Ganz im Sinne des großen Themas „Klimafreundliche Mobilität“ stand bei der aktuellen Veranstaltung des Runden Tischs Mobilität der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im Mittelpunkt. Zu Gast war Maria Kaufhold, Juristin und neue Leiterin des Amts für Nahverkehr und Schülerbeförderung im Landkreis Konstanz, die sich für einen funktionierenden und attraktiven Nahverkehr im Landkreis einsetzt.

Der ÖPNV im Landkreis Konstanz bestehe aus Schienenverkehr, Bussen und einem Rufbusangebot auf rund 20 Linien, informierte die Amtsleiterin die rund 25 Zuhörer. Wie man auf dem Gesamtplan erkennen konnte, bilden Städte wie Konstanz, Singen, Radolfzell, Stockach, Engen, Überlingen und Gottmadingen wichtige Knotenpunkte, von denen aus andere Orte bedient werden. Die Zuständigkeiten sind, je nach Verkehrsmittel, unterschiedlich. So ist die Landkreis-Verwaltung Konstanz direkt für die Verkehrsplanung der Regionalbusse verantwortlich, also für den Tarifverbund Verkehrsunternehmen Hegau-Bodensee Verbund GmbH (VHB). Eng arbeite sie mit Busunternehmen zusammen.

Im Schienenverkehr fahren im Landkreis Konstanz die Schwarzwaldbahn, der Rhyhas, die Gäubahn, die Hochrheinbahn, der Seehas, die Bodenseegürtelbahn und das Seehäsle zwischen Stockach und Radolfzell. Der Landkreis selbst betreibt das Seehäsle und ist für dessen Infrastruktur zwischen Stahringen und Stockach zuständig. Der Betrieb des Seehäsle solle jedoch ab dem Fahrplanwechsel 2023/2024 an das Land Baden-Württemberg übergehen. Hierbei soll es auch zu einer Taktverdichtung kommen: Zwischen 4.33 und 20 Uhr sollen Montag bis Freitag die Züge dann im 30-Minuten-Takt fahren, der letzte Zug soll Radolfzell um 23.51 Uhr verlassen. Diese Taktung sei, so Kaufhold, zwar bereits angemeldet, jedoch noch nicht bestätigt. Sowohl Bodenseegürtelbahn und Hochrheinbahn in den Abschnitten Schaffhausen bis Basel als auch das Seehäsle könnten in naher Zukunft elektrifiziert werden. Zudem sei zwar darüber gesprochen worden, den Bahnhof Espasingen wieder zu reaktivieren, jedoch würde dies aktuell, da es in Espasingen nur ein Gleis gibt, zu Problemen mit der Taktung führen, sei also aktuell noch nicht möglich.

Insgesamt sei es nach Aussage von Maria Kaufhold so, dass man sich stetig bemühe, das ÖPNV-Netz zu verbessern. Mit Hilfe eines Bürgerbeteiligungsprojekts für den Fahrplanwechsel 2023/2024, bei dem sich, so lobte Kaufhold, sehr viele Menschen beteiligt hätten, könne man durch die Rückmeldungen sicherlich neue Erkenntnisse gewinnen. Zudem gebe es ein Beschwerde-Management, eine Hotline für Ideen und man arbeite auch an einem integrierten Klimaschutzkonzept.

Zu einer dynamischen Diskussion kam es im Anschluss an Maria Kaufholds Präsentation unter anderem im Hinblick auf das 49-Euro-Ticket, wobei man sich hauptsächlich fragte, wer dabei eigentlich den Gewinn mache, wer die Verluste übernehme und ob dies sinnhaft sei. Hierzu erläuterte Maria Kaufhold, dass im ersten Jahr Bund und Land komplett alle Verluste übernähmen und es in den Folgejahren eine Staffelung gebe, innerhalb welcher ein eventuelles Defizit über mehrere Jahre nach unten verteilt werden könne.

Vor allem im Hinblick auf die Rufbus-Thematik (Mobility-on-Demand) wurde sehr angeregt diskutiert. Zum Beispiel fragte man sich, ob es wirklich klimaschonend sei, einen Rufbus mit nur wenigen Fahrgästen extra fahren zu lassen. Hier stellte Maria Kaufhold allerdings fest, dass es ansonsten zu einer negativen Kopplung kommen könnte: wenn es nämlich das Angebot nicht gäbe, führen noch weniger Leute Bus. Sie erklärte: „On-Demand-Verkehr bietet Chancen. Es ist aber ein Flächenverkehr, kein Linienverkehr. Und man braucht dafür ein sinnvolles Konzept.“ Insgesamt gebe es sehr viele Akteure, mit denen man sich absprechen müsse, um ein gutes Konzept zu finden. Von vielen Anwesenden wurde betont, wie wichtig es sei, landkreisübergreifende Angebote und Verbindungen zu kleinen Orten zu schaffen, bei denen man nicht stundenlang unterwegs sein müsse, es dort also eine bessere Taktung brauche. Man fragte sich, ob es nicht vielleicht eine kluge Idee sei, die Leute, die die Anschlüsse brauchen, selber planen zu lassen. Allgemein bemängelten die Anwesenden, dass der ÖPNV im ländlichen Raum viel Zeit und Flexibilität erfordere. Zuhörer Ewald Werner fasste zusammen: „Wenn ich punktgenau irgendwo sein will, dann kann ich den ÖPNV in der Pfeife rauchen. Dann nehme ich das Auto.“

Im Laufe des Abends wurde deutlich, dass der ÖPNV, der im ländlichen Raum „nutzerfreundlich und effizient“ werden müsse, eine Sisyphos-Aufgabe darstellt, so Bernd Rüffer, Initiator des Carsharings in Stockach. Marina Steiner, Sachgebietsleiterin Tief-, Straßen- und Wasserbau in Stockach, fasste zusammen: „Wir brauchen ganz neue Lösungen für den ÖPNV im ländlichen Raum, eine Art Pilotprojekt.“