Er kann oder will nicht hinschauen. Als im Landgericht Konstanz Fotos gezeigt werden, auf denen eins zu sehen ist: Schnittwunden, die sich der Angeklagte selbst zugefügt haben soll, schaut der 36-Jährige emotionslos ins Leere. Er sieht nicht zum Richter. Nicht zu den Bildern. Nicht zu seiner Verteidigerin. Und nicht zu den Wachmännern an seiner Seite. Er schaut einfach nur ins Leere.

Kaum zu ertragende Schilderungen

Und das auch, als Gerichtsmediziner und Ärzte von den beiden neun- und 13-jährigen Jungen sprechen, die der Angeklagte im Januar in Hohenfels mit einem Beil attackiert und verletzt haben soll – oder vom 46-jährigen Vater der beiden, den er mit dem Beil getötet haben soll. Dabei sind die Schilderungen der Mediziner schon für die Zuschauer im Raum kaum zu ertragen.

Neunjähriger hat mit den Folgen der Tat zu kämpfen

Da spricht ein Neurochirurg von einem Schädel-Hirn-Trauma, von Schnittwunden und eingedrückten Knochen beim Neunjährigen, geht im Detail durch die einzelnen Behandlungs- und Operationsschritte. Denn: Die Not-OP sei nicht einfach gewesen. „Der Schädel war komplett zertrümmert“, sagt er.

Das könnte Sie auch interessieren

Eine Woche lang sei der Zustand des Jungen deswegen kritisch gewesen. Und noch heute habe er mit den Folgen der Tat zu kämpfen. So sei er in der Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, sagen der Neurochirurg und eine Gerichtsmedizinerin, die den Neunjährigen fünf Tage nach der OP untersuchte. Der Junge sei da noch nicht ansprechbar gewesen. Doch ersichtlich war schon, dass Bereiche im Gehirn, die die Bewegung steuern, stark beschädigt seien.

Beil als Tatwaffe plausibel

Und da spricht eine zweite Gerichtsmedizinerin, die den Toten untersuchte, von Spuren am Körper des Opfers, die auf eine großen Blutverlust hindeuten. Und von sieben unterschiedlichen Wunden am Kopf, die die Anzahl der Schläge vermuten lassen. Sie seien voneinander zu weit entfernt, als dass ein Schlag zwei Wunden hätte verursachten können, sagt die Medizinerin. Eine sei sogar so heftig, dass ein einziger Schlag – auch mit enormer Wucht – „nicht zu einer solchen Verletzung führen kann.“

Es müssten, sagt sie, darum acht Schläge mindestens gewesen sein, die der 46-Jährige abbekam. „Mit dem Beil?“, fragt Richter Arno Hornstein. „Ja, ein Beil ist plausibel. Die Wunden deuten auf die stumpfe Seite eines kantig begrenzten Gegenstands.“ Auch die anderen Mediziner sprechen vor Gericht und in ihren Gutachten immer wieder von der stumpfen Seite eines geformten, kantigen oder längeren Gegenstands.

Hemd ohne Einstiche

Sei ein Kampfgeschehen möglich gewesen, fragt die Verteidigerin. Schließlich habe die Gerichtsmedizinerin nicht nur den Toten, sondern auch den Angeklagten untersucht. Sie müsste wissen, ob die Wunden zueinander, also zu einem wechselseitigen Kampf passen. Doch die Medizinerin schüttelt den Kopf. „Nein.“ Die Befunde sprächen nicht für einen beidseitigen Kampf.

Beim Toten habe sie typische Abwehrverletzungen gefunden, aber keine, die auf eine aktive Tat hinweisen. Und beim Angeklagten sei es im Grunde umgekehrt gewesen: Keine Abwehrverletzungen. Dafür zwei Schnittwunden, die sie als selbst zugefügt einschätzt.

Das könnte Sie auch interessieren

Warum? Weil der Tatverdächtige Rechtshänder ist und sich die Wunden am linken Oberkörper gut hätte zufügen können. „Von rechts nach links haben Sie Bewegungsfreiheit“. Und weil das Hemd, das der Angeklagte zur Tatzeit trug, keine Einstiche aufweist. Sprich: „Jemand muss es ausgezogen oder es nach oben gezogen haben, um die Haut freizulegen. Um die Schnittwunden zu erzeugen“, sagt sie. Das sei kein wechselseitiger Kampf gewesen.