Er ist einer der kleineren Stockacher Vereine und hat doch schon großes geleistet: Seit 19 Jahren setzen sich die rund 30 Mitglieder des Vereins „Helfen – was sonst?“ für Menschen in Burkina Faso ein. In dieser kurzen Zeit haben sie dazu beigetragen, dass eine Schule und eine Krankenstation in Ouagadougou, der Hauptstadt des Landes gebaut werden konnte. Aktuell laufen die Vorbereitungen für das nächste große Projekt.

Begonnen hat alles im Frühjahr 2006 auf Initiative des Stockachers Daniel Rosenkranz, der eine enge Verbindung zu Pastor Frederic Zongo in Burkina Faso unterhielt, erinnert sich Jürgen Brecht als Gründungsmitglied und frisch wiedergewählter Vorsitzender des Vereins.

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Schon im ersten Jahr kamen 23.000 Euro zusammen

„Unser erstes Projekt war der Neubau einer Schule. Wir sind dann damals einfach hausieren gegangen, um Spenden zu sammeln“, sagt Brecht lachend. Was nach einer mühseligen Arbeit klingt, hat sofort großen Erfolg gebracht: „Schon im ersten Jahr konnten wir 23.000 Euro für das Projekt überweisen“, berichtet Brecht. Bis zum Jahr 2016 wuchs diese Summe auf knapp 80.000 Euro an, sodass die geplante Schule, die noch von weiteren Projektpartnern unterstützt wurde, inzwischen gebaut ist.

Schüler in ihrem Klassenzimmer in der Schule, die durch Spenden aus Stockach mitfinanziert wurde.
Schüler in ihrem Klassenzimmer in der Schule, die durch Spenden aus Stockach mitfinanziert wurde. | Bild: Théo Fuhrer

Zwischen 700 und 800 Kinder besuchen die Schule laut Information des Vereins pro Jahr. „Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass an der Schule inzwischen auch schon sehr gute Abschlüsse gemacht werden“, berichtet Schriftführerin Birgit Beutner. Das Schulsystem in Burkina Faso sei ähnlich dem französischen Schulsystem zentralistisch aufgebaut. „Es gibt zentrale Abschlussprüfungen, deshalb sind die Schulen im Land relativ vergleichbar, und unsere Schule gehört tatsächlich zu den besten“, bestätigt auch Jürgen Brecht.

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Helfernetzwerk kontrolliert die Verwendung der Gelder

Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern aus dem Helfernetzwerk, zu dem noch weitere Vereine in Deutschland und der Schweiz gehören, behält er im Blick, was vor Ort passiert. „Wir stehen in regelmäßigem Austausch miteinander und immer mal wieder ist jemand aus dem Netzwerk auch vor Ort“, sagt Brecht. Er selbst sei das bisher letzte Mal 2013 persönlich zu Besuch gewesen. „Wir werden immer wieder eingeladen. Die Menschen dort sind wahnsinnig herzlich und dankbar. Aber anstatt 1500 Euro für einen Flug auszugeben, spende ich lieber. Davon haben die Menschen mehr“, so Brecht.

Über das Helfernetzwerk gebe es dennoch eine gute Kontrolle, dass die Mittel auch wirklich für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden. Das sei dem Verein auch wichtig. „Was wir nicht wollen, ist zum Beispiel die Einstellung von Personal zu finanzieren. Das ist nämlich schwierig zu überprüfen. Den Baufortschritt an Gebäuden kann man auch über Bilder und Google-Maps kontrollieren“, sagt Brecht und fügt hinzu: „Für uns ist es wichtig, dass wir sicher sein können, dass das Geld zu hundert Prozent dort ankommt, wo es hin soll und für die Zwecke genutzt wird, für die es gedacht ist.“

Links auf dem Bild ist die Geburtshilfestation zu sehen, rechts die Krankenstation.
Links auf dem Bild ist die Geburtshilfestation zu sehen, rechts die Krankenstation. | Bild: Théo Fuhrer

Die Vorstandsbesuche in der Vergangenheit seien indes sehr eindrücklich gewesen. „Das ist eine ganz andere Welt. Kein Vergleich zu unserem Lebensstandard. Man sieht auch wirklich, wie wertvoll unsere Hilfe ist. Dass es Schulen und Krankenhäuser gibt, ist dort bei Weitem keine Selbstverständlichkeit. Teilweise müssen die Menschen dorthin kilometerweit zu Fuß gehen“, sagt Kassenwartin Marianne Bambusch, die bereits einige Jahre vor Jürgen Brecht zu einem Besuch in dem westafrikanischen Land war. „Das erdet einen. Und es ist schön, zu erleben, wie sich die Menschen dort auch gegenseitig helfen“, fügt Brecht hinzu.

