Die Stadt muss weiter sparen und das hat Auswirkungen auf eine Traditions-Veranstaltung in Singen, die es seit 1980 gibt: Nach der Absage des Burgfestes für dieses Jahr wird auch im kommenden Jahr nicht auf dem Singener Hausberg gefeiert. Aufgrund der weiterhin angespannten Haushaltslage hat der Gemeinderat nach eingehender Beratung und Diskussion am Dienstagabend beschlossen, dass es zu teuer ist – das betrifft das Hohentwielfestival ebenso wie das Burgfest. Laut Konzertveranstalter Kokon sollen die Konzerte des Hohentwielfestivals daher auch 2026 wieder auf dem Rathausplatz stattfinden.
Allerdings enthält der Beschluss den Zusatz, im Herbst eine Arbeitsgruppe oder einen Workshop einzurichten, wo klar wird, wie man ab 2027 eine kleinere Version des Burgfests veranstalten kann. Die Stadt muss sich generell überlegen, wie es weiter geht, denn 2026 endet der Vertrag fürs Hohentwielfestival. Im Herbst will der Gemeinderat ausführlich beraten und dabei alternative Veranstaltungsszenarien auch für das Burgfest prüfen.
Roland Frank, Geschäftsführer des städtischen Eigenbetriebes Kultur und Tagung Singen (KTS), bestätigt gegenüber dem SÜDKURIER, dass das Burgfest nicht tot sei. Die traditionsreiche Großveranstaltung für 2026 abzusagen, sei kein leichter Schritt gewesen. Aber aus finanzieller Sicht unausweichlich. „Das Burgfest ist ein Alleinstellungsmerkmal für Singen und hat große Tradition, aber die Kosten und der Aufwand sind einfach enorm“, so Frank.
Denn besonders die nötigen, aber umfangreichen Sicherheitsanforderungen machen die Veranstaltung nicht nur hinsichtlich Personal und Logistik aufwändig, sondern auch teuer. Es geht um rund 500.000 Euro pro Jahr.
Frank nennt Beispiele: Die Elemente für die große Bühne für die Konzerte des Hohentwielfestivals müssten für die Auftritt auf der Ruine einzeln verladen werden, um durch die Tunnel die zur Ruine führen zu kommen. „Oben muss dann alles händisch aufgebaut werden“, so Frank. Anders sehe dies bei den Konzerten aus, die dieses Jahr auf dem Rathausplatz stattfanden. „Dort fährt der Lastwagen rein und fährt die Bühne aus. Am Montagmorgen war alles schon abgebaut“, sagt Frank.

Hinzu kämen laut Frank, dass die Anforderungen des Regierungspräsidiums (RP) mit Blick auf Natur- und Denkmalschutz groß seien. Der KTS-Chef macht dies anhand der Fluchtwege deutlich, die extra für Hohentwiel- und Burgfest mit einer zusätzlichen Fluchttreppe geschaffen werden. „Für die Veranstaltungen brauchen wir eine Ausnahmeregelung vom RP. Einfach zu sagen, wir verkleinern die Feste, reicht da nicht aus“, so Frank.
Rathausplatz hat einige Vorteile
Denn die Ausnahmeregelungen würden in diesem Gebiet bereits bei Veranstaltungen mit einer Größe von 150 Personen greifen. In diesem Jahr zählten die Veranstalter alleine bei den vier Konzerten aus dem Singener Hausberg rund 15.000 Besucher. Frank betont im Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass die Rahmenbedingungen auf dem Rathausplatz für die Konzerte des Hohentwielfestivals gut seien: „Die Risiken sind viel geringer, die Leute kommen im Falle einer Evakuierung besser weg.“
Aber der KTS-Chef macht auch deutlich: An den Kosten liegt die Absage des Burgfestes nicht nur. Auch die Besucherzahlen seien in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Laut Frank seien im Jahr 2023 rund 7000 Gäste während des Burgfestes auf den Hontes gewandert. 2024 waren es lediglich 4000. „Vielen Besuchern ist der Aufstieg mittlerweile zu steil oder es ist zu dieser Jahreszeit einfach zu heiß. Vor allem ältere Hegauer entscheiden sich dann gegen einen Besuch“, macht Frank deutlich.
