Singen Wer heute im Jazz noch eine Bigband betreibt, muss ein verwegener Hasardeur sein. Die Zeit der großen Jazzorchester ist längst vorbei. Sie sind kleineren Ensembles gewichen. Kaum noch jemand kann sich heute den Unterhalt einer Jazzbigband leisten, weil das Publikum zu klein ist. Ein paar wenige Bandleader stemmen sich gegen den Trend, so der Berliner Pianist und Komponist Nicolai Thärichen, der es geschafft hat, eine Bigband aus zehn Musikern 25 Jahre lang zu erhalten.
Thärichens Tentett, das am Wochenende beim Jazzclub Singen zu Gast war, besteht aus erstklassigen Musikern, die sowohl im punktgenauen Notenblattspiel glänzten, als auch in den Improvisationen punkten konnten. Für ein konsistentes Konzertprogramm sorgte der Bandleader. Gemäß dem Titel „Liebe, Glück und Einsamkeit“ des neusten Albums der Band kamen Lieder zur Aufführung, die diese Thematik beleuchteten. Dazu gesellten sich Nummern aus früheren Alben, darunter der Beatles-Hit „Paperback Writer“, was eine bunte Vielfalt aus Swing, Funk, Rock, modernem Jazz und Pop ergab. All das kam in der Gems zum Zuge und noch vieles mehr: Das Stück „Oh Solitude“ des englischen Renaissance-Komponisten Henry Purcell, das die Vorzüge der Einsamkeit preist, hat Thärichen ebenfalls für Jazzensemble arrangiert. Außerdem diente ihm das Gedicht „Keepsake Mill“ des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson für einen Songtext.
Mit einem solch vielfältigen Programm gelang es Thärichens Tentett, die Vorzüge eines großen Jazzensembles voll zur Geltung zu bringen. Die Arrangements schillerten in vielen Farben und machten dabei von einer breiten Palette von eher ungebräuchlichen Instrumenten Gebrauch – von der Bassklarinette über die Alt-Querflöte bis zum Baritonsaxofon. Dazu kam die ungeheure Wucht, die ein voller Bläsersatz entfalten kann, wenn er von einer formidablen Rhythmusgruppe unterstützt wird. Diese Qualitäten sorgten für Begeisterung unter den zahlreichen Zuhörern und bescherten dem Jazzclub Singen ein hervorragendes Konzert.