Wie läuft der Betrieb in Arztpraxen in diesen Tagen? Und was, wenn Mundschutzmasken fehlen? Arztpraxen, welche in der Corona-Krise zusammen mit den Krankenhäusern im zentralen Fokus des Geschehens stehen, lassen besondere Vorsichtsmaßnahmen walten, um den Praxisbetrieb für alle Beteiligten – Patienten, Mitarbeiter und Ärzte – verlässlich weiter laufen lassen zu können. Das hat eine Umfrage bei Ärzten im Raum Stockach ergeben.
Vor dem Arztbesuch bitte anrufen
Niemand, der einen Verdacht auf eine Corona-Erkrankung hat, darf eine Praxis betreten. „Rufen Sie auf jeden Fall im Krankheitsfall in der Praxis an. Der Arzt entscheidet, wer in die Praxis kommen sollte und wer nicht“, bittet Michael Ritter, Kardiologe aus Stockach. Würde ein Verdachtsfall die Praxis einfach betreten und dann positiv getestet werden, so würde dies die Schließung der Praxis für mindestens zwei Wochen bedeuten. Das wolle man so gut es geht vermeiden, da sonst die ärztliche Versorgung nicht mehr gewährleistet sei.
Weitere Vorsichtsmaßnahmen in den Praxen sind Desinfektionsmittel, Möglichkeiten zum Händewaschen, Abstandshalter am Boden oder Plexiglasscheiben am Empfang. Patienten warten so zum Beispiel in der Arztpraxis Ritter/Gaschler/Bösing in Stockach mit großem Abstand zueinander zunächst vor der Türe und werden dann einzeln hereingerufen und auch mit großem Abstand zueinander im Wartezimmer positioniert. Rezepte können telefonisch bestellt und am nächsten Tag vor der Türe in Empfang genommen werden. Wichtige Routineuntersuchungen, zum Beispiel für Herzpatienten, Diabetiker oder andere finden statt.

Eine besondere Baumaßnahme hat Allgemeinarzt Marc Nagel in seinem Praxisgebäude in Liggersdorf in der Gemeinde Hohenfels vorgenommen: Er baute am vergangenen Wochenende in einer spontanen Hau-Ruck-Aktion im Keller einen „Praxisbunker“ ein, dort werden Patienten mit Coronaverdacht oder Fiebersymptomen untersucht. „Die Verdachtspatienten haben einen eigenen Eingang und kommen mit den gesunden Patienten nicht in Kontakt. Der Behandler trägt komplette Schutzkleidung, die er in einer Schleuse anlegt und kann im Behandlungsraum einen Abstrich machen“, erklärt Marc Nagel. Für die anderen Patienten sei ein zusätzlicher Ausgang gebaut worden, so dass niemand aneinander vorbeilaufen müsse. Dafür mussten im Garten für einen neuen Kiesweg sogar Büsche weichen.
Überall fehlt es an Atemschutzmasken
In allen Praxen und Krankenhäusern ist das Fehlen von Schutzkleidung ein riesiges Problem. Atemschutzmasken mit entsprechender Klassifizierung seien absolute Mangelware. Da ist Solidarität und Eigeninitiative gefragt: So erhielt die HNO-Praxis Gabriele Haibt-Lüttke von einer Firma eine Spende mit mehreren hundert Masken zur Weitergabe an andere Arztpraxen. Das Krankenhaus erhielt aus derselben Quelle eine Spende. Die Hausarztpraxis Nagel bekam Masken von einer Schreinerei gespendet. „Handwerksbetriebe, die noch Masken im Lager haben, sollten schauen, ob sie etwas davon entbehren und an Arztpraxen spenden können“, bittet Allgemeinarzt Marc Nagel.

Als besonderes Problem stellt sich das Fehlen von Schutzmasken in einer Zahnarztpraxis dar. „Wir können uns nicht so schützen, wie wir wollen“, beklagt Béla Zizmann, Zahnarzt aus Nenzingen, die fehlende Ausrüstung. Zizmann kritisiert zudem, dass die Zahnärzte insgesamt in den politischen Überlegungen wenig bis gar nicht berücksichtigt werden. „Danke, Herr Spahn. Wir hängen an vorderster Stelle – nämlich 30 Zentimeter über dem Mund des Patienten und das ohne Schutz.“

Einig sind sich alle Ärzte, dass die Stimmungsmache von gewissen Personen in den sozialen Netzwerken für ihre Arbeit nicht förderlich sei: „Hören Sie auf das Robert-Koch-Institut und die Wissenschaft, nicht auf irgendwelche Influencer„, mahnt Arzt Frank Gaschler aus Stockach. „Dann verhalten Sie sich richtig. Angst ist immer ein schlechter Berater.“
SK verbindet
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