Hinter der VHS Landkreis Konstanz liegen turbulente Zeiten. Wie in allen anderen Bereichen auch machte sich die Corona-Pandemie im Alltag der Volkshochschule bemerkbar, sorgte für Kursausfälle und fehlende Einnahmen – und dafür, dass die Einrichtung ihr Konzept umgestellt hat und ganz neue Wege geht. Im Stockacher Gemeinderat stellte die Vorsitzende Nikola Ferling nun die Entwicklungen der vergangenen Zeit vor und sprach über Veränderungen und die Zukunft.

Jahresfehlbetrag in Höhe von 436.000 Euro

Die Pandemie traf die VHS im Jahr 2020 hart: Wie Nikola Ferling mitteilte, wurde das Geschäftsjahr mit einem Jahresfehlbetrag in Höhe von rund 436.000 Euro abgeschlossen. Laut der Sitzungsvorlage habe Kurzarbeit zwar für Einsparungen bei den Personalkosten gesorgt, doch hohe Fixkosten für die Unterhaltung der vier Geschäftsstellen und den Personalbestand hätten dazu geführt, „dass sich die Aufwendungen nicht im gleichen Maße verringern wie die Erträge“.

Gelder aus den Corona-Hilfsprogrammen des Landes, aus einem Projekt und aus überfälligen Schlussabrechnungen des Regierungspräsidiums für die Abendschulen hätten lediglich verhindert dass es einen noch größeren Fehlbetrag gab. Allerdings sei es möglich gewesen, die Verluste durch den Gewinnvortrag aus dem Vorjahr und Entnahmen aus Rücklagen auszugleichen.

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Online wurden neue Angebote entwickelt

Auch für die Kurse mussten Lösungen gefunden werden – und das läutete bei der VHS einige Veränderungen ein. Weil Treffen vor Ort nicht plötzlich nicht mehr möglich und die Geschäftsstellen geschlossen waren, wurde auf Online-Kurse umgestiegen. Wie Nikola Ferling auf SÜDKURIER-Nachfrage erzählt, sei daraus schnell mehr geworden: „Wir sind dann schnell weggekommen von der reinen Umstellung auf die Entwicklung neuer Angebote.“

Das Geld fehlt: Durch Corona gingen der VHS Einnahmen verloren.
Das Geld fehlt: Durch Corona gingen der VHS Einnahmen verloren. | Bild: Marinovic, Laura

Obwohl es schon früher Online-Kurse gegeben habe, wolle die VHS nun in allen Fachbereichen breit gefächert im digitalen Bereich unterwegs sein – auch über die Corona-Pandemie hinaus. Aber: „Ohne Abstriche bei den Präsenzveranstaltungen zu machen“, versichert Ferling. Man wolle so „einfach ein viel bereites Angebot machen, als es das ohnehin schon gibt“, mit zusätzlichen Möglichkeiten.

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Programmheft wurde abgeschafft

Zu diesem Zweck seien etwa die digitalen Kochkurse im Rahmen der Kulturküche ins Leben gerufen worden, an denen sich auch Jürgen Veeser, Inhaber des Hotel-Restaurants zum Adler in Wahlwies, beteiligt hatte. Weil das Programmheft der VHS aufgrund der undurchsichtigen Corona-Situation nicht mehr zuverlässig geplant werden konnte, sei es zudem abgeschafft und durch die VHS-Post, einen Flyer, ersetzt worden. Über diesen informiere die VHS kurzfristiger, nämlich alle zwei bis drei Monate, über aktuelle Angebote.

Ein neues Angebot waren die digitalen Kochkurse im Rahmen der Kulturküche. Mit dabei war unter anderem Jürgen Veeser vom Adler in Wahlwies.
Ein neues Angebot waren die digitalen Kochkurse im Rahmen der Kulturküche. Mit dabei war unter anderem Jürgen Veeser vom Adler in Wahlwies. | Bild: Archivbild: Claudia Ladwig

In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden bei der VHS Landkreis Konstanz mit knapp 9700 Online-Unterrichtseinheiten von 368 Veranstaltungen schon fast doppelt so viele durchgeführt wie 2020. Damals waren es etwa 5370 von 585 Veranstaltungen gewesen. Und es nahmen auch viel mehr Teilnehmer die Online-Angebote wahr: 2020 waren es knapp 2250, 2021 bis einschließlich Mai fast 5290.