Auch bei den mitwirkenden Vereinen sei laut Frank ein Rückgang zu verzeichnen. „Der Aufwand ist auch für Vereine enorm. Hinzu kommt, dass vielen Vereinen auch die Helfer fehlen, um das alles stemmen zu können.“
Das sagen die Hegauer zur Absage
Bei vielen Hegauern sorgte die Nachricht, dass das Burgfest 2026 ganz ausfallen wird und die Konzerte des Hohentwielfestivals erneut auf dem Rathausplatz stattfinden werden, für ein gemischtes Stimmungsbild, wie eine Umfrage in der Singener Innenstadt zeigt. Für Sonja Erne aus Bohlingen sei es viel angenehmer, dass man nicht auf den Berg hoch müsse und die Anfahrt einfacher sei.
Irene und Winfried Bodenmüller aus Gaienhofen sehen dies anders: „Der Hohentwiel hat als Wahrzeichen Singens gerade den Reiz ausgemacht, war ne besondere Atmosphäre, unwahrscheinlich dass sie zu Konzerten auf dem Rathausplatz gehen werden.“ Deutlich pragmatischer sieht es Wolfgang Dellenbach aus Singen: „Wenn das die arme Stadt Singen finanziell entlastet – warum nicht?“
Bereits im Vorfeld des Hohentwielfestivals hatte die Verlegung auf den Rathausplatz für Kritik bei den Besuchern gesorgt. „Leider wird das nicht mehr der gleiche Zauber sein“, schreibt beispielsweise ein Nutzer im sozialen Netzwerk Facebook.
Auch für den Singener Gemeinderat ist die Absage des Burgfestes keine leichte Entscheidung. Regina Brütsch (SPD) blicke „mit Bauchweh und Wehmut“ auf diesen Entschluss. „Das Burgfest hat ein Alleinstellungsmerkmal. Es nochmal für ein Jahr auszusetzen sehen wir ein, aber das muss dann reichen“, machte die Stadträtin in der Sitzung deutlich. Auch Kirsten Brößke (FDP) sagt: „Das Flair der Burg kann nicht ersetzt werden. Es ist traurig, dass wir so entscheiden müssen, aber es geht nicht anders.“ Für Dirk Oehle (Neue Linie) ist es ein emotionales Thema. „Aber es nochmal auszusetzen, ist sicher der richtige Weg.“
Wie geht es nun weiter?
Roland Frank macht deutlich: Mit der Absage des Burgfestes 2026 und erneuten Verlegung des Hohentwielfestivals sei nicht das Ende der Symbiose eingeläutet. Das betont auch die Stadtverwaltung in ihrer Sitzungsvorlage: „Die Aussetzung im Jahr 2026 stellt ausdrücklich keine endgültige Einstellung der Veranstaltung in der Festungsruine Hohentwiel dar.“
Und auch der Veranstalter des Hohentwielfestivals Kokon hatte bereits am Wochenende zum Abschluss des diesjährigen Festivals erklärt, dass er bereit für 2026 ist – egal ob auf dem Berg oder Rathausplatz. Die Kontakte mit den Künstlern für das nächste Jahr seien bereits geknüpft, sagte Xhavit Hyseni als Geschäftsführer. Wer auf der Liste steht, könne er allerdings noch nicht verraten: „Die Verträge sind noch nicht unterzeichnet.“ Laut Roland Frank soll die erste Band allerdings in den kommenden Tagen verkündet werden.
Grünes Licht für eine mögliche Rückkehr auf den Hohentwiel gebe es laut Stadtverwaltung auch vom RP. Das Aussetzen der Veranstaltung habe keine Auswirkung auf künftige Genehmigungen, hieß es laut Sitzungsvorlage. Die Stadt gehe davon aus, dass dies ebenso für das Jahr 2026 gilt. „Eine entsprechende Bestätigung soll zeitnah eingeholt werden.“