Die Skandale rund um Großschlachthöfe in der Corona-Zeit regen zum Umdenken an. Kunden wollen wissen, wo das Fleisch herkommt, das sie zubereiten, und wie die Tiere gehalten wurden.
Einige lokale Landwirte und Tierzüchter bieten Fleisch als Direktvermarkter an. Wir haben drei Höfe in der Region besucht und gefragt, wie die Tiere aufwachsen und gehalten werden.
Auf dem Wildhof Hildegrund in Winterspüren hält Familie Patzke seit 1988 im Nebenerwerb rund 80 Damhirsche und eine kleine Herde Rothirsche zur Zucht und Fleischerzeugung. Das Wild bewegt sich auf knapp acht Hektar Gehegefläche in direkter Hofnähe.

Frischfleisch auf Vorbestellung wird in der Regel nur vor Weihnachten verkauft. „Wir schlachten nur so viele Tiere wie bestellt“, sagt Daniel Patzke. Der Kunde bekommt demnach also garantiert frische Ware.
„Wir legen Wert darauf, unsere Tiere bestmöglich zu behandeln. Wir liegen zum Beispiel weit unter dem Tierbestand, den wir halten dürften, aber wir wollen die Hirsche so gesund und naturnah wie möglich halten“, betont Daniel Patzke. Hier handle es sich nicht um eine intensive Haltung wie bei der Rindermast, sondern um extensive Weidetierhaltung.

Weil die Gehege öffentlich einsehbar seien, könne jeder sehen, wie die Tiere gehalten würden. Darin sieht er den größten Vorteil der Direktvermarktung für die Kunden.
Vor der Schlachtung werden die Tiere und die Gehegehaltung vom Amtstierarzt kontrolliert. Zur Fleischerzeugung werden die Tiere auf der Weide mit einem Schuss erlegt. Er selbst als Schütze beurteile das Tier als ausgebildeter Fachmann auch, dann folge nach der Schlachtung noch die amtliche Fleischbeschau, ebenfalls vom Amtstierarzt.
Ein Metzger übernimmt im hofeigenen, EU-zugelassenen Schlachtraum die Weiterverarbeitung. Das Fleisch bleibt drei bis fünf Tage zum Abhängen im Kühlraum und kann dann zubereitungsfertig zerlegt abgeholt werden. Für Frischfleisch werden nur Jungtiere geschlachtet. Das Fleisch älterer Tiere wird zu Wurstwaren verarbeitet. Lyoner und Bierwurst sind als Vollkonserven ganzjährig verfügbar.

