Herr Auer, Sie kennen Michael Kretschmer persönlich, wie haben Sie ihn kennengelernt?

Ich habe Michael Kretschmer als damals 14-Jährigen in Görlitz kennengelernt. Er hat sich als Wahlhelfer im Volkskammer-Wahlkampf 1990 eingebracht.

Was hat die CDU damals nach Sachsen geführt?

Im Zuge des Wiedervereinigungsprozesses fand im März 1990 die letzte Volkskammerwahl statt. Die West-CDU wollte die Ost-CDU unterstützen und ist dafür Patenschaften mit den Ost-Verbänden eingegangen. Die Union in Baden-Württemberg hatte Sachsen als Patenland, der CDU Südbaden wurde der Bezirk Dresden zur Unterstützung zugewiesen. Auf freiwilliger Basis sind damals sechs CDU-Kreisgeschäftsführer aus Südbaden von Januar bis März in den Raum Dresden gegangen. Mir selbst wurde der Bereich Görlitz, Löbau, Zittau und Niesky übertragen. Unsere Aufgabe war, die dortigen CDU-Verbände zu beraten und zu unterstützen. Dabei habe ich Michael kennengelernt.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie haben Sie den Osten so kurz nach der Wende erlebt?

Für mich war das zunächst mal eine andere Welt. Menschenschlangen vor den Geschäften und viele Mangelerscheinungen, aber viele nette und hilfsbereite Menschen. Schon am zweiten Tag hatte ich ein Aha-Erlebnis: Die Einladungen und Flugblätter der Görlitzer CDU wurden bei der SED kopiert! Sonstige Kopierer gab es wohl nicht. Nachdem alle Kollegen dies berichtet hatten, wurde für Abhilfe gesorgt: Binnen vier Wochen stellte die CDU Südbaden eine Spendenaktion für gebrauchte Kopierer auf die Beine. Per Lastwagen kamen über 50 gebrauchte Kopierer in Dresden an.

Schwierig waren auch die Kommunikationswege. Telefonate in den Westen waren kaum möglich. Mobilfunk gab es nicht. Für wichtige Telefonate sind wir von Görlitz nach Dresden gefahren, um dort von einem Hotel aus zu telefonieren.

Waren Sie seither wieder einmal in der Region Görlitz?

Ich habe in Görlitz gute Freunde gefunden, zu denen ich heute noch Kontakt habe. Seit dieser Zeit war ich regelmäßig alle zwei bis drei Jahre in Dresden und Görlitz und habe die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgt.

Michael Kretschmer hat bei einem Besuch in Bohlingen mal gesagt, Wahlkampf habe er bei Ihnen gelernt. Was macht er denn bis heute richtig?

Ich weiß nicht, was Michael von mir gelernt hat, aber seine letzten Wahlkämpfe als Ministerpräsident waren gut und erfolgreich. Vor allem: Er redet mit den Leuten und spricht Klartext.

Das könnte Sie auch interessieren

Aber wie bewerten Sie die schwierige Situation der Regierungsbildung in Sachsen nach der Landtagswahl?

Die Situation ist wirklich schwierig. Ohne BSW wird es wohl keine Regierung geben. Entscheidend wird sein, wie kompromissfähig die beteiligten Parteien sind. Eine Neuwahl darf es meiner Ansicht nach nicht geben.

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, wird als Festredner zum Schätzelemarkt in Tengen erwartet.
Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, wird als Festredner zum Schätzelemarkt in Tengen erwartet. | Bild: Sebastian Kahnert

Wie haben Sie den jungen Wahlkämpfer Michael Kretschmer in den 1990er-Jahren erlebt?

Sehr engagiert habe ich ihn erlebt. Er gründete die Junge Union in Görlitz und in Sachsen, war Landesvorsitzender. Mit 18 Jahren war er bereits stellvertretender Vorsitzender der CDU Görlitz, mit 19 war er im Stadtrat Görlitz und mit 27 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Görlitz. Heute ist er CDU-Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU und seit 2017 Ministerpräsident in Sachsen.

Haben Sie noch Kontakt zum heutigen Ministerpräsidenten Sachsens?

Ja, ich habe noch Kontakt mit Michael Kretschmer. Vieles läuft heute über Andreas Jung, der ja mit ihm im Bundesvorstand der CDU sitzt.

Und wird der Besuch des sächsischen Ministerpräsidenten in Tengen die Gelegenheit für ein Wiedersehen bieten?

Ja, ein Treffen ist schon vereinbart.