Das Wichtigste zuerst: Das Stockacher Narrengericht hat seinen Strafwein erhalten. Zwar kam Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht selbst vorbei, dafür begrüßten die Narren abends Günther Oettinger, ehemals EU-Kommissar und Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Dieser hatte vor 17 Jahren selbst als Beklagter vor dem Narrengericht gestanden.

Am Nachmittag fielen die dunkel gekleideten Männer mit Narrenkappen in der Oberstadt auf: Das Kollegium des Narrengerichts und die Darsteller der Einzelfiguren warteten auf die Mineralwasserlieferung, die Teil von Lauterbachs Strafe war. Clemens Fleischmann, Geschäftsleiter der Randegger Ottilien-Quelle, und Jürgen Meissner brachten mehr als das geforderte Strafmaß – die Kästen hätten sich so besser verpacken lassen, sagte Fleischmann. Er spende die überzähligen Liter.

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„Im Gegenwert der Spende werden wir uns eine Spende von Herrn Lauterbach an den Krankenhaus-Förderverein wünschen“, entgegnete Narrenrichter Jürgen Koterzyna. Rasch bildeten die Narren eine Kette, um die Kästen aus dem großen Laster ins Narrenstüble zu bringen.

Sie bildeten eine lange Kette, um die Palette schnell abzuladen: Michael Nadig, Markus Vollmer, Matthias Stolp, Jürgen Koterzyna, Helmut ...
Sie bildeten eine lange Kette, um die Palette schnell abzuladen: Michael Nadig, Markus Vollmer, Matthias Stolp, Jürgen Koterzyna, Helmut Lempp, Martin Bosch, Clemens Fleischmann, Christoph Stetter und Jürgen Meissner (von links). | Bild: Claudia Ladwig

Damit war die körperliche Ertüchtigung schon erledigt, denn der Wein lagerte bereits sicher im närrischen Weinkeller. Narrenrichter Jürgen Koterzyna erzählte, die Narren hätten dem Gesundheitsminister zunächst ihre Wunsch-Weine vorgeschlagen und gefragt, ob sie diese nehmen dürften. Der Wein wurde dann im Aach-Center bestellt und von dort geliefert. Am Rande verriet Koterzyna auch, dass er mit Günther Oettinger im Whatsapp-Kontakt stehe und ihn direkt gefragt habe, ob er anstelle von Karl Lauterbach kommen wolle. Ein paar Tage später habe er zugesagt.

Wein und Wasser sind nun also wieder reichlich vorhanden, doch wie sieht es mit den übrigen Auflagen aus? Dem Gesundheitsminister war schließlich vom Narrengericht aufgetragen worden, zehn neue Mitglieder für den Krankenhaus-Förderverein zu gewinnen. „Acht hat er geschafft“, berichtete Michael Nadig, der nach 14 Jahren als Fürsprech künftig als Kläger fungieren wird. Vermutlich habe ihn die SPD-Bundestagsabgeordnete Lina Seitzl dabei unterstützt.

Zu trinken gab es Kubicki-Wein

Im Weinkeller gab es Wasser und Rotwein. Die Frage, was es zu diesem Wein zu sagen gebe, beantwortete Kellermeister Michael Kempter spontan: „Gut. In Mengen getrunken macht er das Gleiche wie alle anderen.“ Wie sich herausstellte, handelte es sich um Kubicki-Wein. „Der muss auch weg“, so die einhellige Meinung.

Beim Aufstieg aus dem Keller wurde klar, wie wertvoll die Narrenkappen sind, als Clemens Fleischmann den Kopf im flachen Türrahmen einzog. „Deshalb tragen wir die Kappe, sie gibt ein Signal“, scherzte Fürsprech Christoph Stetter. „Und weil wir immer vorwärtsgehen, brauchen wir hinten keinen Zipfel“, fügte Markus Vollmer an.

Krankenhaus-Besuch wird vielleicht nachgeholt

Punkt 17 Uhr traf die Gruppe samt Pappfigur von Karl Lauterbach am Krankenhaus ein. Jürgen Koterzyna berichtete Geschäftsführer Michael Hanke, Chefärztin Svjetlana Peka, Pflegedienstleiterin Tina Haberl, Pfleger Florian Piltner und Hubert Steinmann (Vorsitzender des Krankenhaus-Fördervereins), das Büro von Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe ausrichten lassen, es tue ihm leid, dass er nicht hier sein könne. Er käme vielleicht im November, wenn er einen Termin mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Minister Manfred Lucha habe.

Geschäftsführer Michael Hanke (rechts) führte die Narren gemeinsam mit Chefärztin Svjetlana Peka (Mitte) und Pflegedienstleiterin Tina ...
Geschäftsführer Michael Hanke (rechts) führte die Narren gemeinsam mit Chefärztin Svjetlana Peka (Mitte) und Pflegedienstleiterin Tina Haberl durch den Neubau des Krankenhauses. | Bild: Claudia Ladwig

Beim Rundgang durchs Krankenhaus hätte der Gesundheitsminister Schokoladeneis an Personal und Patienten verteilen sollen. Die Narren genossen selbst eine Kostprobe und übergaben die rund 80 übrigen Becher dem Pflegepersonal.

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Im Neubau regte Hanke an: „Alle Privatpatienten dürfen sich gleich mal melden.“ Er erläuterte die neuen Möglichkeiten, drückte die Hoffnung auf Förderung vom Sozialministerium aus und betonte, er sei froh, dass die Stadt Stockach das Krankenhaus weiter so stark unterstütze.

Oettinger nimmt Ampel auf die Schippe

Nach Hankes Aussage, es gebe hier für jedes Gelenk einen Spezialisten, schlug Narrenschreiber Marcel Reiser vor: „Jeder lässt im nächsten Jahr ein Knie machen. Der Narrenrichter geht mit gutem Beispiel voran und macht beide.“

Der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg und EU-Kommissar Günther Oettinger hielt am Abend eine launige Rede
Der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg und EU-Kommissar Günther Oettinger hielt am Abend eine launige Rede | Bild: Werner Gaiser

Draußen klemmte sich Frank Walter den Pappkameraden unter den Arm und alle zogen durch den Stadtgarten zum Goldenen Ochsen, wo sich nach und nach weitere Gäste einfanden. In einer humorvollen Rede sprach Günther Oettinger später über das Narrengericht und die Politik in Stockach.

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Er nahm die Ampelregierung trefflich auf die Schippe, versäumte es aber auch nicht, die aktuelle Weltlage aus seiner Sicht zu beschreiben und alle aufzufordern, die Demokratie zu stärken und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.