Zwischen Stockach und Mühlingen bewirtschaften zwei Familien und zwei Lehrlinge den Hottenlocher Hof sowie rund 140 Hektar Land biologisch-dynamisch nach den Richtlinien des Demeter-Verbandes. Die 45 Milchkühe bilden das Herzstück des Betriebes.
Zur Nachzucht und zur Herstellung von Wurst- und Fleischwaren hält die Hofgemeinschaft etwa 60 Kälber beziehungsweise Jungrinder und Masttiere. Milch, die nicht von den Kälbern getrunken wird, verarbeitet der Hof in seiner eigenen Käserei oder liefert sie an die Molkerei.
An vier Terminen im Jahr werden ein Rind für Frischfleisch und eine Kuh zur Erzeugung von Gulasch und Hackfleisch geschlachtet. Denis Hahn macht die Termine mit der Bio-Metzgerei Grießhaber in Mössingen-Öschingen aus und Daniela Zulic schreibt alle Kunden an, damit diese ihre Vorbestellungen machen können. Auf dem Bestellzettel sind alle Teilstücke gelistet. Die Kunden holen ihre portionierte, vakuumierte und beschriftete Ware an einem Tag ab.
Für Salami und Wurst im Schraubglas werden weitere fünf oder sechs Kühe pro Jahr geschlachtet. So sind Wurst- und Fleischwaren das ganze Jahr über erhältlich. Am Tag der Schlachtung fährt Denis Hahn mit den Tieren zur Bio-Metzgerei. Dort gibt es keine Wartezeit und er begleite sie bis zum letzten Augenblick, sagt er. Mit einem Bolzenschuss werden sie dann betäubt und anschließend ausgeblutet.
Mehr Artenvielfalt im Grünland
Durch Corona sei die Nachfrage nach ihren Bio-Erzeugnissen deutlich nach oben geschnellt, erzählen Hahn und Zulic. „Wer sein Fleisch von uns bezieht, weiß, dass alle Tiere hier zur Welt gekommen und aufgewachsen sind“, betont Daniela Zulic. Die Kunden unterstützten so die kleinbäuerliche Landwirtschaft, ergänzt Denis Hahn.
„Durch die Weidehaltung erreichen wir eine viel größere Artenvielfalt im Grünland.“ Die Hofgemeinschaft bietet auch Führungen an, bei denen sich Besucher einen Eindruck vom Leben der Tiere verschaffen können.
Im Gegensatz zu Rind- oder Wildfleisch kann man Straußenfleisch praktisch nicht im Einzelhandel kaufen. Aber Ingrid Frick züchtet die Laufvögel auf ihrer Straußenfarm in Airach. Dort leben rund 250 Tiere, 140 davon Küken. Pro Jahr werden etwa 100 Strauße im Alter von 15 bis 18 Monaten geschlachtet.
Ingrid Frick erzählt, ursprünglich sollten alle vier Wochen acht Tiere geschlachtet werden, aber die Nachfrage sei riesig. „Wenn es so weitergeht, reicht das Fleisch hoffentlich gerade bis Weihnachten.“ Viele Leute kochten selbst und gönnten sich eher etwas Gutes.
Kunden machen sich gern ein Bild von der Haltung der Tiere
Führungen zu machen und anschließend Fleisch und andere Straußenerzeugnisse im Hofladen anzubieten, habe sich bewährt, sagt Frick. „Gerade dann, wenn man die Tiere gesehen hat und den Eindruck gewonnen hat, dass es ihnen hier gut geht, kann man das Fleisch auch guten Gewissens essen.“
Derzeit darf sie bis zu 40 Personen auf eine Führung mitnehmen. Die Leute fragten auch, wie die Tiere geschlachtet würden. Ingrid Frick erklärt: „Sie werden wie Schweine mit einer Elektrozange betäubt, dann spüren sie nichts mehr. Ein Schnitt in die Halsschlagader und ein Herzstich sorgen dafür, dass die Tiere schneller ausbluten.“
Weil der bisherige Metzger aufgehört hat, werden ihre Strauße jetzt in Waldburg bei Ravensburg geschlachtet. Der Lebendtransport sei anstrengend für die Tiere, das wolle sie eigentlich vermeiden, aber momentan habe sie keine andere Möglichkeit, sagt die Züchterin. Sie überlege, den Hof zu vergrößern und dann vor Ort zu schlachten, allerdings finde man nur schwer einen Metzger.
Wenn schon schlachten, dann auch möglichst alles verwerten
Im Hofladen gibt es Steak, Filet, Gulasch und Braten, aber auch Grillwürste, Lyoner, Leberwurst, Räucherwaren und seit kurzem Bolognese in Dosen. Hundehalter kaufen viel Herz, Leber, Muskelmagen und Hals. Auch Schlachtabschnitte sind bei ihnen begehrt, da viele Allergikerhunde nichts anderes mehr vertragen.
Sehnen und Luftröhre reicht Frick als Kau-Snack für Hunde weiter, Knochen ebenso. Auch Leder, Federn und Eier verkauft sie. „Für mich ist es nur zu rechtfertigen, ein Tier zu schlachten, wenn man es komplett verarbeitet“, bekräftigt sie.