Es ist kein Tag, der zum Aufenthalt im Freien einlädt – der Himmel ist grau, die Straßen sind nass, jeden Moment ist erneut ein Regenschauer zu erwarten, außerdem herrschen winterliche Temperaturen. Dorothea Wehinger lässt sich davon jedoch nicht abschrecken. „Das Wetter hat uns noch nie daran gehindert, raus zu gehen“, sagt die 68-Jährige, und meint damit sich und ihren Mann. Sie sei gerne im Freien unterwegs, beim Wandern oder Fahrradfahren. Dadurch und durch ihre Funktion als Grünen-Landtagsabgeordnete habe sie sich in den 40 Jahren, in denen sie schon im Hegau lebt, mit der Region sehr vertraut gemacht. „Es gibt nicht viele Ecken, die ich nicht kenne“, sagt sie.
Anti-AKW-Demo brachte sie zur Politik
Seit 1980 ist Dorothea Wehinger politisch aktiv. Gemeinsam mit ihrem Mann Hubert sei sie damals für eine große Demonstration gegen Atomkraftwerke nach Bonn gefahren. „Da begann mein Engagement“, erinnert sie sich. Auch vom Hegau aus, wo Wehinger, die gebürtig aus dem Sigmaringer Ortsteil Laiz kommt, damals schon wohnte, habe sie sich gegen Atomstrom eingesetzt und etwa die Gruppe „Frauen gegen Atomkraft“ gegründet. „Mit dieser haben wir Veranstaltungen organisiert und Flugblätter gedruckt.“ Und auch im Naturschutz sei sie aktiv gewesen, etwa beim BUND.
Den Grünen habe sich allerdings erst ihr Mann angeschlossen, bevor auch sie Partei-Mitglied wurde. Dennoch sagt sie: „Für mich war immer klar, außer den Grünen gibt es für mich gar nichts.“ Ausschlaggebend sei dabei gewesen, dass es sich um die einzige Partei gehandelt habe, wo es die Parität bei Mandaten gegeben habe und Frauen darum gleichberechtigt gewesen seien. Außer ihrem Mann gibt es bei den Grünen noch weitere Familienmitglieder: Ihre Schwester Gerlinde Kretschmann und deren Mann, Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Sie kennt beruflich viele Gesellschaftsgruppen
Ihr erstes politisches Amt besetzte Dorothea Wehinger 2004 als Kreisrätin im Landkreis Konstanz, 2014 wurde sie auch zur Gemeinderätin in Steißlingen gewählt. Bei der Landtagswahl im Jahr 2016 gewann sie schließlich das Direktmandat für den Wahlkreis Singen-Stockach, seither engagiert sie sich in Stuttgart, etwa im Ausschuss Soziales und Integration – und will das auch in Zukunft noch tun. Ihr gefalle die Arbeit, dass sie sich für die Menschen und ihren Wahlkreis auf höherer Ebene einsetzen könne. „Das ist der Grund, warum ich mich wieder aufstellen lasse und gewählt werden möchte“, erklärt sie.
Durch ihren beruflichen Werdegang und weil sie so viel in der Region unterwegs sei, kenne sie viele verschiedene Gesellschaftsgruppen – etwa Jugendliche, weil sie in der Vergangenheit mehrere Jahre lang Jugendreferentin des katholischen Jugendbüros in Singen gewesen sei. Und auch Eltern, weil sie schon als Erzieherin, Kindergartenleiterin und Fortbildnerin für Kindertageseinrichtungen gearbeitet habe. „Ich weiß, was die Leute bewegt, was für Sorgen und Wünsche sie haben“, sagt Dorothea Wehinger.
Für Chancengleichheit und Kinderschutz
Aber nicht nur die Anliegen, die speziell ihren Wahlkreis betreffen, liegen der 68-Jährigen am Herzen. Generell wolle sie sich etwa für den Schutz von Kindern einsetzen. „Das ist ein Thema, das mich sehr bewegt“, sagt sie. Viele Kinder litten unter Missbrauch und würden dadurch für ihr ganzes Leben gezeichnet, sagt sie. „Das sind Dinge, die im ländlichen Raum genauso auftreten wie in Städten.“ Dass etwa am Hegau-Bodensee-Klinikum in Singen im vergangenen Jahr eine Kinderschutzgruppe eingerichtet wurde, die reagieren soll, wenn es einen Verdacht auf Missbrauch gibt, finde sie darum sehr gut und sehr wichtig. Ebenso wolle sie sich gegen Gewalt gegen Frauen, sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel einsetzen. Wichtig sei es dabei etwa, das Angebot an Frauenhäusern auszubauen und mehr Beratungsstellen einzurichten.
Außerdem steht Chancengleichheit auf Dorothea Wehingers Agenda. „Nicht nur bezogen auf Frauen“, betont sie – aber eben auch. Damit verbunden sei nämlich unter anderem, Frauen den Weg zu Führungspositionen zu ebnen. Aber auch für Menschen mit Behinderung oder Kinder aus ärmeren Familien fordert sie eine Chancengleichheit, etwa, was Ausbildungsmöglichkeiten angeht.
Auch der Naturschutz darf nicht zu kurz kommen
Und natürlich darf bei einer Grünen-Politikerin auch der Natur- und Klimaschutz nicht zu kurz kommen. Für wichtig erachtet Dorothea Wehinger in diesem Zusammenhang, dass mehr erneuerbare Energiequellen erschlossen werden, effizienter gearbeitet werde – etwa, indem Abwärme genutzt wird – sowie Ressourcen eingespart werden. Es müsse außerdem viel mehr der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.
Und es sei wichtig, auf E-Mobilität und einen besseren und komfortableren öffentlichen Personennahverkehr zu setzen, so Wehinger, die angibt, selbst sehr viel mit Bus und Bahn unterwegs zu sein. „Nach Stuttgart in den Landtag fahre ich grundsätzlich mit dem Zug“, sagt sie. Und seit einigen Jahren sei sie so auch in den Urlaub unterwegs und etwa nach Polen oder an die Ostsee gefahren.
Ihre Erfahrung soll nicht verloren gehen
„Ich sehe noch so viel Notwendiges“, fasst Dorothea Wehinger ihre Anliegen zusammen. Darum wolle sie sich nun in einer weiteren Amtszeit kümmern. Von Vorteil sei, dass sie sich bereits im Landtag auskenne und mit den dortigen Strukturen vertraut sei. „Ich fände es schade, wenn die Erfahrungen verloren gehen würden“, sagt die 68-Jährige. Sie hoffe nun, noch einmal eine Chance zu bekommen, sich für ihre Anliegen und die ihres Wahlkreises einsetzen zu können.