Schweiz oder Deutschland? Wo ziehen wir hin? Diese Frage stellt sich für Paare, von denen der eine Partner aus der Schweiz und der andere aus Deutschland kommt. Oft entscheiden sich die Paare für das Land, das nicht zur EU gehört. Für das Land, das für Rösti, Basler Leckerli und pünktlich fahrende Züge bekannt ist. Christine Weisser dagegen hat sich für Deutschland entschieden. Die Haus- und Familienpflegerin stammt aus Basel. „Viele Deutsche sind erstaunt, wenn ihnen bewusst wird, wie groß Basel ist“, sagt sie und schmunzelt. Denn in Deutschland sei das Klischee weit verbreitet, dass die meisten Schweizer auf Bergen leben, jodeln und ab dem vierten Lebensjahr mit den Skiern in den Kindergarten fahren.

Doch bevor sie sich für Deutschland entschieden hat, hat sie sich für ihren Mann entschieden. Werner Weisser hat damals an der Pädagogischen Hochschule in Lörrach studiert. Die Grenze zwischen Lörrach und Basel war kein Hindernis. Weissers haben in Deutschland geheiratet. Der aus dem Schwarzwald stammende Werner Weisser wurde als Referendar nach Singen geschickt. Später hat er noch vier Semester in Heidelberg Sonderschulpädagogik studiert. „Das waren zwei schöne Jahre. Mir hat es in der Großstadt gefallen“, blickt Christine zurück. Immerhin hat Heidelberg fast so viele Einwohner wie Basel. Doch letztlich wurde und blieb es Singen.

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Nach und nach hat sich die Familie vergrößert. Vier Kinder haben die Weissers, zwei Töchter und zwei Söhne. Dazu kommen inzwischen sieben Enkelkinder.

Den Großteil ihres Lebens hat Christine Weisser nun in Singen gelebt. Nur wenige Schweizer wohnen in Singen: 0,24 Prozent (119 Menschen) der Einwohner stammen aus der Schweiz. Zum Vergleich: Die Gruppe mit dem größten Bevölkerungsanteil in Singen sind Italiener (3,9 Prozent entsprechen 937 Menschen). „Die Deutschen habe ich von Anfang an als weltoffener erlebt“, erklärt sie.

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Die Nähe von Singen zur Schweiz hat Christine Weisser geholfen, ihr Heimweh zu heilen. Sie habe dann öfter alleine oder mit ihrer Familie Ausflüge in die benachbarte Heimat gemacht. Und auch später war die Nähe zur Schweiz hilfreich: Sie konnte ihre Mutter besuchen, als diese pflegebedürftig wurde und konnte sie in ihren letzten Lebensjahren nach Singen holen. „S Grosi“ (die Großmutter) hat dann bei ihnen im Haus in der Lahrer Straße gelebt. Die Familie hat sich gemeinsam um sie gekümmert.

Heimatort ist im Ausweis vermerkt

Viele Dinge sind in Deutschland anders, obwohl die Länder aneinander grenzen: In der Schweiz laufe vieles unbürokratischer ab. In Deutschland müsse man viel mehr Scheine vorlegen, um nachzuweisen, was man kann. In der Schweiz habe auch jeder einen Heimatort im Pass stehen, dieser müsse sich um einen kümmern, wenn man verarmt. Bei Christine Weisser ist das Rothrist im Aargau, wie sie erläutert: „Ich habe keinen wirklichen Bezug zu meinem Heimatort. Wir waren ein paar Mal da. Meine Vorfahren haben dort mal gelebt.“

Auch der Umgang mit Kritik sei in der Schweiz anders. „Der Schweizer verpackt seine Kritik höflicher“, hat Christine Weisser beobachtet. Wenn der Schweizer fragt, ob ihm der andere einen Gefallen tun würde, sei dies eine freundlich formulierte Aufforderung. Deutsche dagegen würden klare Ansagen machen. Solche wiederum kommen bei den Schweizern oft arrogant rüber – besonders wenn der Deutsche dann noch Hochdeutsch spricht und der Schweizer sich unterlegen fühlt. Es gibt vier Sprachen in der Schweiz: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Und es gelte nicht als peinlich oder altmodisch, Dialekt zu sprechen.