Menschen sterben, obwohl man ihnen helfen könnte

Nachdem die Schule 2016 fertiggestellt war, habe man sich Gedanken darüber gemacht, wie es für den Verein weitergehen soll. Man wolle den Menschen vor Ort keine Projekte überstülpen, die diese vielleicht gar nicht als sinnvoll erachten, sondern auf den tatsächlichen Bedarf vor Ort eingehen.

Schnell sei der Wunsch aufgekommen, bei der Schule noch eine Krankenstation einzurichten. „Als ich dort war, hatte ich unter anderem eine Familie besucht, deren Vater im Alter von knapp über 40 Jahren an Malaria verstorben war. Die Krankheit wäre problemlos heilbar gewesen, wenn der Mann nicht so einen weiten Weg und lange Wartezeiten in der nächsten Krankenstation gehabt hätte“, berichtet Brecht, der selbst als Arzt am Stockacher Krankenhaus tätig ist.

Zu dem Komplex mit Schule und Krankenstation gehört auch eine eigene kleine Apotheke. Mit im Bild sind die Verantwortlichen vor Ort.
Zu dem Komplex mit Schule und Krankenstation gehört auch eine eigene kleine Apotheke. Mit im Bild sind die Verantwortlichen vor Ort. | Bild: Théo Fuhrer

So sei der Verein zu seinem nächsten Projekt gekommen. Auch die Krankenstation ist mittlerweile in Betrieb und hat sogar Ausstattungsgegenstände aus Stockach bekommen. „Als ich erfahren habe, dass unser altes, aber noch funktionstüchtiges Ultraschallgerät ausgemustert werden sollte, habe ich direkt reagiert“, erinnert sich Olaf Graf-Stanulla, der in der Stockacher Notaufnahme arbeitet und ebenfalls zum Vorstandsteam des Vereins gehört. Er habe von einer Gruppe aus Rastatt gewusst, die zu diesem Zeitpunkt gerade einen Hilfstransport nach Burkina Faso vorbereitet hat.

Manchmal sind Pragmatismus und Schnelligkeit gefragt

„Wir wollten ihnen das Gerät mitgeben, aber es musste schnell gehen. Zufälligerweise wusste ich, dass wir gerade einen Patienten aus Rastatt im Krankenhaus haben. Ich habe ihn gefragt, ob er bereit wäre, das Gerät nach seiner Entlassung mitzunehmen. So haben wir es dann rechtzeitig geschafft“, berichtet Graf Stanulla. In der Regel beschränkt sich der Verein jedoch auf finanzielle Spenden. Das Problem beim Versand von Hilfsgütern sei, dass immer die Gefahr bestehe, dass Dinge im Rahmen von Zollkontrollen verschwinden, erklären die Helfer.

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Zur Krankenstation mit eigener kleiner Apotheke kam in der Zwischenzeit noch eine Geburtshilfestation und ein Stromanschluss an das öffentliche Netz, alles mitfinanziert durch den Stockacher Verein. Aktuell laufen die Überlegungen für das nächste Projekt. „Wir haben uns überlegt, den Schülern, die ihren Abschluss an der Schule machen, eine Berufsausbildung zu ermöglichen“, sagt Brecht.

Hierzu könnte auf dem Gelände ein weiteres Gebäude mit Werkzeugen und Maschinen entstehen. Das sei aber erst eine grobe Idee. Zunächst müsse man vor Ort noch abklären, ob dafür der Bedarf besteht und ob es jemanden gibt, der vor Ort die Verantwortung dafür übernimmt. Daneben entsteht gerade ein neuer Internetauftritt für den Verein, der im Gegensatz zur aktuellen Homepage auch für Mobilgeräte optimiert sein und insgesamt ein moderneres Aussehen bekommen soll. Erreichbar ist die Internetseite mit allen Informationen zum Verein hier.