Zu wenige Frauen in der CDU, die Jungen wollen alle zu den Grünen und die SPD hat Probleme mit dem Nachwuchs: Etliche Vorurteile über die Politikerinnen und Politiker der Parteien sind bestens bekannt. Doch wie sind die einzelnen Listen für die Gemeinderatswahl in Stockach tatsächlich aufgestellt? Wer bildet die deutsche Gesellschaft am besten ab?
Das zeigt ein Vergleich der fünf Listen anhand von vier Kriterien: Frauenanteil, Altersdurchschnitt, Akademikeranteil und das Verhältnis von Kandidaten aus der Kernstadt gegenüber den Ortsteilen.
Wer hat die meisten Frauen auf der Liste?
Beim Blick auf den Frauenanteil zeigt sich bereits die erste Überraschung. Anders als erwartet, sind die Frauen mit 62,5 Prozent der Listenplätze bei der FDP klar am besten vertreten. Bundesweit sank der Frauenanteil unter den Mitgliedern hingegen seit 1996 von 25 auf 20 Prozent. Den gesamtgesellschaftlichen Anteil von 50,7 Prozent Frauen bilden die Grünen mit ihrer paritätischen Listenbesetzung jedoch am genauesten ab. Auch die SPD hat immerhin knapp die Hälfte ihrer Plätze mit Frauen besetzt, nämlich elf von 24. Bei den Freien Wählern und der CDU dominieren hingegen ganz klar die Männer. Nur ein Viertel ihrer Kandidaten sind weiblich.
Die CDU ist am jüngsten, die Grünen sind am ältesten
Zweite Statistik, zweite Überraschung: Am jüngsten sind im Durchschnitt nicht, wie vielleicht von vielen erwartet, die Kandidaten der Grünen, sondern die der CDU. Mit einem Altersschnitt von 47,2 Jahren liegt die Liste aber noch immer über dem Altersdurchschnitt der gesamten deutschen Bevölkerung (44,3 Jahre). Das grüne Bewerberfeld ist hingegen mit 54,2 Jahren sogar das Älteste aller fünf Parteien. Nahezu gleichauf liegen FDP und Freie Wähler mit knapp 52 Jahren. Die SPD liegt mit 48,9 Jahren darunter. Alle Listen sind aber älter als der Durchschnittsbürger.
Auffällig ist neben dem Altersdurchschnitt auch die Streuung. So hat zum Beispiel die SPD trotz ihres jungen Altersschnitts mit sechs Kandidaten die meisten Menschen über 60 Jahren auf der Liste – aber dafür auch die meisten Kandidaten unter 35, nämlich fünf. Die zweitmeisten Menschen unter 35 Jahren kandidieren bei der CDU (4), über 60 sind bei ihr drei Kandidaten.
Relativ ausgeglichen sind auch die Freien Wähler und die FDP. Die FDP hat einen Kandidaten unter 35, dafür auch nur zwei über 60-Jährige. Bei den Freien Wählern ist jeweils einer mehr. Als besonders alt im Vergleich zum deutschen Durchschnitt stechen abermals die Grünen heraus. Niemand auf ihrer Liste ist unter 35 Jahre alt, dafür sind gleich fünf Kandidaten bereits über 60 Jahre alt.
Sind die Grünen tatsächlich eine Akademiker-Partei?
Ein erwartbares Ergebnis zeigt sich hingegen beim Akademikeranteil auf den Listen, der anhand der von den Parteien angegeben Berufen der Kandidaten ermittelt wurde. Bei den Grünen haben sieben von zehn Kandidaten einen Uni- oder Fachhochschulabschluss – mit Abstand am meisten. Danach folgt die CDU mit 46,3 Prozent Akademikern. Bei SPD und FDP haben jeweils 37,5 Prozent der Bewerber studiert, bei den Freien Wählern genau ein Drittel. Damit liegen alle Listen aber noch immer über dem Anteil in der Bevölkerung (26,8 Prozent).
Wo sind Kernstadt und Ortsteil aus ausgeglichensten?
Eine weitere Kategorie, um die Demografie von Parteien zu analysieren, ist der Anteil der urbanen, also der städtischen Bevölkerung. Heruntergebrochen auf die Gemeinderatswahl in Stockach bedeutet dies einen Vergleich der Listen anhand dessen, wie viele Kandidaten in der Kernstadt selbst und wie viele in den Ortsteilen Hindelwangen, Espasingen, Hoppetenzell, Mahlspüren im Hegau, Mahlspüren im Tal, Raithaslach, Wahlwies, Winterspüren oder Zizenhausen ihren Wohnsitz haben.
Das Ergebnis: Mit 60 Prozent ist der Anteil der Kernstädter bei den Grünen ganz klar am größten. Bei CDU, SPD und Freien Wählern kommen etwa ein Drittel der Kandidaten aus der Kernstadt, bei der FDP nur ein Viertel.
Fazit: Wie sieht welche Liste aus?
Insgesamt zeigt sich anhand der vier Vergleiche, dass die Liste der Grünen aus sehr vielen älteren Akademikern besteht, die aus der Kernstadt kommen. Bei den Frauen und Männern sind die Grünen exakt ausgewogen aufgestellt und bilden die Gesellschaft nahezu perfekt ab. Bei der FDP ist der Anteil der Kandidaten aus den Ortsteilen am höchsten und sie hat anteilig die meisten Frauen an der Liste. Zudem liegen die FDP-Kandidaten beim Alter im Mittelfeld und die Akademiker sind nicht allzu sehr überrepräsentiert.
Die CDU stellt eine insgesamt vergleichsweise junge Liste, auf der allerdings im Vergleich zur Gesamtbevölkerung die Frauen fehlen. Der Anteil der Akademiker ist hoch, die Ortsteile sind gut vertreten. Auch auf der SPD-Liste sind die Ortsteile stark vertreten. Beim Akademikeranteil, dem Frauenanteil und dem Altersschnitt liegt die Partei jeweils im Mittelfeld der fünf Listen.
Die Freien Wähler haben hingegen zwei Extreme: die wenigsten Akademiker, und die wenigsten Frauen. Beim Altersdurchschnitt und den Kernstädtern ist man dagegen im Mittelfeld platziert. Auffällig: Auf allen Listen ist der Akademikeranteil höher als in der gesamten Bevölkerung.