Stephan Freißmann und Benjamin Brumm

Christin Löhner will Oberbürgermeisterin in Konstanz werden. Ihre Kandidatur hat sie zunächst über soziale Medien bekannt gegeben. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER bestätigt die Frau mit transsexueller Vergangenheit ihr Ansinnen. Sie trete als Kandidatin der Partei Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz an. „Das ist definitiv ernst gemeint“, sagt sie, „das ist keine Scherz-Kandidatur.“

Sie wurde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als sie und ihre heutige Frau als erste gleichgeschlechtliche Transsexuelle in Baden-Württemberg geheiratet haben (siehe Kasten). Das Paar lebt in Stockach. Nun will Christin Löhner also auch politisch aktiv werden. Als Mitglied der Partei übernehme sie laut eigener Aussage den Bereich Menschenrechte und setze sich für queere Menschen und die Rechte der LGBTQ-Bewegung ein.

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Wie kommt jemand aus Stockach dazu, ausgerechnet in Konstanz OB werden zu wollen? „Das ist eine Aufgabe, die ihresgleichen sucht“, gibt auch Löhner im Gespräch zu: „Aber ich traue mir das zu.“ Mit Gegenwind rechne sie freilich. Das politische Interesse und den Wunsch, Dinge zu gestalten, habe es schon länger bei ihr gegeben, sagt Löhner im Gespräch. Vor einiger Zeit sei dann der Entschluss gereift, als OB in Konstanz zu kandidieren. Denn: „Das ist eine Möglichkeit, Leuten zu helfen.“ Und zwar nicht nur „Mitbetroffenen“, wie sie es formuliert, sondern allen.

Auch wenn ihr Wohnsitz in Stockach ist, sei sie viel in Konstanz tätig. Sie ist Gründerin und Vorsitzende des Vereins Trans-SHG Hegau und berät Menschen zu Transsexualität und Transgender – schwerpunktmäßig in Konstanz, so Löhner. „Dort ist meine Szene“, sagt sie. In Konstanz organisiert sie außerdem die alle zwei Jahre stattfindende Parade zum Christopher-Street-Day mit. Über die Konstanzer Kommunalpolitik habe sie sich im Vorfeld ihrer Ankündigung gründlich orientiert. Mit dem Jungen Forum Konstanz sei sie im Kontakt und bezeichnet sich politisch als eher linksstehend.

Christin Löhner (rechts) gemeinsam mit dem Vorstand der Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz Josef Fassl (links), ihrer ...
Christin Löhner (rechts) gemeinsam mit dem Vorstand der Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz Josef Fassl (links), ihrer Frau Michelle (Zweite von links) und Julia Parth, eine Freundin der Löhners. | Bild: privat

Auf die Frage, warum Konstanz einen neuen Oberbürgermeister benötigt, sagt Löhner: „Ich habe mich zuletzt viel bei Bürgern umgehört und von ihrem Unmut über die Politik und Missstände in Konstanz erfahren.“ So habe sich Uli Burchardt laut Löhner in vielen Dingen über den Gemeinderat hinweg gesetzt, was am Ende zu Fehlentscheidungen geführt habe. Als wichtige kommunalpolitische Themen nennt sie im Gespräch etwa die Probleme beim Bodensee-Forum, das Verkehrskonzept oder die Ganztagsbetreuung von Kindern.

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Allzu kleine Chancen rechne sie sich bei der Wahl nicht aus, gibt sich Löhner selbstbewusst. Doch trotz des breiten Spektrums an Themen dürfte sie es im Konstanzer Wahlkampf schwer haben. Denn sie tritt nicht nur gegen den amtierenden Oberbürgermeister Uli Burchardt an.

Derzeit soll ein Bündnis der Gemeinderatsfraktionen aus Freier Grünen Liste, Jungem Forum Konstanz, Linker Liste und SPD an der Suche nach einem schlagkräftigen Gegenkandidaten zu Burchardt arbeiten. Und wirklich amtlich ist ohnehin noch nichts. Eine offizielle Bewerbung für die Kandidatur sei erst im März 2020 möglich, sagt Christin Löhner. Bis dahin habe sie aber auch noch einiges vor – zum Beispiel die notwendigen Unterstützer-Unterschriften zu sammeln.