Vier Buchstaben bestimmen ab Freitag, 17. Mai, für ein halbes Jahr die Stockacher Kultur: Dalí. Mit Betonung und einem Accent auf dem i am Ende. Nach Marc Chagall war Salvador Felipe Jacinto Dalí i Domènech der Künstler, von dem der verstorbene Stockacher Ehrenbürger Heinrich Wagner die meisten Werke gesammelt hat. „Dalí ist ein wunderbarer Künstler“, schwärmt Museumsleiter Julian Windmöller. Er nennt die Sammlung Heinrich Wagner einen Stockacher Kulturschatz.
Aus dieser Sammlung, die Wagner zu Lebzeiten der Stadt übergeben hatte, stammen viele Werke der Ausstellung. Dazu kommen einige Leihgaben aus der italienischen Schweiz und sogar den USA. Stockach wird somit zum Schauplatz einer internationalen Ausstellung um einen international bekannten Künstler: Dalí wird allgemein als einer der bekanntesten Künstler des Surrealismus bezeichnet. Zu seinen bekanntesten Werken gehört das Bild „Die Beständigkeit der Erinnerung“ aus dem Jahr 1931 mit zerfließenden Uhren.
Viele Angebote für Kinder und Erwachsene
Unter dem Titel „Dalí – Paradies und Paranoia“ gibt es aber nicht einfach nur Bilder zum Anschauen. Nein, das Team um Julian Windmöller hat sich eine interaktive Ausstellung ausgedacht, bei der Kinder und Erwachsene gleichermaßen auf ihre Kosten kommen sollen. So gibt es für beide Altersklassen einen Audio-Guide und jede Menge zum Anfassen und Ausprobieren. In der gesprochenen Führung für Kinder erklären Kuony und Stocki, die Kindermaskottchen der Stadt, Wissenswertes über den Künstler mit dem markanten Bart.

Neben den üblichen Beschreibungen für die Erwachsenen an den Bilderrahmen gibt es zudem die Schilder eines Kinderpfads, die leicht verständlich erklären, was zu sehen ist, sagt Sybille Trefflich, Leiterin der Museumspädagogik.

Bürgermeisterin Susen Katter, die fünfjährige Zwillinge hat, ist von dem Angebot fasziniert. Es sei wichtig, die Kinder so in Dalís Welt mitzunehmen, sagt sie bei einem Presserundgang. Sie sei sich sicher, dass ihre beiden Kinder viel Spaß haben werden.
Was ist die Wirklichkeit?
Am Eingang beim Aufzug geht es direkt mit einem Miraskop los. Das ist ein Gegenstand mit Hohlspiegel, der einen optischen Effekt schafft und einen Frosch darin anders erscheinen lässt, als er eigentlich ist. „Das greift den Gedanken auf: Was ist Wahrheit, was ist Traum und was ist Wirklichkeit?“, schildert Windmöller. Im Surrealismus gehe es darum, ob die Träume oder Ängste einen manchmal mehr als die Wirklichkeit beschäftigen und ob es diese dadurch vielleicht wirklicher mache als die Realität. Die Bilder sehen anders aus als die üblichen Normen und beinhalten auch Unwirkliches oder Übernatürliches.

Aber warum eigentlich der Untertitel „Paradies und Paranoia“? Windmöller erklärt, für den Untertitel der Ausstellung seien Begriffe gewählt worden, unter denen sich jeder etwas vorstellen könne, die aber gleichzeitig auch offen seien. „Dalí hat selbst auch das Wort Paradies verwendet.“ Paranoia spiele unter anderem auf Dalís Methode an, die paranoid-verrückt genannt werde.
Besucher können schauen und ausprobieren
In beiden Museumsstockwerken sind die Bilder und Themen in Kapitel unterteilt. Die gerahmten Werke hängen außen an Stellwänden, während innen zwischen den historischen Holzsäulen die Mitmachstationen stehen. An einer davon können die Besucher zu Detektiven werden und Indizien finden, wie man eine Dalí-Fälschung erkennt.
Ein Stück weiter laden zwei gemütliche Sessel zu einem Blick auf Dalís Heimat ein, das Cap de Creus in Spanien ist raumhoch und rund fünf Meter breit zu sehen. Die Formen der Landschaft könne man hier und da in den Werken wiedererkennen, so Windmöller.
Eine Besonderheit im Dachgeschoss
Im zweiten Museumsgeschoss verbirgt sich hinter einer Abtrennung ein besonderes Kapitel der Ausstellung, in dem alles etwas anders sein wird. Dort geht es um die Grafiken „Der alte Mann und das Meer“, die Dalí zum gleichnamigen Hemingway-Roman kreiert hat. „Dort geht es nicht um den Modus Kunstausstellung, sondern darum, in die Geschichte einzutauchen“, erläutert Windmöller.

Vielleicht überraschend: Zur Ausstellung gehören auch Flacons mit Parfum, denn der Künstler hat Düfte erschaffen, die es heute noch zu kaufen gibt. Dazu lädt eine interaktive Station ein, den Dalí in Fernsehaufnahmen zu erleben oder eine Traumsequenz aus einem Hitchcock-Film zu sehen, die Dalí damals entworfen hat.
Begeisterung und Vorfreude
Julian Windmöller und Sybille Trefflich freuen sich schon sehr auf die Ausstellung. Diese Vorfreude sei ihm anzusehen, sagt Susen Katter beim Rundgang: „Er strahlt über das ganze Gesicht. Es macht Spaß das zu sehen. Solche Begeisterung und Leidenschaft braucht es auch, um eine Ausstellung zu machen, die Dalí würdig ist.“

Windmöller, der voller Motivation die Ausstellung präsentiert, hebt unter den Werken eines hervor, das ein Bibel-Motiv zeigt und mit einer daneben hängenden Lupe näher betrachtet werden können. Bei „Pietà“ sei spannend, dass man im ersten Moment nur Flecken und Striche sehe, dann aber schließlich einen Körper erkenne. Dalí habe bei der Erschaffung dieser Grafik, die Jesus nach der Befreiung vom Kreuz zeigt, mit Nägeln gearbeitet.
Die Vernissage findet am Freitag, 17. Mai, um 19 Uhr im Bürgerhaus Adler Post statt. Anschließend können die Besucher direkt ins Museum wechseln. Windmöller betont, dass die Vernissage öffentlich für alle Interessierten sei. Es hätten sich bereits rund 120 Gäste angemeldet, aber man könne auch spontan kommen.