Singen – Dass eine politikfaule Jugend der Vergangenheit angehört, ist längst nicht mehr umstritten. Und junge Menschen denken groß: Sie veranstalten weltweite Klimastreiks, wollen als Abgeordnete in den Bundestag oder in das Europaparlament. Wahlen auf kommunaler Ebene kommen oft zu kurz. Zwei Singner Erstwähler erläutern, wie wichtig die Oberbürgermeisterwahl für sie ist.
Abstimmen ab 16: Eine Besonderheit bei den Kommunalwahlen
Carla Takacs ist 15 Jahre alt und wohnt in Hausen an der Aach. Am 11. Juli darf sie erstmalig den Oberbürgermeister Singens wählen. „Ich werde auf jeden Fall zur Wahl gehen. Es ist wichtig für mich, meine politische Verantwortung wahrzunehmen und freue mich, Politik mitgestalten zu dürfen“, sagt sie. Außerdem sieht sie es als Privileg an, überhaupt wählen zu dürfen. In anderen Ländern sei dies keine Selbstverständlichkeit. Viele Menschen würden darum kämpfen, ihre politische Meinung überhaupt frei äußern zu dürfen, so Carla Takacs.
Das Lebensumfeld kann aktiv mitgestaltet werden
Jon-Lawrence Niklaus aus Singen ist derselben Meinung. Auch für den 16-Jährigen ist es selbstverständlich, den Oberbürgermeister der Stadt zu wählen. Gerade Wahlen auf kommunaler Ebene seien für ihn interessant: „Die Projekte und Ziele des Wahlsiegers sind dann im direkten Umfeld erkennbar“, sagt er. Auch könne man sich selbst, als junger Mensch, einfacher in der Kommunalpolitik engagieren und sein Lebensumfeld aktiv mitgestalten.
Für beide ist Politik ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. „Ob es nun Fahrradwege oder der Busfahrplan sind. Ich interessiere mich allgemein sehr für meine Mitmenschen und finde deshalb, dass aus Solidarität für diese ein gewisses Interesse an Politik vorhanden sein sollte“, so Carla Takacs. Ihre Freundesgruppe sei ebenfalls sehr politikinteressiert. Die Schülerin weiß, dass fast alle zur Wahl gehen werden. „Wir diskutieren oft über Politik. Da prallen gerne auch Meinungen aufeinander“, beschreibt sie. Doch grundsätzlich schätzt sie ihre Generation als sehr tolerant und offen gegenüber anderen politischen Auffassungen ein.

Außerhalb ihres Freundeskreises glaubt Carla Takacs aber, dass wenige Jugendliche zur Oberbürgermeisterwahl gehen werden. Auch Jon-Lawrence Niklaus findet es schade, dass Kommunalpolitik bei den meisten Jugendlichen wenig Interesse auslöst. Viele wüssten gar nicht, dass sie wählen dürfen, und andere glaubten, sie hätten Wichtigeres zu tun als zur Wahl zu gehen, so der 16-Jährige.
Den Singener Oberbürgermeister darf jeder deutsche Staatsbürger oder Unionsbürger ab 16 Jahren wählen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Wähler oder die Wählerin seit mindestens drei Monaten in Singen wohnt. Am Wahltag kann zwischen 8 und 18 Uhr im lokalen Wahlbüro gewählt werden. Es ist aber auch möglich, zuvor per Briefwahl eine Stimme abzugeben. Derzeit steht nur ein Kandidat zur Wahl: der seit 2013 amtierende Oberbürgermeister Bernd Häusler. Das ist der einzige kritische Punkt, den Carla Takacs an den Wahlen auszusetzen hat. „Bei der Wahl wird nur eine politische Meinung vertreten und zu einem Wahlkampf kommt es auch nicht“, bemängelt die 15-Jährige.
Umweltschutz spielt bei der Wahl eine große Rolle
Gäbe es mehrere Kandidaten, würde Takacs die Person wählen, die ihre eigenen Überzeugungen und Bedürfnisse am ehesten vertritt. Vor allem das Thema Umwelt liege ihr sehr am Herzen, denn in Singen und Umgebung sei es ihrer Meinung nach zum Teil sehr verschmutzt. „Da sehe ich auf alle Fälle Verbesserungspotenzial“, sagt sie.
Für Jon-Lawrence Niklaus sei es wichtig, dass der Oberbürgermeister zukünftig mehr auf die Interessen Jugendlicher eingehe. Außerdem seien Kriminalprävention, Umweltschutz und der Arbeits- und Ausbildungsmarkt Bereiche, die für ihn bei der Wahl von großer Bedeutung sind.