Frau Joseph, was bedeutet es für Sie, künstlerisch tätig zu sein?

In erster Linie bedeutet es für mich Entspannung, abzuschalten und Abstand vom Alltag zu finden.

Sie sind nicht nur selbst künstlerisch tätig, sondern geben auch Kurse. Mit welchem Ziel machen Sie das?

Mir ist es wichtig, die Menschen, die zu meinen Kursen kommen, zum kreativen Tun zu ermuntern. Gerade in den hektischen Zeiten, mit all den medialen Ablenkungen, mit den erschreckenden Nachrichten von Kriegen und Umweltzerstörung, möchte ich den Menschen einen geschützten Rahmen bieten, in dem sie durch einen virtuellen Tunnel gehen, bis sie im Flow sind und entspannen dürfen. Dabei haben sie auch die Möglichkeit, ihre eigenen Themen, das was sie belastet, auf künstlerische Weise zu verarbeiten. Und ich erlebe es immer wieder, wie sie gestresst, angespannt in meine Kurse kommen und wie sich während der kreativen Arbeit ihre Körperhaltung und Mimik positiv verändern und entspannen.

Das könnte Sie auch interessieren

Wer kommt zu Ihnen?

Das sind alle Altersstufen, von Kindern bis Senioren, bunt gemischt. Menschen, die künstlerisch tätig sein wollen, sich in der Kunst ausdrücken möchten, und auch Klienten, die über ihren Psychotherapeuten zu mir kommen.

Wie arbeiten Sie mit letzterer Gruppe?

Der Therapeut erzählt mir mit Einwilligung der Klienten ganz grob, worum es geht. Bei mir im Atelier gibt es dann die Möglichkeit, beispielsweise einem Trauma oder einer Angst ein Gesicht zu geben, sie zu visualisieren. Ich biete dazu unterschiedliche Materialien an. Am Ende schauen wir das, was entstanden ist, gemeinsam an und sprechen darüber, jedoch ohne zu bewerten. Das kann ein sehr wertvoller Pflasterstein auf dem Weg einer Therapie sein.

Welche Erfahrungen machen Sie in der Arbeit mit Kindern und Senioren?

Bei Kindern, die oft total überfordert von medialem Einfluss sind, geht es manchmal einfach darum, dass sie runterkommen, sich entspannen, mit den Händen es fertigen, auch einmal richtig matschen dürfen. Sie genießen das sehr, denn der Spaßfaktor und die Tatsache, einfach mal ohne Anspruch etwas machen zu dürfen, stehen im Vordergrund. Bei den älteren Menschen, wie bei denen, die ich ehrenamtlich in einer Seniorenresidenz besuche, passiert ganz viel auf emotionaler Ebene. Sie freuen sich nicht nur über meinen Besuch, sondern auch miteinander in Kontakt zu kommen, die Geselligkeit, die Kommunikation, die Gruppendynamik und manchmal auch über das Wiederentdecken der eigenen Kreativität. Und für mich ist es schön zu beobachten, wenn sogar Parkinson-Patienten das Malen gelingt, sie relativ ruhig den Pinsel halten und dabei ihre Krankheit für einen Moment vergessen können.

Das könnte Sie auch interessieren

Seit gut zwei Jahren arbeiten Sie eng mit dem Kunstmuseum Singen zusammen. Wie kam es dazu?

Cornelia Maser, die das pädagogische Programm für das Singener Kunstmuseum zusammenstellt, ist eine ganz wunderbare Kunstpädagogin. Sie kontaktierte mich und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, einen Collagen-Workshop für Erwachsene zu leiten. Für mich war es gar keine Frage, dass ich zusage. Das Museum hat wirklich ein beeindruckendes Programm, ist vielfältig aufgestellt, vermittelt Kunst, ermöglicht ebenso den Zugang, wie auch Freiräume für Kreativität und leistet damit großartige Arbeit. Und was ich besonders schätze ist, dass die Kurse für jeden erschwinglich sind.

Der nächste Kurs unter Ihrer Leitung wird am 19. November im Kunst Museum Singen stattfinden.

Ja, ein tolles Projekt! Der Kurs richtet sich an Familien mit Kindern ab drei Jahre. Zunächst wird es eine kindgerechte Führung durch das Museum geben, dann lesen wir aus dem Buch „Sei wie ein Baum“ vor, das wirklich wunderschön geschrieben und illustriert ist, ehe es dann mit der ganzen Familie ans Malen geht und sich jeder auf seine Weise dem Buchthema nähern darf.