Noch ist der große Raum in der Ekkehardstraße ziemlich leer, bis auf drei Schreibtische und etwas Büromaterial steht noch nicht viel. Hans-Peter Storz hatte das Büro für seinen Wahlkampf angemietet mit der Option, es nach der Landtagswahl am 14. März wieder aufzugeben. Spätnachts war dann klar: Nicht nur Dorothea Wehinger (Grüne) und Bernhard Eisenhut (AfD) haben es in den Landtag geschafft, sondern auch Storz für die SPD. „Ich bin stolz und froh, dass es geklappt hat. Ich habe nicht daran geglaubt.“ Das Büro bleibt also. Die kommende Legislaturperiode wirft ihre Schatten voraus: Die konstituierende Sitzung des Landtags ist zwar erst am Dienstag, 11. Mai. Doch schon jetzt haben die Abgeordneten Einiges zu tun.
Storz will weiter unterrichten: Da hört man auch, was Sache ist
Hans-Peter Storz hat momentan mehrere sogenannte Hüte auf: Er unterrichtet als Pastoralreferent an der Robert-Gerwig-Schule, sitzt für die SPD im Gemeinderat und Kreistag, hat Ehrenämter inne – und bald auch ein Landtagsmandat. An diesem Tag trifft er sich mit seinen drei Mitarbeitern im Büro, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Ich habe jetzt schon viele Mails und Bürgeranfragen, obwohl ich noch gar kein richtiger Abgeordneter bin.“ Auch die ersten vorbereitenden Sitzungen in Stuttgart finden schon statt.

Einen Großteil seiner Aufgaben will Storz auch dann beibehalten: Unterrichten wird er erst mal etwas weniger und im neuen Schuljahr sollen es montags vier Stunden sein – wie schon bei seiner ersten Amtszeit von 2011 bis 2016. „Weil es mir Spaß macht. Es ist ein gutes Zusammensein. Und da hört man auch, was Sache ist.“ Auch im Gemeinderat will Storz bleiben, selbst wenn er mal fehlen muss: Dienstags ist Plenarsitzung in Stuttgart, das überschneide sich voraussichtlich mit der ein oder anderen Sitzung in Singen.
In seiner ersten Amtszeit konnte er mitregieren. Das ist jetzt anders
Wie viel Hans-Peter Storz politisch in Stuttgart bewirken kann, wird sich zeigen. Anders als in seiner ersten Amtszeit ist die SPD diesmal nicht an der Regierung beteiligt. Doch man könne auch in der Opposition Akzente setzen, meint Storz. Er warnt davor, Baden-Württemberg um jeden Preis zum Klimaschutz-Land machen zu wollen. Man müsse mit Blick auf die Finanzlage sparen und dennoch weiter in Wichtiges investieren. Klimaschutz sei da ein Punkt von mehreren: „Klar ist, man muss auch weiter in Bildung investieren. Wir brauchen mehr Lehrer und mehr Digitalisierung.“
Absagen für den AfD-Abgeordneten: Noch fehlt ein Büro
In der Opposition ist auch Bernhard Eisenhut mit der AfD. Eine konstituierende Fraktionssitzung habe es schon gegeben, nächster Schritt sei die Eröffnung eines Abgeordneten-Büros. Doch das sei gar nicht so einfach: „Leider erhalte ich lauter Absagen auf meine Mietanfragen“, erklärt Eisenhut auf Nachfrage. Auch er will seine bisherige Aufgabe, ein Juweliergeschäft in der Freiheitstraße in Singen, nicht ganz aufgeben. Es soll nur noch nach Terminvereinbarung geöffnet sein.
Der Wechsel in den Landtag sei für ihn persönlich eine spannende Aufgabe – und absolutes Neuland.
Dorothea Wehinger sieht „keinerlei Schnittstellen“ mit der AfD
Gewohntes Terrain ist der Landtag für Dorothea Wehinger von den Grünen. Momentan sei sie noch mit der Auswertung ihrer ersten Amtszeit beschäftigt. Daraus soll sich ergeben, was sie fortsetzen möchte und welche neuen Aufgaben dazu kommen. Der erneute Wahlsieg sei für sie eine tolle Bestätigung gewesen: „Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in allen Städten und Gemeinden die meisten Stimmen erhalten habe“, erklärt sie auf Anfrage.
