Frau Shepard, Sie sind in New York City geboren und kamen im Alter von vier Jahren in die Schweiz, in das Heimatdorf ihrer Mutter. Wie haben Sie die Kindheit in der beschaulichen Schweiz erlebt?

Als sehr schön und beschützt. Es war eine wunderbare und idyllische Art, aufzuwachsen. Erst später habe ich entdeckt, dass nicht alle Menschen ihre Kindheit auf diese Weise erleben dürfen, dass die Welt uns auch andere Möglichkeiten bietet.

Die Zeit soll Ihre Einstellung zur Familie geprägt haben. Sie sind geschieden, wieder verheiratet, haben drei leibliche und zwei angenommene Kinder. Was ist Ihnen im Familienleben wichtig?

Ich denke, es ist der starke Familienzusammenhalt, der mich geprägt hat und den ich intuitiv an meine Kinder weitergegeben habe. Ich bin mit meinen eigenen Geschwistern im engen und vertrauensvollen Kontakt aufgewachsen und wir sind bis heute füreinander da; wir ergänzen und stärken uns. Und so ist es auch bei meinen Kindern. Jeder von ihnen hat unterschiedliche Stärken, sie sind regelmäßig miteinander in Kontakt, fragen, wie es dem anderen geht, sie tauschen sich aus, helfen sich gegenseitig. In unserer Familie gibt es durchaus zweistündige Telefonate unter den Geschwistern.

Sie haben sich auf ein neues Terrain gewagt und haben ein Buch geschrieben: „Halbzeit – eine nicht ganz anständige Geschichte“. Wie war es für Sie, als Schauspielerin, die Arbeit ohne Regieanweisung – dafür im eigenen Rhythmus?

(lacht) Das war gar nicht so einfach! Auf der einen Seite war es wunderschön, aber manchmal hat sich der Schweinehund eingeschlichen, die Regie übernommen und nach vielen Pausen verlangt. Ich habe aber bei der Arbeit eine Menge über mich selbst lernen dürfen, vor allem über meine eigenen Unzulänglichkeiten, meine Blockaden, die Angst, mich mit dem Thema verletzlich zu machen. Das Buch ist zwar nicht autobiografisch, sondern eine fiktive Geschichte – wenn auch mit meinen eigenen Erlebnissen eng verwoben. Ich wollte nicht eins zu eins aus dem Nähkästchen plaudern, aber die Essenz ist sehr wahr.

Wer hat Sie unterstützt?

Eine Freundin, die Autorin ist, mit ihr habe ich mich ausgetauscht und sie hat mich ermuntert, am Ball und mutig zu bleiben. Zudem hat mein Mann mir sehr geholfen, indem er mir immer wieder gut zugeredet und mich daran erinnert hat: Du magst es nicht, wenn Menschen etwas versprechen und dann nicht umsetzen. Also mache es!

Bereuen Sie den Seelenstriptease?

Nein, überhaupt nicht! Wir Schauspieler sind es gewohnt, dass wir als Projektionsfläche für die Fantasien der Zuschauer dienen. Im Laufe der Zeit habe ich aber gelernt, mich davon zu distanzieren. Ich finde es aber unglaublich wichtig, wahrhaftig zu sein, mich nackt zu machen, nicht körperlich, sondern zu mir zu stehen, zu meinem Körper, zu meinen Idealen, zu meinen Ideen und auch zu meinen Schwächen. Daran kann man wachsen. Ich denke, ich kann meine Themen nur enthüllen, wenn ich schonungslos hingucke und sie beim Namen nenne.

Große Bekanntheit haben Sie vor allem durch Ihre TV-Rollen erlangt; aktuell sind Sie aber vor allem mit Theaterstücken auf Tour. Wie empfinden Sie das Tourneeleben?

Mir macht es ganz, ganz großen Spaß, weil ich mich mit dem Ensemble sehr gut verstehe. Es verbindet uns nicht nur unsere gemeinsame Arbeit und künstlerisch an einem Strang zu ziehen, sondern vor allem die Leidenschaft und Freude am Theaterspiel. Wir akzeptieren uns in unserer Andersartigkeit und die Rituale oder Marotten, die jeder von uns mitbringt. Anstrengend sind jedoch die Reisen und tagtäglich mehrere Stunden im Bus zu sitzen. Die Hotels, in denen wir übernachten, sind unterschiedlich gut, mal ruhig gelegen oder an einer belebten Straße. Die Qualität der Betten ist am Frühstückstisch oft ein Thema. Schwierig ist es auch, sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren. Oft leben wir leider von belegten Brötchen, weil wir zu Zeiten ankommen, in denen die Restaurants noch nicht geöffnet oder schon wieder geschlossen sind. Sosehr wir es lieben, auf Tour zu sein, lernen wir unser eigenes Zuhause mehr und mehr zu schätzen und uns darauf zu freuen. Aber auch das ist sehr schön.

Am 1. November kommen Sie mit der Komödie „Schuhe Taschen Männer“ in die Singener Stadthalle. Worum geht es in dem Stück?

Es ist eine spritzige Beziehungskomödie. Es geht um zwei, früher eng befreundete, Ehepaare. Der Titel beschreibt die Figur Tessa, bei der Schuhe die oberste Priorität haben, dann Taschen, dann ihr Ex-Mann, Ralf – und die Frage, wie er mit dieser Reihenfolge umgeht. Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass jeder der Charaktere etwas zu verstecken hat, aber die Geheimnisse werden Stück für Stück gelüftet. Es ist ein sehr unterhaltsames Stück, und es gibt viel zu lachen.

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Singen am Hohentwiel – damit kommen Sie ganz in die Nähe Ihrer alten Heimat. Sie haben lange Zeit in Überlingen gelebt.

Ja, ich habe von 1990 bis zum Jahr 2007 mit meinem ersten Mann in Spetzgart, Überlingen gelebt und wir haben im Internat Schloss Salem gearbeitet. Meine beiden Töchter aus dieser Ehe sind auch in Salem zur Schule gegangen. Ich bin gerne immer mal wieder in Überlingen, denn ich habe dort nicht nur Freunde, sondern wir treffen uns dort als Patchworkfamilie. Im Gegenzug kommt mein Ex-Mann mit seiner Partnerin ein- bis zweimal im Jahr für einige Tage zu uns nach Norddeutschland. Wenn die Kinder dann alle dazu kommen, genießen wir die Zeit als große Familie mit Spielen, gemeinsamem Essen und langen Spaziergängen. Meine eine Tochter fährt übrigens immer noch regelmäßig nach Singen, weil sie die Stadt zum Einkaufen liebt. Für mich ist der Hegau und die Bodenseeregion immer noch ein Stück Heimat geblieben, und ich freue mich darauf, wenn ich bald mit einer Lesereise die Buchhandlungen und Kulturhäuser in der Region besuchen darf.

Stehen die Termine und Veranstaltungsorte für die Lesungen schon fest?

Nein, ich bin noch in der Planung. Das Buch ist schon eher intim und ich möchte deshalb auch gerne in einem intimen, kleineren Rahmen lesen – und dafür wieder in meine ‚alte Heimat‘ zu kommen, darauf freue ich mich sehr!