Immer wieder hört man Menschen schimpfen: Die Bürokratie nehme immer größere Ausmaße an und die Messlatte für Vereine, Veranstaltungen oder Bauten genehmigen zu lassen, liege immer höher. Ist das tatsächlich so? Sind Vereine auf das Wohlwollen des Ordnungsamtes oder anderer städtischer Behörden angewiesen und wenn ja: Wo würden sie sich Erleichterungen wünschen? Zwei Vereine, die jährlich große Feste ausrichten, schildern ihre Erfahrungen.
Die Bohlinger Sichelhenke hat eine lange Tradition. In diesem Jahr fand das viertägige Heimatfest, das Jahr für Jahr Tausende Besucher anzieht, bereits zum 63. Mal statt. Bei der Gestaltung des Festes wechseln sich der örtliche Sportverein und Musikverein ab. Die Veranstaltungen werden wetterunabhängig in einem geräumigen, liebevoll dekorierten Festzelt abgehalten. Seit Kurzem steht nun das dringend benötigte Lagergebäude.
„Neubau und Planung liefen problemlos“
Alexander Klaiber, Vorsitzender des Sportvereins Bohlingen, erinnert sich an die Gespräche und Kontakte mit verschiedenen Stellen im Rathaus, die es im Vorfeld der Entscheidung für dieses Gebäude brauchte. Im Rückblick findet er nur lobende Worte: „Die Stadt Singen war sehr kooperativ. Neubau und Planung liefen problemlos. Wir waren stets eng eingebunden und sind der Stadt sehr dankbar, durch die großzügige finanzielle Hilfe unser bewährtes Heimatfest auch in Zukunft durchführen zu können. Wir durften uns immer einbringen und es ist so geworden wie von uns gewünscht. Alles ist wunderbar gelaufen.“

Bisher musste die gesamte Ausstattung der Vereine, die für die Ausrichtung der Sichelhenke benötigt wurde, auf verschiedene Lagerhallen und Garagen verteilt aufbewahrt und zum Festbetrieb mühsam aufs Festgelände transportiert werden. Das Lagergebäude am östlichen Ende des Festplatzes gegenüber dem Reitstall bedeutet für die veranstaltenden Vereine eine große Verbesserung. Dank der breiten Roll-Tore können selbst große Gegenstände mit Hilfe eines Staplers gut hinein- und herausgefahren und unterjährig bequem gelagert werden.
Tipps für Feste und den Vorstand
Neues Gebäude hat eine Doppelfunktion
Während der Sichelhenke fungiert das Gebäude als Festzelt-Anbau, in dem eine Vesperstube, sowie die Küche und Getränke-Ausgabe für den Festbetrieb untergebracht sind. Hierfür wurden ebenfalls die erforderlichen Strom- und Wasserinstallationen integriert. Die notwendigen Arbeiten wurden ehrenamtlich von Bohlinger Vereinen umgesetzt.
Im Rahmen der Organisation der Sichelhenke gebe es relativ wenig Behördenkontakt, erklärt Alexander Klaiber weiter. „Die wichtigsten Punkte, die für die Fest-Durchführung anfallen und mit der Stadt Singen besprochen oder genehmigt werden müssen, sind die Zeltabnahme, die Einrichtung von Absperrungen und Parkverbotszonen sowie die Erteilung der Schankerlaubnis.“ Mit der Polizei gehe es dann noch um die Festlegung und Abstimmung des Sicherheitskonzepts.

Aufgrund der langjährigen Erfahrung mit der Organisation der Sichelhenke werden laut Alexander Klaiber viele Punkte in der fast einjährigen Fest-Vorbereitung routiniert abgearbeitet. Er betont: „Enorm hilfreich sind hier besonders auch langjährige Vorstands- und Vereinsmitglieder, die diesen Prozess bereits mehrfach begleitet und durchgeführt haben.“ Für den Sportverein Bohlingen übernimmt der stellvertretende Vorsitzende Stefan Dunaiski federführend den Punkt der Behördenkommunikation bei der Organisation der Sichelhenke.
Kampf mit Hindernissen beim Narrengericht
Auch in Stockach wird traditionell gefeiert. Besonders tut sich dabei das Stockacher Narrengericht hervor. Narrenrichter Jürgen Koterzyna erzählt, dass der Verein regelmäßig mit dem Thema Bürokratie zu tun hat. Wobei er deutlich zwischen bürokratischen Hürden und der guten Zusammenarbeit mit den Ämtern und Behörden der Stadt Stockach und des Landkreises Konstanz unterscheiden wolle.
Das größte Bürokratie-Hemmnis seien die Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die dem Verein einen deutlichen Mehraufwand in der Mitgliederverwaltung und im digitalen Auftritt bereiteten. Durch die Verunsicherung in Bezug auf die DSGVO habe man beispielsweise das Informationsangebot der Webseite stark eingeschränkt oder ganz eingestellt.
Im Rahmen von Veranstaltungen sei die Zusammenarbeit mit den Ämtern und Behörden inklusive des Ordnungsamtes sehr gut und vertrauensvoll. Jürgen Koterzyna betont: „Dies ist ein hohes Gut und wirklich wichtig. Trotz zahlreicher Auflagen, Beschränkungen und Regularien funktionieren unsere routinierten Abläufe rund um unsere Fasnacht.“
Absprachen mit Behörden klappen gut
Umzüge müssen beantragt, Straßen und Plätze abgesperrt und durch Polizei, Feuerwehren und die Technischen Dienste gesichert werden. „Das klappt hervorragend, da wir auch mit den Behörden ein eingespieltes Team sind. Auch deshalb, weil die Behörden und Ämter wissen, dass wir vernünftige und besonnene Leute wie Helmut Lempp, Martin Bosch, Michael Zehnle und Michael Kempter in unseren Reihen haben“, so Koterzyna lobend.
Insbesondere am Schmotzigen Dunschtig, wenn prominente Bundespolitiker nach Stockach kommen, sei das besonders wichtig. Aber das gelte auch beim Hemedglonkervubrennen oder beim Kinderumzug. „Alles wird jährlich aufs Neue besprochen und abgestimmt. Das ist auch in unserem eigenen Sicherheitsinteresse und daher selbstverständlich“, sagt der Narrenrichter.
„Unsere Verwaltung ist keine Verhinderungsbehörde“
Gleiches gilt bei den Saalveranstaltungen. Von Schankerlaubnis, Sperrzeiten, Sicherheitskonzept bis zur Reinigung wird alles auf Augenhöhe besprochen und vereinbart, wie Carsten Tilsner, Leiter des Ordnungsamts, bestätigt. Jürgen Koterzyna fügt noch an: „Auch wenn uns zum Beispiel hohe Kosten für die Security schmerzen, ohne geht es nicht mehr.“
Er hebt hervor: „Unsere Verwaltung ist keine Verhinderungsbehörde, sondern ein Partner, der nach Lösungen strebt, um Veranstaltungen für die Bürgerschaft zu ermöglichen. Dafür sind wir dankbar.“ Das gelte neben der Fasnacht ebenso für andere Festaktivitäten des Stockacher Narrengerichts, das am Schweizer Feiertag seine Weinlaube aufbaut und beim Winterzauber auf dem Gustav-Hammer-Platz mit anderen Vereinen die Stände betreibt.