Es sieht tatsächlich so aus, als wäre es immer so gewesen: 5000 junge Rebpflanzen stehen auf einem Hektar in Reih und Glied am Berg unterhalb des Friedinger Schlösschens. Severin Denzel, gelernter Winzer und Mitbegründer der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) Hegau in Friedingen, hat sie pflanzen lassen und will am Schlosshof Wein anbauen.
Der Weinbau hat dort Tradition
Vor 100 Jahren habe es am Schlosshof Weinbau gegeben, berichtet Severin Denzel. Wein soll dort aber schon seit dem 11. Jahrhundert angebaut worden sein. Seit 1651 sei das Rebgut urkundlich erwähnt und bis Mitte der 1920er-Jahre soll es betrieben worden sein. Das alte Weinbaugebäude sei abgebrannt und deshalb kein Wein mehr angebaut worden.
Winzer will Weinbau-Tradition aufleben lassen
Diese Weinbau-Tradition will der Winzer wieder aufleben lassen. Er baut dort sogenannte Piwi-Rebsorten an. Das sind pilzwinderstandsfähige Sorten, die weniger bis gar keinen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bräuchten, erklärt er. „Wir haben viele Weine probiert, bis wir uns entschieden haben“, erklärt er. Angepflanzt habe er dort zwei weiße und zwei rote Rebsorten. Jetzt hofft er, dass der Anbau klappt. Bis 2026 rechnet er mit erstem Ertrag, 2027 könnte der Weinberg dann den vollen Ertrag bringen.
„Wenn man von Null startet, ist das erstmal eine Investition und drei Jahre Arbeit ohne Gewinn“, erklärt der Winzer. Er kann auf die Erfahrungen des Weinbergs in Bohlingen am Galgenberg zurückgreifen, wo er mit seinem Vater seit 2016 bereits 0,6 Hektar mit vier weißen Piwi-Rebsorten bewirtschaftet. Von diesem Weinberg werde derzeit der 2022er-Jahrgang abgefüllt.
Severin Denzel ist vor allem die naturnahe Bewirtschaftung wichtig. Es werde von Anfang an auf Pflanzenschutzmittel verzichtet und die meisten Arbeiten würden von Hand gemacht, um den Boden zu schonen. Neben einer vielfältigen Begrünung soll der Weinberg auch mit Schafen beweidet werden und er will Pflanzenextrakte statt Pflanzenschutzmittel einsetzen. Sie würden die Vielfalt der Mikrobiologie fördern und so den echten und falschen Mehltau verdrängen.
Er will Weine mit Charakter ausbauen
Die Weine würden als Naturweine dann in einer ehemaligen Garage in Friedingen ausgebaut. Sie würden sehr wenig, bis gar nicht geschwefelt und unfiltriert. „Ich will Weine mit einem starken Charakter, die nicht in eine Form gepresst und deren Reben nicht künstlich zu Höchstleistungen getrieben worden sind“, erklärt er. Es stecke viel Arbeit in einer Flasche Wein und diese sollte auch vom Verbraucher wertgeschätzt werden.
Der Weinbau soll das Angebot der Hegau Solawi ergänzen, in der zwei Jahre nach der Gründung 120 Anteilseigner den Betrieb finanzieren und Öko-Gemüse beziehen. Der Wachstum sichere nicht nur den Bestand der Solawi, sondern mache auch Anschaffungen, wie einen Traktor möglich. Neben einem Weinverkauf auf dem Schlosshof, kann sich Severin Denzel auch im Herbst eine Besenwirtschaft vorstellen.