Sie sagen: „Du musst auf dich aufpassen“ Und: „Dein Limit kennen.“ Sie, das sind Hannah Schimpeler, Sophie-Fleur Schuler, Fabian Ehling, Leonard Rösch und Ermoza Halili vom Nellenburg Gymnasium.
Fünf Achtklässler, mitten in der Pubertät. Fünf Achtklässler, die gerade aus einem Präventionsworkshop mit Kriminalhauptkommissar Jürgen Harder vom Polizeipräsidium Konstanz kommen.
Das haben die Schüler mitgenommen
Und denen die Eindrücke, aus der Veranstaltung noch nahegehen. „Wir haben gehört, welche Konsequenzen es für unsere Gesundheit hätte, wenn wir Drogen nehmen, und dass sich die Wirkung von Drogen im Vergleich zu früher stark gesteigert hat“, sagt Ehling. Deshalb werde man heute schneller davon abhängig als früher.

Doch warum ist das so? Die Pflanzen – etwa Hanf – hätten sich durch Züchtungen so stark verändert, dass sich ihr Wirkstoffgehalt im Vergleich zur Zeit vor 30 Jahren vervierfacht hätte, sagt Jürgen Harder. „Deswegen spreche ich ungern von einer Einstiegsdroge. Das Haschisch, das es heute gibt, hat nichts mehr mit dem zu tun, was es vor 30 Jahren auf dem Markt gab.“
Keine Arbeit mit dem erhobenen Zeigefinger
Während Harder spricht, untermalt er seine Worte mit Gesten, ermuntert die 13-Jährigen ihm auch während des Pressegesprächs noch Fragen zu stellen – man kann sich gut vorstellen, wie er bei Vorträgen und Präventionsveranstaltungen ihre Aufmerksamkeit gewinnt.
Harder sagt: „Ich bin nicht mit erhobenem Zeigefinger hier.“ Und: „Ich will nicht hypersensibilisieren.“ Auch Alkohol will er ihnen nicht verbieten. Vielmehr will er aufklären. „So, dass die Jugendliche eine Vorstellung davon bekommen, wie Drogen wirken und verantwortungsbewusst damit umgehen können.“
Jugend, Drogen und Prävention
Dass man an Schulen nicht gerne über Mobbing, Gewalt oder gar Drogen spricht, weiß Schulleiter Holger Seitz. Am Nellenburg Gymnasium tut man es trotzdem. Denn: „Ich denke, bei den Schüler ist auch viel Unwissen da“, sagt Seitz. „Da wollen wir aufklären, bevor sie im Internet suchen und auf zweihafte Quellen stoßen.“

Von der sechsten Klasse an stecken die Jugendlichen daher immer wieder in Präventionsworkshops zu Themen wie Mediengefahren (Klasse 6), Gewalt- (Klasse 7) oder Drogenprävention (Klasse 8). Was die Achtklässler davon mitgenommen haben? Ermoza Halili und Hannah Schimpeler müssen nicht lange überlegen.
Die Antworten sprudeln nur so aus Ihnen heraus. „Wir haben gelernt, welche Formen von Gewalt es gibt, was Hass im Netz ist und welche Kreise Mobbing und Cybermobbing mit sich ziehen“, sagt Halili. Und: „Dass man dem Täter den Rücken stärkt und dass Opfer im Stich lässt, wenn man Mobbing oder Gewalt nur beobachtet. Nicht eingreift“, sagt Schimpeler.
Wenn der Ton rauer wird
Ob sie selbst schon Erfahrungen mit Hass im Netz gemacht haben? „Unter YouTube-Videos fallen mir oft Hass-Kommentare auf. Das erschreckt einen wirklich“, sagt Schimpeler. Es klingt ernst gemeint. Es klingt aber auch, als sei der Hass, das Mobbing, die Gewalt in ihrem Leben ganz weit weg.
Anders hört es sich bei Halili an. Er selbst habe zwar noch keine Erfahrungen mit Hass im Netz gemacht, aber in WhatsApp-Gruppen mit Freunden öfter erlebt, wie der Ton rauer wurde. „Da musste ich Beleidigende schon zurechtweisen.“ Beide, Schimpeler und Halili, sagen: „Seit den Workshops sehen wir so etwas eher.“ Sehen, wenn Grenzen überschritten werden.
Hat sich das Klassenklima verändert?
Auswirkungen auf das Klassenklima hätten die Präventionsprojekte trotzdem nicht gehabt. „Weil wir uns als Klasse schon immer gut verstanden haben“, meint Leonard Rösch. Doch eins ist den Schülern aufgefallen. Sie passten seit dem Workshop zu Thema Mediengefahren tatsächlich auf, nicht allzu lange am Handy zu sein.
„Damit wir nicht süchtig werden“, sagt Halili – und hat auch gleich einen Tipp gegen die Handysucht parat. „Einfach Dinge finden, die spannender sind als das Smartphone.“ Ein Hobby, eine schöne Beschäftigung. Denn: „Je attraktiver dein Leben, desto weniger brauchst du einen Suchtfaktor.“
Wie gute Präventionsarbeit funktioniert
Jürgen Harder lächelt. Vermutlich hätte er es so oder so ähnlich auch formuliert. „Bei der Präventionsarbeit siehst du, wenn sie Früchte trägt“, wird er später sagen. Und bei guter Präventionsarbeit spiele Kontinuität eine wichtige Rolle: „Deswegen sind wir auch in den sechsten, siebten und achten Klassen, damit wir die Schüler immer wieder erreichen und wir die Präventionsarbeit Stück für Stück aufbauen können.“
Und deswegen arbeite man mit Schülern im Alter von elf bis 14 Jahren. Denn: „Wenn sie älter werden, können wir ihr Verhalten kaum noch beeinflussen. Die Meinungen sind dann schon verfestigt.“ Zudem gehe es in der Prävention immer um zweierlei. Zu zeigen, wie brenzlige Situationen entstehen – und aufzuzeigen, wie man damit umgehen könne.