Am Tag nach dem Großeinsatz von Feuerwehr und Rettungskräften hat sich der Schock an der Zeppelin-Realschule etwas gelegt. Wie Johannes Briechle am Telefon gegenüber dem SÜDKURIER schildert, habe die Schule wieder geöffnet und man versuche, den Schülern wieder zum normalen Alltag zu verhelfen. Dass dies nicht ganz so einfach ist, weiß auch der Schulleiter: „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagt Briechle.

Spezialisten in Mannheim sollen Klarheit bringen

Weiterhin ein Fragezeichen steht hinter der Herkunft des reizenden Stoffes. Laut Bürgermeisterin Ute Seifried gebe es dazu noch keine weiteren Erkenntnisse. Auch Katrin Rosenthal, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, bestätigt das: „Uns liegen noch keine neuen Erkenntnisse vor.“

„Es gab keine entzündeten Augen. Also kann es eigentlich nach Einschätzung der Experten kein Reizgas gewesen sein.“ Ute ...
„Es gab keine entzündeten Augen. Also kann es eigentlich nach Einschätzung der Experten kein Reizgas gewesen sein.“ Ute Seifried, Bürgermeisterin | Bild: Stadt Singen

Wie Ute Seifried schildert, seien sichergestellte Kleidungsstücke aktuell zur genaueren Untersuchung in ein Speziallabor nach Mannheim gebracht worden. „Wir müssen jetzt abwarten“, sagt die Bürgermeisterin. Zwar könne ein Fremdverschulden von Dritten nicht gänzlich ausgeschlossen werden, auch ein technischer Defekt könnte für den Vorfall verantwortlich sein. „Aber das sind alles Mutmaßungen. Die Ergebnisse werden erst Klarheit bringen“, sagt Seifried.

Was bei den Verantwortlichen zudem für Fragezeichen sorgt, sind die Symptome. Zwar hätten verletzte Personen über Reizhusten und Atembeschwerden geklagt. Aber: „Es gab keine entzündeten Augen. Also kann es eigentlich nach Einschätzung der Experten kein Reizgas gewesen sein“, erläutert Seifried.

Verletzte haben das Krankenhaus wieder verlassen

Am Tag nach dem Vorfall gibt es auch erste gute Neuigkeiten von den drei verletzten Schülern sowie der verletzten Lehrkraft. Laut der Bürgermeisterin seien alle noch am Mittwochabend aus dem Krankenhaus entlassen worden. Sie zeigt sich erfreut, dass trotz Schreckmoment alles glimpflich verlaufen sei. „Natürlich war bei einem solchen Einsatz auch Angst dabei, wenn man gar nicht weiß, was es ist und wo es herkommt“, sagt sie.

Zwischen 80 bis 90 Menschen mussten nach einem Austritt eines reizenden Stoffes ärztlich versorgt werden. Entsprechend lang war die ...
Zwischen 80 bis 90 Menschen mussten nach einem Austritt eines reizenden Stoffes ärztlich versorgt werden. Entsprechend lang war die Schlange an Rettungswagen vor der Zeppelin-Realschule. | Bild: Matthias Güntert

Wichtigster Punkt bei der Evakuierung und auch danach sei gewesen, zu wissen, wo sich jedes einzelne Kind befinde. „Damit konnten wir auch aufgeregte Eltern beruhigen“, betont Ute Seifried. Und genau für die Eltern gibt es, ebenso wie für die vorausschauend agierenden Lehrkräfte und die schnell anrückenden Einsatzkräfte, ein Extralob von der Bürgermeisterin: „Die Eltern haben besonnen reagiert.“

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In der Münchriedhalle wurde eine Anlaufstelle für die Verletzten eingerichtet, auch dies habe reibungslos funktioniert. Alle seien dort ärztlich versorgt worden – ähnlich wie bei einem Katastrophenfall. Auch das Einrichten einer Erstinformation für Eltern in der benachbarten Bildungsakademie habe gut funktioniert. „Das hat sich extrem bewährt, so haben die Rettungskräfte in Ruhe arbeiten können“, so Seifried.

Ein Schockmoment für die Eltern

Einer, der den Einsatz miterlebt hat, ist Jürgen Schröder. Er ist Vater von zwei Mädchen, die beide die Zeppelin-Realschule besuchen. Auch ihm ist die Erleichterung am Tag danach anzumerken. Der Einsatz sei am Mittwochabend Dauerthema im Hause Schröder gewesen. „Natürlich wollten die Mädels wissen, was da jetzt genau passiert ist. Die schulinternen WhatsApp-Gruppen haben geglüht“, sagt Schröder.

Für die Eltern sei der Einsatz natürlich ein Schockmoment gewesen. Und die Kinder hätten im ersten Moment nicht realisiert, was vor sich gehe. „Eigentlich war eine Feuerübung für nächsten Dienstag geplant gewesen. Viele Schüler haben gedacht, dass die nun vorgezogen wurde“, so Schröder.

Die Einsatzkräfte der Feuerwehr konnten das Schulgebäude nur in Spezial-Anzügen betreten.
Die Einsatzkräfte der Feuerwehr konnten das Schulgebäude nur in Spezial-Anzügen betreten. | Bild: Matthias Güntert

Seine Frau habe gleich die große Tochter, die die zehnte Klasse besucht, angerufen und erfahren, dass es ihr und auch der jüngeren Schwester, die in die sechste Klasse geht, gut gehe. „Aber nicht alle Eltern hatten dieses Glück“, berichtet Schröder. Denn viele Kinder hätten ihr Handy bei der Evakuierung nicht mehr mitnehmen können und seien so nicht erreichbar gewesen. „Diese Eltern waren natürlich total in Sorge“, so der Familienvater weiter.

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Er hoffe nun, dass es nach der Aufarbeitung eine vernünftige Erklärung zu der Ursache ergebe. Schröder finde es zudem gut, dass die Lehrer sehr an einer Aufarbeitung durch Gespräche interessiert seien: „Dann kommt auch kein ungutes Gefühl bei den Kindern auf.“

In der Schule wird wieder unterrichtet

Die Zeppelin-Realschule selbst hat am Donnerstag wieder den Betrieb aufgenommen. „Uns ist es wichtig, für unsere Schüler und auch deren Eltern da zu sein, auch in solchen Situationen“, begründet Schulleiter Johannes Briechle diesen Schritt. Wichtig sei auch, dass der Vorfall nun aufgearbeitet werde. Dazu brauche es viele, viele Gespräche. „Das war eine Extremsituation“, betont Briechle.

Kein Durchkommen mehr: Die Rielasinger Straße war über Stunden hinweg komplett gesperrt.
Kein Durchkommen mehr: Die Rielasinger Straße war über Stunden hinweg komplett gesperrt. | Bild: Matthias Güntert

In die Zeppelin-Realschule würden Schüler unterschiedlicher Herkunft gehen und einige davon würden schon einen ganzen Rucksack voll prägender Ereignisse mit sich tragen. Er sei allerdings froh, dass die Evakuierung reibungslos funktioniert habe, das bestätigt er nochmals am Tag danach. „Die Rädchen haben ineinandergegriffen“, so Briechle weiter.