Wie die Zusammenarbeit mit den beiden Kollegen ihre Arbeit beeinflussen wird, könne sie noch nicht sagen. „Es gibt sicher Themen, bei denen ich mit dem Kollegen Storz mit einer Stimme sprechen könnte.“ Eine Zusammenarbeit mit der AfD sieht sie nach den Erfahrungen der vergangenen fünf Jahre nicht: Es gebe „keinerlei Schnittstellen“.
Die AfD sorgt mit ihrem Bundesprogramm für Aufsehen. Wie der Abgeordnete aus dem Hegau dazu steht
Bernhard Eisenhut kann zu einer Zusammenarbeit noch nichts sagen. Angesprochen auf das Bundesprogramm der AfD, das unter anderem wegen eines vorgeschlagenen Verbots von Minaretten oder einer Abschaffung der Maskenpflicht für Aufsehen gesorgt hat, entgegnet er: „Dies ist Bundespolitik. Von mir ein absolutes Ja zum Dexit sowie Grenzkontrollen und zur Abschaffung der Maskenpflicht.“ Mit Dexit ist der Austritt Deutschlands aus der EU gemeint. Auf andere Punkte seiner Partei geht er nicht ein.
Ein Team ohne Eisenhut?
Hans-Peter Storz erinnert sich noch an die Zusammenarbeit mit Wolfgang Reuther (CDU), der 2011 bis 2016 mit ihm den Wahlkreis vertreten hat. „Wir haben versucht, gemeinsam etwas zu bewirken.“ Ob das ähnlich mit Dorothea Wehinger gelingen wird, könne er noch nicht sagen. „Ich hoffe, dass wir ein Team werden und das Bestmögliche für die Region erreichen.“ Themen sieht er einige, ob Landwirtschaft und die Erhaltung von Kulturlandschaften oder eine Erweiterung des Singener Krankenhauses. Auch Storz sieht aber wenig Anknüpfungspunkte mit der AfD.
Was er anders machen will als Wolfgang Gedeon, der die Region bisher neben Dorothea Wehinger vertreten sollte? „Alles. Ich will Menschen das Vertrauen in die Politik zurückgeben und nicht nur zu Wahlen präsent sein.“ Digital will Storz auf sozialen Netzwerken und per Zoom ansprechbar sein, offline außerdem im Büro, das von 9 bis 17 Uhr geöffnet sein soll, und auch mal mit einem Stand auf dem Wochenmarkt.
Schwerpunkte werden noch gesetzt: Wann die Ausschüsse starten
Welche Schwerpunkte die Abgeordneten setzen, zeigt sich auch bei der Wahl ihrer Ausschüsse. Dorothea Wehinger plant, vom Europaausschuss in den Ausschuss für Kultur mit Schwerpunkt frühkindlicher Bildung und Erziehung zu wechseln. „Wenn das wegen Überschneidung mit dem Sozial-Ausschuss nicht klappt, dann möchte ich in den Innenausschuss mit dem Schwerpunkt Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum, Angsträume, Antifeminismus und Hass im Netz“, erklärt sie weiter. Fraktionssprecherin für Frauen, Kinder und Familie wolle sie bleiben.
Hans-Peter Storz war zuletzt wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Sein Wunsch sind Schwerpunkte bei Wirtschaft und Landwirtschaft, um den Wirtschaftsstandort Hegau ebenso abzubilden, wie die ländliche Region. Weil die Ausschüsse verkleinert werden sollen, könne es zwar sein, dass er nur einen Ausschuss übernehmen soll. „Aber ich finde das einfach zu wenig und werde darauf drängen, mich in zwei einbringen zu können.“ Die konstituierenden Sitzungen der Ausschüsse sind erst am 23. und 24. Juni geplant, die ersten Beratungen dann Anfang Juli.