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Bessere Erreichbarkeit

Die Entwicklung ist mit der Corona-Pandemie nicht abgeschlossen. Denn der digitale Ausbau habe auch unabhängig von Lockdown und Ausgangssperren Vorteile, wie der stellvertretende Vorsitzende der VHS Landkreis Konstanz, Stephan Kühnle, auf Nachfrage berichtet. Zum einen sei da die bessere Erreichbarkeit der Kurse: „Der Weg weg zur digitalen VHS ist gleich kurz, egal, wo ich im Landkreis sitze“, sagt er. Digitale Veranstaltungen könnten mit geringerem Aufwand besucht werden als Veranstaltungen vor Ort, die die Teilnehmer erst einmal erreichen müssen. So würden Veranstaltungen im Raum Stockach mehr Zulauf bekommen, wenn die Anfahrtswege wegfallen.

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Außerdem würden auch die Kursangebote von der Umstellung profitieren, weil ganz neue Dinge möglich seien. So habe die VHS zum Beispiel im Rahmen einer Veranstaltung einen Holocaust-Überlebenden aus New York zugeschaltet. „Den hätten wir nicht hierher einladen können“, erklärt Stephan Kühnle. Außerdem seien etwa bei Vorträgen zu Krankheitsthemen digital die Hemmungen nicht so groß, denn die Teilnahme sei im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen auch anonym möglich.

Digitale Geschäftsstelle wird geschaffen

Die VHS arbeite nun daran, zusätzlich zu den Geschäftsstellen in Stockach, Singen, Radolfzell und Konstanz auch eine fünfte, digitale Geschäftsstelle auszuarbeiten, berichten Kühnle und Ferling im Gespräch. Über diese sollen die digitalen Angebote den Menschen besser zugänglich gemacht werden. Geplant sind unter anderem auch Weiterleitungen zum Youtube-Account der VHS, über den es etwa aufgezeichnete Vorträge zu sehen gibt.

Rückkehr zum Präsenzunterricht ist nicht so leicht

Trotz der positiven Entwicklungen hat die VHS derzeit zum Teil aber auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Zwar berichtete Nikola Ferling im Stockacher Gemeinderat, seit Juni kehre die VHS wieder zu Präsenzveranstaltungen zurück. Doch das sei nicht ganz einfach: „Das Problem ist, dass ganz viele Leute sagen, das ist ihnen noch zu riskant“, erklärte sie.

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In der Sitzungsvorlage heißt es zudem: „Da die Schließung ohne konkrete Perspektive so lange angedauert hat, müssen entsprechende Angebote zunächst unter Beobachtung der aktuell geltenden Vorgaben ausgeschrieben und beworben werden, damit die Mindestteilnehmerzahl bei Kursstart erreicht ist.“ Das Raumangebot sei zudem eingeschränkt, da die Abstandsregeln beachtet werden müssen.

2021 läuft auch nicht ideal

Außerdem erklärte Nikola Ferling, dass auch eine Kursteilnahme mit Mund-Nasen-Maske und negativem Corona-Test zum Teil schwierig sei: „Das mag nicht jeder.“ Und hinzu komme, dass einige Dozenten sich während der Krise beruflich neu orientiert oder aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters ganz mit dem Unterricht aufgehört hätten. „Es ist schwerer als noch im letzten Jahr, Präsenzveranstaltungen zum Laufen zu bringen“, fasst es Nikola Ferling zusammen.

Laut Sitzungsvorlage geht die VHS davon aus, dass sich die Situation „erst nach der traditionell für die VHS umsatzschwachen Sommerzeit normalisieren wird“. Es sei damit zu rechnen, dass auch das Geschäftsjahr 2021 nicht ausgeglichen abgeschlossen werden könne.