Wenn die eigenen Kinder über Schmerzen klagen, hört für Eltern sehr schnell der Spaß auf. Ähnlich geht es auch Janine Klöck. Als ihr Kind in die städtische Kita Beuren kommt, freut sie sich. Die Tochter kann mit Gleichaltrigen spielen und macht neue Erfahrungen. Doch die Freude währt nicht lange. Schon bald bemerkt sie nämlich, dass etwas nicht stimmt.
Gerötete, offene Hände machen Mutter Sorgen
„Mein Kind hatte ganz kaputte Hände“, sagt Klöck. Die Hände der heute Fünfjährigen seien ab 2021 gerötet und rau gewesen und das Kind habe über Schmerzen geklagt. „Ich hatte zuerst die Vermutung, dass es am kalten Winter oder der trockenen Heizungsluft liegen könnte“, erzählt sie. Von ihrem Bekanntenkreis erfährt sie dann, dass auch andere Mütter schon über ähnliche Probleme gesprochen haben.
Einige seien mit ihren Kindern dann zum Kinderarzt und hätten sich ein Attest ausstellen lassen, damit ihre Kinder eine eigene Seife in die Kita mitnehmen dürfen. In der Kita Beuren sei es ohnehin erlaubt, die eigene Seife mitzubringen, sagt Klöck. In anderen Kitas sei das allerdings nicht so. Hier brauche es dann das Attest vom Kinderarzt. Klöck hat ihrer Tochter dann eine eigene Seife mitgegeben. Inzwischen sehen die Hände der Tochter auch wieder gut aus. Doch ist die Seife, die in Singens Kitas verwendet wird, wirklich schädlich für die zarte Kinderhaut? Ein Kinderarzt, ein Seifenexperte und die Stadt nehmen Stellung.
Das Problem: Zu häufiges Händewaschen
Kinderarzt Christian Döring vermutet die Ursache an anderer Stelle: „Nicht die aggressive Seife ist das Problem, sondern das zu häufige Händewaschen“, sagt er. Das Phänomen sei vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie aufgetreten, als überall die Handhygiene verschärft wurde. Allerdings hat auch er schon mehrfach Atteste ausgestellt, damit seine kleinen Patienten ihre eigene Seife in die Kita mitnehmen dürfen.
Man könne nicht pauschal sagen, dass die Symptome jeden treffen können. Es komme auch auf den Hauttypen an. „Es gibt Kinder mit robuster Haut und welche, die sind empfindlicher“, sagt Döring und verweist auch auf mögliche Hautkrankheiten. Warum genau Rötungen, Trockenheit, Juckreiz oder gar kleine Risse in der Haut auftreten, das hängt laut dem Singener Kinderarzt mit dem Säureschutzmantel der Haut zusammen.
Der Säureschutzmantel ist, vereinfacht gesagt, eine natürliche Hautbarriere, die Bakterien und Viren fernhalten soll. Außerdem hilft sie der Haut, ihren Feuchtigkeitshaushalt in Balance zu halten. Ist der Säureschutzmantel der Haut intakt, kann die Barriere besser Krankheitserreger abwehren. Häufiges Händewaschen greife aber, laut Döring wegen der Inhaltsstoffe, den Säureschutzmantel der Haut auf Dauer an. Es komme dann zu den Beschwerden. „Deswegen ist es wichtig, danach eine rückfettende Lotion zu verwenden. Das hilft, dem entgegenzuwirken“, sagt der Kinderarzt.
Hände eincremen hilft
Er schreibe daher seinen kleinen Patienten, die angegriffene Hände haben, ein Attest, damit sie eine eigene, milde Seife sowie eine rückfettende Creme oder Lotion mit in die Kita bringen können – obwohl es eigentlich nicht notwendig wäre, da es sich nicht um Medikamente handele. „Es handelt sich schließlich nicht um eine Krankheit, die behandelt wird, sondern eher um eine kurzfristige Beanspruchung der Haut“. Er versieht das Attest mit einem Vermerk an die Erzieherinnen und Erzieher, das Händewaschen mit der Seife auf das Nötigste zu reduzieren und danach eine rückfettende Handlotion zu verwenden. Diese haben in der Regel fünf Prozent Urea-Anteil.
Seifenexperte nennt möglichen Grund
Auch Matthias Beister sagt: „Nicht die Seife an sich ist schlecht, aber die Duft- und Farbstoffe können bei empfindlicher Haut zu Reizungen führen“. Beister ist Verkaufsleiter bei einem Großhändler für Hygieneartikel mit Sitz in Hilzingen, der unter anderem Gastronomie, Betriebe sowie Kinder und Schulen im Hegau beliefert. Auch er verweist auf das häufige Händewaschen als Grund für die Haut-Reaktionen. „Es ist einfach zu viel von allem.“ Er sagt aber auch, dass es kein flächendeckendes Phänomen sei. „Diese Fälle treten vereinzelt auf.“
Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, sei auf parfüm- und farbstofffreie Seife zu setzen. Die sei auch nicht unbedingt teurer, im Gegenteil. „Diese Seifen kosten sogar tendenziell eher weniger“, sagt Beister.
Und das sagt die Stadt
Für den Bildungsbereich der Stadt Singen gibt es Ausschreibungen, die für Schulen, Kindergärten und Kitas gelten. Wie viel genau also für Kitas an Hygieneartikel ausgegeben werde, lässt sich laut Pressestelle nicht genau aufschlüsseln. Dass es aber in einigen Fällen zu Unverträglichkeiten mit der Seife gekommen ist, sei der Stadt durchaus bekannt.