Die Linde soll wieder zum Hotelstandort werden: Das wollen Stadtverwaltung und Gemeinderat erreichen. Im Entwurf des Bebauungsplans für die Goethestraße (siehe Kasten) ist das Grundstück des früheren Hotels, das derzeit als Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises für Flüchtlinge dient, als Sondergebiet Hotel eingetragen.
Doch bis es so weit ist, können noch einige Jahre vergehen. Denn zunächst möchte die Stadt das Landratsamt als Mieter der früheren Linde vorzeitig ablösen. Wie Bürgermeister Rainer Stolz in der jüngsten Ratssitzung erklärte, habe das Gremium in nichtöffentlicher Sitzung zugestimmt, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen. Dieser Vertrag soll mit der Eigentümerfamilie Birkenmayer geschlossen werden und ab dem Jahreswechsel gelten, so Stolz auf Anfrage.
Hintergrund ist, dass die Stadt ihre Gebäude mit Mietwohnungen und Quartieren für Obdachlose in der Albert-Schweizer- und der Robert-Koch-Straße abreißen und neu errichten will. Die neue Liegenschaft könne helfen, Ersatzwohnraum zur Verfügung zu stellen, so Stolz. Der Bewohnerwechsel solle Stück für Stück erfolgen.
Daniel Birkenmayer als Mitglied der Eigentümerfamilie bestätigt, dass die Familie das Gebäude an die Stadt vermieten würde. Die Familie lasse das umfangreiche Dokument, dessen Laufzeit er mit sieben Jahren angibt, derzeit noch prüfen. Die Birkenmayers selbst hätten auf dem Grundstück 80 gerne barrierefreie Wohnungen errichten wollen, sagt er. Doch die Investoren seien nun abgesprungen – auch aufgrund einer Veränderungssperre, die der Gemeinderat für die Erstellung des Bebauungsplans verhängt hat.
Und Birkenmayer, selbst studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Hotelmanagement und als Berater in der Branche aktiv, wirft die Frage auf, wie sinnvoll ein Hotel an diesem Standort sein kann. Nach seiner Einschätzung werde ein möglicher Investor dort ein modernes Haus errichten, das mit möglichst wenig Personal auskommt. Das könnte den beiden verbliebenen Hotels das Wasser abgraben, warnt Birkenmayer.
Bei deren Betreibern lösen die städtischen Pläne aber offenbar keine Sorgenfalten in Bezug auf das eigene Geschäft aus. Bernd Meßmer vom Hotel Fortuna sagt etwa, dass sich die Familie keine Sorgen um die Existenz mache. Mit den Plänen habe man sich zudem noch nicht sehr intensiv auseinandergesetzt.
Kritik an dem, was kommen könnte
Auch Philipp Gassner vom Hotel Goldener Ochsen gibt zu Protokoll, dass ihm die Idee, anstelle der Linde wieder ein Hotel anzusiedeln, keine Existenzsorgen bereitet. Er geht, ähnlich wie Birkenmayer, davon aus, dass ein möglicher neuer Betrieb "ambitionslose Gastronomie" bringen werde. Und er beklagt: "Attraktivitätssteigerung bringt das nicht." Da wäre eine Jugendherberge besser, denn diese seien bundesweit organisiert und Stockach wäre dort präsent.
Der Gemeinderat hat dem Bebauungsplanentwurf einstimmig zugestimmt. Nun geht dieser in die frühzeitige Anhörung, in der Bürger und Träger öffentlicher Belange Vorschläge und Bedenken vorbringen können.
Der Bebauungsplan
Der Plan gilt für die Goethestraße vom Schiesser-Knoten bis zum Linde-Kreisel. Vorgesehen sind nun Gebäude als "Landmarken" auf der Seite der Bahnlinie, wie es Stadtplaner Axel Philipp vom Büro Gfrörer aus Überlingen nannte. Der Plan regelt auch eine Bebauung des Post-Gebäudes, das nun nicht mehr dem Unternehmen gehört. Roland Fiedler (Freie Wähler) setzte sich mit seinem Wunsch, das oberste Geschoss der Gebäude stellenweise zurückzusetzen und keine 15 Meter hohen Gebäude zuzulassen, nicht durch. Den Fernmeldemast wegzubekommen, dürfte sehr schwer werden, sagte Bürgermeister Rainer Stolz auf Anfrage von Thomas Warndorf (SPD). Der Mast sei ein eingetragenes Recht.