Es gibt Unternehmen, da sind Betrieb und Inhaber kaum voneinander zu unterscheiden, so eng ist beides miteinander verwoben. Die Seilerei Muffler in Stockach ist so ein Unternehmen. Wer sich ein wenig mit Seiler Bernhard Muffler über sein Geschäft unterhält, bekommt den Eindruck: Hier lebt einer seinen Beruf – und das bereits in der vierten Generation, in der das Unternehmen, das dieses Jahr 140 Jahre alt wird, im Familienbesitz ist.

Der Bedarf an Seilen ist riesig

Dabei sei es für ihn, das jüngste von vier Kindern, nicht unbedingt ausgemacht gewesen, den elterlichen Betrieb zu übernehmen, erzählt Muffler rückblickend. Dass er, eines von vier Geschwistern, die Seilerei weiterführt, sei zwar der Wunsch seiner Eltern gewesen. Doch die hätten hauptsächlich für die Landwirtschaft produziert, wo der Bedarf um diese Zeit zurückgegangen sei, so Muffler – eine schwierige wirtschaftliche Perspektive. Und: "Pfarrer, Lehrer, Geschwister – alle hatten eine Meinung, was ich beruflich machen sollte" – und zwar jeweils eine andere. Doch er habe schon immer Spaß an Spielereien mit Tauwerk, in der Szene bekannt als Fancywork, gehabt – eine gewisse Liebe zum Handwerk rund ums Seil sei also schon da gewesen. Er habe dann einfach mal die Lehre im Betrieb seines Vaters begonnen und danach für einige Jahre in der Drahtseil- und Tauwerkindustrie gearbeitet, sagt Muffler – für ihn die Initialzündung dafür, die Stockacher Seilerei weiterzuführen, und eine Zeit, auf die auch die Neuausrichtung des Unternehmens zurückgeht. Denn in der Industrie habe er gesehen, dass es einen Riesenbedarf an Seilen gebe.

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Schon 1983 habe sein Vater auf sein Drängen hin am alten Standort der Seilerei, an der Stockacher Kirchhalde, eine neue Halle gebaut. Und ein Jahr später habe sich dann die Möglichkeit geboten, diese Halle zu füllen. Muffler kaufte zwei gebrauchte Maschinen für die Seilfertigung – gegen den Willen der Eltern und vom eigenen Ersparten. "Das begründete die industrielle Ausrichtung der Seilerei", sagt Muffler rückblickend. Sein Vater habe sich im Laufe der Zeit damit übrigens angefreundet, schiebt er noch hinterher.

Technik bringt Vor- und Nachteile

Der Vorteil der Maschinen: Plötzlich konnte man 2000 Meter lange Seile herstellen, die auf einer Spule aufgerollt wurden. Zuvor hat man eine Seilerbahn genutzt, die hinter dem Haus an der Kirchhalde in Richtung des Trafo-Häuschens am Stadtwall verlief. Der Nachteil dabei: Ein Seil konnte höchstens so lang werden wie die Seilerbahn. Die gibt es übrigens noch, erzählt Bernhard Muffler. Und eines seiner nächsten Projekte sei, die Seilerbahn in das bestehende Museum einzubeziehen. Das gibt es seit 2016 und hat keine festen Öffnungszeiten. Angemeldete Gruppen können in der früheren Fertigung der Seilerei das Handwerk erleben.

Glückliche Fügungen

Nachdem er 1989 das elterliche Unternehmen übernommen hatte, hätten mehrere glückliche Fügungen die Entwicklung bestimmt – Aufträge, die das Unternehmen vorangebracht hätten, der Einkauf von günstigen gebrauchten Maschinen oder auch der erste Lehrling. Der sei im Jahr 2000 ins Unternehmen gekommen und inzwischen, als Meister, der wichtigste Mitarbeiter, sagt Muffler.

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Und ein wichtiger Schritt für die Stockacher Seilerei war natürlich auch der Umzug ins Gewerbegebiet Blumhof. Dort eröffnete im Herbst 2008 die Produktionshalle, das Ladengeschäft zog 2010 aus dem Seilerhaus an der Kirchhalde nach. "Ich wollte schon immer in den Blumhof, denn dort fährt meine Zielgruppe vorbei", erzählt Muffler. Gemeint sind damit Segler und Wassersportler, die eine große Abnehmergruppe für die Seilerei sind. Und diese hätten eben auch den Verkauf an der Stelle des Betriebs erwartet.

Keine Fasnacht ohne Karbatschen

Eine weitere Kundengruppe sind Fasnachter in der ganzen Region, denn die Seilerei stellt auch Karbatschen her. "Dabei leben wir das traditionelle Handwerk aus", erzählt Muffler. Für die Karbatschen müsse man konische Hanffäden selber spinnen, und zwar aus dem Schurz im Rückwärtsgehen. Mitte Oktober müsse man damit beginnen, damit die Peitschen bis zur Fasnacht fertig sind. Das traditionelle Handwerk mache zwar großen Spaß, doch ohne die industrielle Fertigung könne man den Betrieb nicht aufrecht erhalten.

Seit 2016 gibt es das Seilermuseum

Im Seilerhaus, das in exponierter Lage zwischen Unter- und Oberstadt in Stockach liegt, lebt die Familie nach wie vor. 2014 eröffnete im früheren Ladengeschäft das Seilerhaus-Café und 2016 eben das Museum. Beim Café steht im Sommer ein Pächterwechsel bevor – Interessenten kämen aus ganz Deutschland, erzählt Muffler, bis Ende März soll die Entscheidung fallen.

Die Zukunft im Betrieb

Und wie sieht es mit der Zukunft des Betriebes aus? Bernhard und Angelika Muffler haben fünf Kinder – und die Zeichen stehen gut, dass die Seilerei weiter in Familienhand bleibt, sagt Bernhard Muffler. Die zweitjüngste Tochter Sophie schließe demnächst eine erste Lehre als Konditorin ab. Und beginne danach im Familienbetrieb die zweite Lehre – zur Seilerin. "Mal schauen, was daraus wird", sagt der Vater.

Wer die Stockacher Seilerei näher kennenlernen möchte, hat bei einem Tag der offenen Tür zum 140-jährigen Bestehen Gelegenheit dazu. Dieser findet am Wochenende 30. und 31. März statt, geöffnet ist von 11 bis 17 Uhr