Mit Zigaretten ist nicht alles erlaubt. Der Staat kassiert Tabaksteuer, es gelten strenge Altersgrenzen und es darf auch nicht einfach alles Mögliche reingemischt werden. Bei E-Zigaretten ist das nicht anders. Das erfuhr ein Angeklagter vor dem Singener Amtsgericht kürzlich in einem Prozess um unerlaubten Handel mit E-Zigaretten – oder um das „unerlaubte Inverkehrbringen von elektronischen Zigaretten in Tateinheit mit Steuerhehlerei“, wie das Delikt offiziell in der Tagesordnung des Gerichts lautet. Und genauso wie der Angeklagte erfuhr das auch einer der Zeugen.

Doch der Reihe nach: Die Geschichte der Strafverfolgung begann am 8. März 2024 mit einem Polizeieinsatz. Damals, vor etwa einem Jahr, rief der Sicherheitsdienst des Einkaufszentrums Cano die Polizei zu Hilfe – so erinnert sich ein Zollbeamter, der bei dem Einsatz unterstützt hat und nun als Zeuge vor Gericht aussagte. Die Sicherheits-Mitarbeiter hätten einen damals noch Minderjährigen dort aufgegriffen, der E-Zigaretten an ebenfalls Minderjährige verkauft habe. Laut seiner Aussage hat der Zollbeamte den E-Zigaretten-Händler auch vernommen.

Verkauf von Tabakwaren an Minderjährige geht nicht

„Verkauf von Tabakwaren an Minderjährige – das geht nicht“, sagte er nun im Zeugenstand. Zumal in den E-Zigaretten 14 statt der erlaubten 10 Milliliter der verdampfenden Flüssigkeit enthalten und diese unversteuert waren, wie vor Gericht ebenfalls deutlich wurde.

Das Amtsgericht Singen – hier wurde der Fall eines 21-Jährigen verhandelt, der einen Minderjährigen dazu gebracht haben soll, ...
Das Amtsgericht Singen – hier wurde der Fall eines 21-Jährigen verhandelt, der einen Minderjährigen dazu gebracht haben soll, unversteuerte E-Zigaretten in seinem Auftrag zu verkaufen. | Bild: Lara Reinelt

Und der Zollbeamte sagte auch: Der aufgegriffene Jugendliche habe damals berichtet, er verkaufe die E-Zigaretten im Auftrag eines Dritten – eben des nun angeklagten Diaa A. Bei dieser Aussage habe sich der jugendliche E-Zigaretten-Händler seinerzeit schwergetan, überhaupt etwas zu sagen, erklärte der Zollbeamte nun – was aber ziemlich normal sei für einen Jugendlichen, der bei der Polizei sitzt und dessen Vater bei der Vernehmung auch noch zuhört.

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Elf E-Zigaretten habe der Jugendliche damals dabeigehabt, sagte der Zollbeamte nun in Übereinstimmung mit der Anklage. Doch belastet habe er sich noch deutlich mehr, wie vor Gericht deutlich wurde. Von einem Verkauf von 75 E-Zigaretten habe er damals gesprochen, sagte Richter Bastian Hoenig, als er den jugendlichen E-Zigaretten-Händler selbst als Zeuge vernahm. Das sei sicher zu viel, sagte der jetzt im Zeugenstand in dem Verfahren, aber 40 bis 50 E-Zigaretten habe er durchaus für den Angeklagten Diaa A. verkauft.

Zeuge tut sich schwer damit, den Angeklagten zu belasten

Auch nun fiel es dem jugendlichen Zeugen wieder schwer, den Angeklagten, der ohne Verteidiger vor Gericht erschienen war, zu belasten. Richter Hoenig betonte mehrfach, dass der Zeuge vor jedem belastenden Satz in Richtung von Diaa A. geschielt habe. Doch auch in dieser unangenehmen Situation müsse er die Wahrheit sagen, redete ihm der Richter ins Gewissen. Geld habe er für den Verkauf der E-Zigaretten gar nicht bekommen, das habe er bei der Vernehmung vor einem Jahr ebenfalls gesagt, berichtete der Richter. Am Ende sagte der jugendliche E-Zigaretten-Händler vor Gericht, dass er im ersten Quartal 2024 viermal in diesem Stil E-Zigaretten verkauft habe.

„Der Zeuge hat deutlich mehr zugegeben, als er hätte zugeben müssen.“Bastian Hoenig, Richter am Amtsgericht Singen
„Der Zeuge hat deutlich mehr zugegeben, als er hätte zugeben müssen.“Bastian Hoenig, Richter am Amtsgericht Singen | Bild: Freißmann, Stephan

Der Angeklagte, selbst erst 21 Jahre alt, wollte hingegen nichts davon wissen, dass er einen anderen zum illegalen Verkauf von E-Zigaretten gebracht habe. Im Gegenteil habe er von dem anderen jungen Mann E-Zigaretten gekauft, weil sie dort billiger gewesen seien als in einem regulären Geschäft. Auch als Richter Hoenig und Staatsanwalt Olaf Meier ihm ins Gewissen redeten, blieb Diaa A. bei seiner Version der Geschichte.

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Die fand der Richter allerdings genauso wenig glaubwürdig wie der Staatsanwalt. Vor allem weil der jugendliche E-Zigaretten-Händler sich bei der Polizei und auch als Zeuge vor Gericht mehr als notwendig selbst belastete, stufte der Richter dessen Aussage als glaubwürdig ein – mit Folgen für den Angeklagten. Das Urteil lautete auf 40 Tagessätze zu je 15 Euro. Nach einem früheren Strafbefehl wäre der Angeklagte mit 35 Tagessätzen zu je 10 Euro davongekommen. Weil er Widerspruch dagegen einlegte, kam es zur Hauptverhandlung. Der Angeklagte kann noch Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.