Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am 1. September haben über die Grenzen dieser Bundesländer hinaus für Aufsehen gesorgt. In Thüringen ist die AfD mit ihrem rechtsextremen Spitzenmann Björn Höcke mit 32,8 Prozent der Stimmen deutlich stärkste Kraft geworden, in Sachsen lag die AfD mit 30,7 Prozent nur knapp hinter der CDU (31,9 Prozent). Beide Landesverbände werden von Verfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextrem eingestuft. In Baden-Württemberg behandelt des Landesverfassungsschutz den AfD-Landesverband derzeit als rechtsextremen Verdachtsfall.
Der Stuttgarter AfD-Landtagsfraktion gehören derzeit 17 Männer und Frauen an – und einer von ihnen kommt aus dem Wahlkreis Singen, nämlich Bernhard Eisenhut. Er folgte 2021 für die AfD auf Wolfgang Gedeon, erhielt damals 11,3 Prozent der Stimmen und kam per Zweitmandat in den Landtag. Wie sieht er das Ergebnis der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen, was leitet er für seine eigene Arbeit daraus ab? Und welche Themen der Region hat er im Landesparlament vorangebracht?
Anfrage bleibt unbeantwortet
Er selbst möchte der Öffentlichkeit darüber offenbar keine Auskunft geben, jedenfalls ließ Eisenhut eine entsprechende Anfrage des SÜDKURIER unbeantwortet. Auch auf seinem Facebook-Profil und seiner Internetseite finden sich keine Stellungnahmen zum Wahlergebnis in Thüringen und Sachsen.
Anhaltspunkte zu seiner Arbeit bietet am ehesten die Internetseite des Landtags. Eisenhut ist demnach Mitglied im Landtagsausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration sowie im Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Die jüngsten Initiativen, an denen Bernhard Eisenhut beteiligt war, drehen sich zum Beispiel um mutmaßliche deutschfeindliche Vorfälle an Schulen und Jugendhäusern – laut der Antwort des Kultusministeriums sind davon seit 2019 drei im ganzen Bundesland verzeichnet – , um Übergriffe auf Personal im Gesundheitswesen oder um den Covid-19-Krisenstab des Robert-Koch-Instituts.
Kleine Anfragen und Anträge gab es von ihm aber auch zur Finanzierung der Feuerwehr, zum Krankenhauswesen oder zur Kennzeichnung von Insekten in Nahrungsmitteln. Häufig wird nach der Staatsangehörigkeit von bestimmten Gruppen gefragt. Auch Corona-Maßnahmen hinterfragt Eisenhut immer wieder kritisch.
In dieses Bild passt, dass Eisenhut im Jahr 2022 bei zumindest einem der sogenannten Montagsspaziergänge in Singen anzutreffen war, bei denen Menschen gegen Corona-Maßnahmen protestierten. Eisenhut hat damals Werbematerial des österreichischen Internet-Fernsehsenders Auf1 verteilt, der damals kräftig gegen Corona-Maßnahmen Stimmung gemacht hat. Im April 2023 berichtete die Tagesschau über Falschmeldungen und Verschwörungsmythen bei dem Sender – und über ein Verfahren wegen Sendens ohne Lizenz über einen österreichischen Privatfernsehsender. Heute finden sich rechtsalternative Beiträge auf der Seite des Senders.
Im Landtag eher ein Hinterbänkler
In der 17-köpfigen Landtagsfraktion der AfD ist Bernhard Eisenhut allerdings eher ein Hinterbänkler, Teil der älteren Garde und relativ unauffällig. Öffentlichkeitswirksamer agieren die jungen Abgeordneten, die wie Fische im Wasser in den sozialen Netzwerken schwimmen und dort oft einen aggressiven Ton pflegen. Zu ihnen gehören zum Beispiel Miguel Klauß und Daniel Lindenschmid.
Eisenhut ist in der Fraktion zuständig für Soziales, Gesundheit und Landwirtschaft. Seine Reden, die er in den vergangenen Monaten im Plenum hielt, drehten sich um die Situation der Krankenhäuser, die Gewinnung medizinischer Fachkräfte oder die Situation der Landwirtschaft. Bei seinen Reden zeigte er sich regelmäßig vorbereitet. Der zugespitzte AfD-Sound, den andere Abgeordnete ihren Reden geben, findet bei ihm nur in Ansätzen statt. Eisenhut kommt zugute, dass die Situation in diesen Bereichen allgemein als kritisch angesehen wird, düstere Zustandsbeschreibungen gibt es auch aus anderen politischen Richtungen.
In der Landespartei der AfD unter dem Führungsduo Emil Sänze und Markus Frohnmaier, die wiederum stark auf Alice Weidel setzen, bewegt sich Eisenhut geschmeidig. Das könnte eine politische Überlebensgarantie sein für den Fall, dass er erneut in den Landtag kommen will. Denn nach dem neuen Wahlrecht haben Wähler auch auf Landesebene zwei Stimmen – eine für einen Direktkandidaten und eine für die Landesliste. Und wer auf eine solche Liste will, dürfte mit einem guten Draht in die Chefetage bessere Chancen haben. In dieses Bild passt auch, dass die Tagesschau bei einem Bericht über den Bundesparteitag der AfD im Juni in Essen Eisenhut einmal neben Alice Weidel sitzend gezeigt hat.
Landtagskollegen fällt der AfD-Mann kaum auf
Für Hans-Peter Storz, SPD-Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Singen, und die frühere Grünen-Abgeordnete Dorothea Wehinger, deren Mandat zum 1. September Saskia Frank übernommen hat, sei Eisenhut im Prinzip unbekannt geblieben, sagen sie auf Anfrage – abgesehen von seinen Reden im Landtag. Im eigenen Wahlkreis tauche der AfD-Mann nur sehr selten auf, sagen beide übereinstimmend. Auch die Adresse seines Wahlkreisbüros gibt die AfD nicht bekannt.
Wehinger war mit Eisenhut zusammen im Sozialausschuss. Dort sei er eher unauffällig gewesen. In seinen Redebeiträgen wettere er aber regelmäßig gegen die Grünen und kehre linientreu den Nationalismus heraus. Storz ist mit Eisenhut im Agrarausschuss, auch er sagt: „Dort fällt er kaum auf.“ Manchmal frage er sich sogar eher, was der AfD-Mann die ganze Zeit mache.
Im eigenen Wahlkreis ist Eisenhut nicht nur als Kreistagsmitglied wiedergewählt worden. Im Juni wurde er bei einer Mitgliederversammlung gemeinsam mit seinem Büroleiter Steffen Jahnke als Teil einer Doppelspitze zum Sprecher des Kreisverbands Konstanz gewählt. Ob diese Mitgliederversammlung nach den Regeln der Parteisatzung zustande kam und daher rechtmäßig ist, ist allerdings umstritten – nicht jeder im AfD-Kreisverband Konstanz sieht das so, wie SÜDKURIER-Recherchen ergaben.
In den heftigen Auseinandersetzungen auf Kreisebene, die sich damals offenbarten und zu denen laut SÜDKURIER-Recherchen auch mehrere umstrittene Parteiausschlussverfahren gehören, dürfte Eisenhut eine Schlüsselfigur sein. Bei der Mitgliederversammlung in Rielasingen im Juni positionierte er sich eindeutig – und warb dafür, dass Pressevertreter nicht daran teilnehmen sollten, was die anwesenden Mitglieder auch so bestätigten.