Warum macht man eigentlich eine bestimmte Arbeit? Worin liegt der Sinn dieser Arbeit? Dass Fragen wie diese in der Arbeitswelt wichtiger werden, ist unter Fachleuten unumstritten. Das stellte zum Beispiel Arbeitsforscher Hans Rusinek fest, der an der Universität Hamburg arbeitet, Unternehmen berät und als Hauptredner beim Wirtschaftsforum in der Singener Stadthalle am Donnerstag, 3. April, zu Gast ist. Beim Vorgespräch zum Wirtschaftsforum merkte er an, dass Menschen kaum mit Geld allein zu motivieren seien. Ein Unternehmen müsse seine Mitarbeiter aus sich heraus motivieren – zum Beispiel dadurch, dass die Arbeit als sinnvoll empfunden wird.
In dieses Umfeld passt New Work – eines der zahllosen, in branchentypischem Denglisch gehaltenen Schlagworte, die die Zukunft der Arbeit umreißen sollen. Daniela Christen erklärt das Konzept in einem kompakten Satz: „Es geht darum, wie man zufrieden und gesund zusammenarbeiten kann.“ Christen ist Teamentwicklerin mit Sitz in Schaffhausen und beim Singener Wirtschaftsforum ebenfalls zu Gast. Sie bietet am Nachmittag Workshops an, in denen sie sich mit der Rolle von Führungskräften im Wandel der Arbeitswelt auseinandersetzt.
Die Frage nach dem Sinn hinter Arbeit sei inzwischen deutlich wichtiger geworden, sagt auch Daniela Christen: „Das hat Menschen schon immer beschäftigt. Aber jetzt sind wir in einer Situation, in der die Frage nach dem Sinn mehr zum Tragen kommt.“ Das liege unter anderem am demografischen Wandel. Viele Menschen aus der Generation Babyboomer gehen in den Ruhestand, „aber die Arbeit wird nicht weniger“, so Christen.
Unternehmen sind zu Veränderungen gezwungen
Das zwinge Unternehmen zu Veränderungen – auch im Umgang mit jüngeren Arbeitnehmern wie der Generation Z, deren Mitglieder grob gesagt zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. „Die Generation Z hat nicht unbedingt neue Bedürfnisse, aber sie ist in einer Situation, in der sie diese Bedürfnisse auch durchsetzen kann“, lautet die Diagnose von Daniela Christen. Beispielhaft gesagt: Flexiblere Arbeitszeiten haben sich wohl alle gewünscht. Doch wenn 20 andere den eigenen Job übernehmen könnten, tat man sich in der Vergangenheit schwer, entsprechend zu verhandeln. Doch heute haben weniger Bewerber mehr Spielraum.
Für Führungskräfte mache es das Geschäft nicht unbedingt leichter, wenn die Frage nach dem Sinn wichtiger wird, sagt die Teamentwicklerin. Denn die Sinnstiftung komme nun zu ihren vielen Aufgaben hinzu: „Dadurch kommen sehr individuelle Bedürfnisse dazu“, sagt sie. Die müsse eine Führungskraft individuell angehen. Was ist das Ziel eines Teams? Und sind alle Teammitglieder entsprechend ihrer Stärken eingebunden? Solche Fragen würden wichtiger.
Führung in einem Unternehmen werde so eher zu einer Spielart des Coachings als zum bloßen Sagen, was gemacht wird. Und damit werde die Kommunikation immer wichtiger. Also die Spezialisierung, aus der die studierte Kommunikationswissenschaftlerin Christen zur Teamentwicklung gekommen ist.
Präsenz allein ist nicht die Lösung
Die Zeiten, in denen ein – größtenteils männlicher – Chef sagte, was gemacht wird, und die Mitarbeiter das ausführten, dürften ohnehin bald vorbei sein, wenn es nach Daniela Christen geht. Als Beispiel führt sie an, dass viele Unternehmen ihre Mitarbeiter nach starren Prinzipien ins Büro zurückgeholt hätten. „Menschen brauchen andere Menschen, und was die teilweise Isolierung von Menschen in der Corona-Pandemie angerichtet hat, ist ja allen bekannt“, stellt sie klar.
Aber jedes Team müsse sich auch bewusst machen, was man in der gemeinsamen Präsenzzeit eigentlich erreichen und wofür man sie nutzen will – und warum es gut ist, wenn die Menschen auch physisch zusammenarbeiten. Damit alle den Sinn darin sehen und zufrieden und gesund arbeiten können.