die Sintflut an: „Beingerüst eines verruchten Menschenkindes, um dessen Sünde willen das Unglück über die Welt hereingebrochen sei“, wird Scheuchzer zitiert. Er gab dem Wesen den Namen „homo diluvii testis“. Erst später sei das Objekt als Salamander identifiziert und nach Scheuchzer benannt worden.

Geologie-Professor Andreas Schwab war als Festredner in Singen zu Gast.
Geologie-Professor Andreas Schwab war als Festredner in Singen zu Gast. | Bild: Johannes Schwab

Längst sind die Riesenamphibien ausgestorben. Bis zu zehn Millionen Jahre ist es her, das glühend heißes Basalt- und Phonolithgestein im Hegau nach oben drückte. „Dies blieb wie ein Pfropfen im Schlot stecken. Unter der Oberfläche ist das Gestein innerhalb der Deckentuffe oder der Molasseschichten zu Lavagestein erkaltet“, so Schwab. Während der Eiszeit strömen Gletschermassen der Alpen mit großen Mengen an Geröll und Gesteinsbrocken über die Landschaft und schleifen das weiche Tuffgestein über einen Zeitraum von mehreren Zehntausenden Jahren ab. Nur die Vulkan-Schlote bleiben stehen und bilden bis heute die kegelförmig wirkenden landschaftsprägnanten Vulkanberge.

Die Bedeutung der Geschichte für die Gegenwart

Einmal mehr sei die Bedeutung der Geschichte für die Gegenwart deutlich geworden, bilanziert das jüngste Vereinsmitglied Sven Hepting, der mit Vereinspräsident Manfred Sailer zum Publikum sprach. „Diese Arbeit muss auch weiterhin bei derzeit immer höher werdenden Kosten, private und öffentliche Unterstützung erfahren“, wünscht er sich: „Geschichte ist umso wichtiger in diesen Zeiten von Desinformation und Fake-News“.

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Für den verhinderten Oberbürgermeister Bernd Häusler lobt Catharina Scheufele, Fachbereichsleiterin für Kultur und Tourismus, im gut besuchten Bürgersaal des Singener Rathauses die Programme des Vereins: „Sie festigen das Bewusstsein unserer Vergangenheit für die einzigartige, traumhafte Landschaft.“ Das jährlich erscheinende Jahrbuch, interessante und wertvolle Vorträge sowie regionale Geschichte zum Anfassen – all dies sei zugänglich für die jetzige und künftige Generationen.