Steißlingen Das Gasthaus Ochsen wurde 400 Jahre alt, der Ochsenwirt ist erst 54¦Jahre alt. Und doch stand Alfred Zwick als Ochsenwirt bei der Feier ebenso im Blickpunkt wie das historische Gasthaus in Steißlingen selbst. Musik werde im Gasthaus nur noch selten gespielt, bedauerte der Ochsenwirt in einem Interview im Vorfeld des Geburtstags, doch zur Feier spielten die Musiker auf seinen Wunsch groß auf. Die Alphornbläser eröffneten den musikalischen Reigen. Nach den Reden und Grußworten übernahm die Flotte Spätlese die Unterhaltung der Gäste, hunterte waren gekommen. Die warmen Jacken mit dem Logo kamen zwar rechtzeitig zum Auftritt, doch gebraucht hat es sie nicht unbedingt, denn der Wettergott hatte Einsicht mit der munteren Feierschar.

Und so wurden 400 Jahre Ochsen weder in dem historischen Herrentorkel noch im Gasthaus gefeiert, sondern auf der Gass‘. Denn für die hunderte von Gästen wurden eigens auf der Schulstraße Biergarnituren aufgestellt und diese waren bestens besucht. Alfred Zwick hatte mit 450 Gästen gerechnet, die waren es sicher. Was Alfred Zwick so alles leistet, ließ die stellvertretende Ortsvorsteherin von Wiechs, Franziska Zimmermann durchblicken. Denn sie hatte nicht nur eine Luftbildaufnahme von Steißlingens schönstem Ortsteil dabei, welches der Ortsvorsteher Alexander Fuchs selbst gemacht hatte. Sie brachte auch das gesundheitsfördernde Hexenwasser für Wirt, Bedienungen und Koch mit – also in Personalunion drei Hexenwasser für Alfred Zwick. Der an diesem Tag nur Ochsenwirt war, Motorsportclub und Metzgerei Rimmele verwöhnten die Gäste. So hatte er nicht nur Zeit für die vielen Gäste und eine Rede über die Historie des Gasthauses, er sang auch mit den Gesangvereinen Volkertshausen und Eigeltingen mit. Denn der Chorgesang liegt ihm ebenso am Herzen, wie die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), die Pfadfinder der Birnau und der Gemeinderat von Steißlingen.

Rund um das Jubiläum hätten ihn drei Dinge überrascht, erklärte Alfred Zwick. Ein älteres Ehepaar habe ihm ein Gedicht geschrieben, weil es beim Jubiläum nicht anwesend sein konnte. Eine ehemalige Angehörige der Gemeindeverwaltung habe eine wundervolle Jubiläumstorte überreicht. Und am Morgen der Jubiläumsfeier habe sich ein Steißlinger bei ihm gemeldet, der ihm ein Foto der urkundlichen Erwähnung zugeschickt hat, die er so lange gesucht hatte.

In seinem Rückblick auf die Geschichte des Gasthauses merkte man ebenso die tiefe Verbindung der Steißlinger mit dem Gasthaus wie der Veränderungen der Gesellschaft im Lauf der Zeit. Bürgermeister Benjamin Mors griff diese Tatsachen in seinem Grußwort auf: „400 Jahre, das ist eine beeindruckende Zahl.“ Er berichtete, damals habe es drei Gasthäuser gegeben, 180¦Häuser und 1500 bis 2000¦Einwohner. „Es war die Zeit des 30-jährigen Kriegs und bei der Pestepidemie sind rund 1000 Menschen gestorben.“ Damals habe es keinen Strom, kein Internet mit Streamingdiensten und sozialen Medien gegeben, die Dorfwirtschaft sei der Treffpunkt gewesen. „Wie wichtig das Beisammensein auch in der heutigen Zeit noch ist, zeigen sie alle mit ihrem heutigen Besuch. Und zudem ist der Ochsen ein gepflegtes historisches Gebäude, welches das Ortsbild prägt. Der Erhalt des Gebäudes sowie der Erhalt der Tradition einer Dorfgaststätte ist heute nicht selbstverständlich.“

Weniger Twitter, mehr Stammtisch

Andreas Jung kam als Abgeordneter des Bundestages etwas später. Doch er betonte bei Veranstaltungen im Vorfeld mehrfach, wie wichtig die Dorfgaststätten auch in der heutigen Zeit noch sind. Auch der Innenminister Thüringens richtete ein Grußwort an die Anwesenden. Georg Maier konnte beweisen, dass er sogar mit Alfred Zwick verwandt ist, und auch seine Familie einmal einen Ochsenwirt stellte. „Dieser war Ochsenwirt und Chirurg. Am Stammtisch gab es die Betäubung und im Hinterzimmer wurden meist zahnärztliche Eingriffe gemacht“, berichtete er. Er selbst habe aus seiner Jugend viele schöne Erinnerungen aus dem Ochsen. „Wir brauchen weniger Twitter und mehr Stammtisch, mehr Sozialkontakte und weniger soziale Medien.“ Seinem Schlusswort „Bleib wie du bist lieber Alfred, du bist eine Institution“, schlossen sich wohl alle Besucher gerne an.