Beim Betreten der Weide begrüßt den Besucher Schäferhündin Nele mit einem freundlichen Schwanzwedeln. Auch ihr Herrchen Michael Thonet hat wieder Grund zur Freude. Nachdem ein verheerender Großbrand im Juli 2019 die große Lagerhalle und den größten Teil des Schafstalles auf der Domäne zerstört hat, gibt es gute Neuigkeiten vom Hohentwiel: Die Bauarbeiten am neuen Schafstall haben begonnen.

Das neue Zuhause für rund 600 Schafe wächst langsam aber sicher in die Höhe. „Der Stall wird ein gutes Drittel größer als der alte“, sagt Thonet während des Besuchs des SÜDKURIER auf der Baustelle erfreut. Er soll nach seiner Fertigstellung 800 Fressplätze umfassen. Die Herde des Hohentwiel-Schäfers solle sich deswegen aber nicht vergrößern. Der Zugewinn an Platz hänge laut Thonet auch mit den aktuellen Vorgaben zum Tierwohl zusammen.
Fertigstellung verschiebt sich
Parallel zum neuen Schafstall entsteht nur einen Steinwurf entfernt ein neues Gebäude, in dem Stroh und Heu gelagert werden soll. Auch der alte Lagerbau wurde vor mehr als zwei Jahren ein Opfer der Flammen.
Mittlerweile haben die Tiere von Michael Thonet bereits den zweiten Winter ohne Schafstall erlebt. Ein dritter soll nicht dazukommen. Zumindest kein ganzer. „Eigentlich war die Fertigstellung für diesen Oktober geplant, das wird aber leider nichts mehr werden“, so Thonet. Er wünsche sich aber, dass der neue Stall zu Weihnachten stehen werde.

Auch Architektin Ela Dünkelsbühler vom Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg ist zuversichtlich, dass die Bauarbeiten bald abgeschlossen sein werden. Die Tragkonstruktion des Stalles sowie des Bergeraumes stehen bereits. Beim Lagergebäude wird gerade mit der Dachabdichtung/Gründach begonnen. „Die Fertigstellung wird Ende Oktober erwartet“, sagt sie. Der Schafstall soll dann im Dezember folgen.

Zwar sei mit den Arbeiten früher als geplant begonnen worden, jedoch sei der Vorsprung der angespannten Situation auf dem Baumarkt dann leider wieder zum Opfer gefallen, so Dünkelsbühler weiter. Sowohl der neue Schafstall als auch der Bergeraum sollen extensive Gründächer erhalten. Dies sei in erster Linie dem Natur- und Landschaftsschutz geschuldet. „Photovoltaik kam wegen der glänzenden Flächen aus Gründen des Denkmalschutzes direkt unter der Ruine Hohentwiel nicht in Betracht“, erklärt Dünkelsbühler gegenüber dem SÜDKURIER.
Wiederaufbau kostet 2,2 Millionen Euro
Die Architektin beziffert die Investitionskosten für Stall und Nebengebäude auf rund 2,2 Millionen Euro. Laut Ela Dünkelsbühler trete die Gebäudeversicherung des Landes für den Schaden des abgebrannten Stalles in seiner bisherigen Art und Größe ein. Aber: „Wir nutzen den Wiederaufbau des abgebrannten Stalls und passen ihn den veränderten Vorgaben zur modernen Tierhaltung und dem Tierwohl an. Diese Zusatzaufwendungen sind von der Versicherung leider nicht abgedeckt“, betont sie.
Für Schäfer Michael Thonet ist die Investition in die beiden neuen Gebäude unabdingbar. Denn für den Landschaftsschutz am Hohentwiel sind die Schafe und Ziegen notwendig. Während die Schafe die größeren Flächen pflegen, kümmern sich die Ziegen um die steileren Bereiche. Das weiß auch Ela Dünkelsbühler: „Die Domäne Hohentwiel spielt mit dem Schäfereibetrieb eine wichtige Rolle beim Natur- und Landschaftsschutz. Die Beweidung mit Schafen ist in dieser Topographie die ideale Form der Landschaftspflege.“

Mit der Fertigstellung des Gebäudes nach zwei Jahren Obdachlosigkeit erwartet die Herde ein moderner Schafstall samt Futterbändern, die eine gleichzeitige Fütterung garantieren. Ein echter Fortschritt, wie Thonet befinden: „Wir haben sonst immer geschaut, dass die Tiere über den Tag nicht zu hungrig geworden sind, sonst konnte es am Trog schon einmal ruppig werden.“

Überhaupt, die Zeit ohne Schafstall war für Mensch und Tier auf dem Hohentwiel eine Herausforderung. Im Sommer haben Schatten und Wassertränken gefehlt, im Winter konnte es schon einmal ganz schön frostig werden. Aber Thonet betont auch: Wenn es zu kalt wurde, sei er mit seinen Schafen immer wieder in kleineren Behelfsunterkünften untergekommen.
Fehlender Stall sorgt auch für finanzielle Sorgen
Die stallfreie Zeit habe sich laut Thonet auch finanzielle bemerkbar gemacht. So habe er sich dafür entschieden, die Lammzeit zu reduzieren. Dies bedeutet: Es gab es weniger Nachwuchs. „Den kleinen Lämmern fehlte gerade am Anfang der Stall“, so Thonet. Das habe sich dann auch bei der Vermarktung niedergeschlagen.

Mit dem neuen Stall samt Nebengebäude soll dies nun wieder besser werden. „Wir sind froh, dass es nun endlich vorwärtsgeht“, sagt Thonet. Wie zur Zustimmung lässt Schäferhündin Nele ein zufriedenes Bellen ertönen. Dann prescht sie nach vorn in Richtung der weidenden Schafe. Eines der Tiere ist wohl ausgebüxt und muss zurück zur Herde gebracht werden.