Die Goethestraße ist eine der entscheidenden Durchgangsstraßen in Stockach. Sie verbindet die Nord-Süd-Achse aus Radolfzeller-, Heinrich Fahr- und Meßkircher Straße im Westen mit dem Weg nach Ludwigshafen und Pfullendorf im Osten der Stadt. Entsprechend viele Autos und Lastwagen nutzen diesen Weg, der Teil der Bundesstraße 31 ist, jeden Tag – und entsprechend bekannt ist die Straße.
Im vergangenen Sommer hat der Gemeinderat beschlossen, für das Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen, da verschiedene Immobilienbesitzer Pläne mit ihren Liegenschaften hatten (siehe Kasten). Stadtverwaltung und Gemeinderat wollen die Entwicklung in geordnete Bahnen lenken. Nun hat Axel Philipp vom Büro Gfrörer aus Überlingen im Gemeinderat eine Rahmenplanung vorgestellt, die als Grundlage für den Bebauungsplan dienen soll. Klar wurde dabei: Aus der Sicht des Stadtplaners hat die Goethestraße einige Defizite. Philipp wies zum Beispiel auf mehrere Gebäude hin, die ihre besten Zeiten hinter sich haben. In Richtung Bahnübergang an der Schiesserkreuzung sehe der Straßenzug wenig einladend aus, es gebe insgesamt wenig Grün, die Kreuzungsbereiche seien zu groß, die Zufahrt zum Parkplatz neben dem Telekom-Gebäude sei zu eng und die Zizenhauser Aach sei gut versteckt, zählte Philipp auf. Außerdem bleibe auf den Randstreifen für Fußgänger und Radfahrer nur wenig Platz.

Philipp präsentierte einen Entwurf, der all diese Punkte ändern soll. Darauf ist ein Ensemble zu sehen, das den Straßenraum gliedern soll. Klare Raumkanten heißt das dann im Planerdeutsch. Fuß- und Radweg sollen demzufolge baulich von der Fahrbahn für Autos getrennt werden, was nicht nur die Sicherheit erhöhen soll. In den entstehenden Zwischenstreifen könne man zudem für Begrünung sorgen. Die Zizenhauser Aach solle man "herausarbeiten und erlebbar machen", so Philipp, und den Trampelpfad entlang der Bahn, der über städtischen Grund verläuft, anständig gestalten. Den Parkplatz solle man beibehalten, nur die Zufahrt eventuell anders gestalten und ihn möglicherweise durch ein begrüntes Parkdeck ergänzen. In Richtung Bahnübergang schlägt er zwei Bürogebäude als Landmarken vor.
Auch zwei prominente Gebäude in der Goethestraße, das frühere Hotel Linde und das Telekom-Gebäude, kommen in Philipps Ideen vor. Anstelle des Telekom-Gebäudes steht in seinem Entwurf ein mehrstöckiges Gebäude für Wohnen und Dienstleistung – Höhe noch unbestimmt. Hugo Gimber, Pressesprecher der Post, bestätigt auf Anfrage indes nur, dass der derzeitige Zustellstützpunkt gemietet sei. Der Vertrag sei unbefristet und von keiner Seite gekündigt, so Gimber weiter. Wo heute die Linde steht, verzeichnet Philipps Entwurf ein neues Hotel. Entsprechende Pläne gebe es bei der Eigentümerfamilie allerdings nicht, sagt Daniel Birkenmayer, der selbst zur Familie gehört. Der Mietvertrag mit dem Landratsamt über die Unterbringung von Flüchtlingen im früheren Hoteltrakt laufe noch bis 2020, so Birkenmayer, und solle erfüllt werden. Ansonsten müsse man den Bebauungsplan abwarten.
Bürgermeister Rainer Stolz betonte, dass es sich bei Philipps Entwürfen zunächst um einen Wunsch handle, dass die Grundzüge aus Sicht der Stadtverwaltung allerdings tragbar seien. Er hob den Zugewinn hervor, den Fußgänger und Radfahrer von der Umgestaltung hätten. Martin Bosch fragte, ob man ein mögliches Parkdeck auch mit Wohnraum aufstocken könnte – ähnlich wie es Supermarktketten planen, die teilweise Wohnungen auf ihren Märkten anbieten wollen. So etwas könne man im Bebauungsplan festlegen, sagte Stolz. Die Gemeinderäte hat das Konzept offenbar überzeugt. Sie entschieden einstimmig, es zur Grundlage für den Bebauungsplan zu machen.
Die Vorgeschichte
Der Anlass für die Aufstellung eines Bebauungsplans in der Goethestraße waren verschiedene neue Nutzungen für Gebäude, die sich laut den damaligen Sitzungsunterlagen abzeichneten. Einerseits war demnach das Telekom-Gebäude bereits im Privatbesitz. Eine Umnutzung stehe in Aussicht, hieß es damals von der Verwaltung. Andererseits lag ein Baugesuch vor, demzufolge das frühere Hotel Linde durch eine Anlage für betreutes Wohnen ersetzt werden sollte. Dieses Baugesuch wurde unter Verweis auf den angestrebten Bebauungsplan zurückgestellt. (eph)