Die Abrissbagger markierten im Jahr 2002 der Beginn eines großen Wandels: Im Juni 2002 trugen die Metallschaufeln und Greifer Stück für Stück das historische Douglas‘sche Forsthaus an der Straße Stadtwall ab. Heute parken an der Stelle, an der es einst gestanden hat, Autos auf den Lidl-Parkplatz. Das historische Gebäude, in dem die Gräfliche Forstverwaltung war, gehörte zu denen, die für den Bau des Discounters mit großem Parkplatz verschwanden.
Links neben dem Forsthaus stand früher an der Ecke Stadtwall/Talstraße ein weiteres Haus und in der Talstraße befand sich die Zimmerei Mock mit einem großen Gebäudekomplex. Und Lidl? Der war vor dem Neubau in der kleinen Bodanstraße, wo heute Quick-Schuh ist. Die Autos mussten schräg in der Sackgasse parken und die Kunden drückten sich durch ein Metall-Drehkreuz in den Laden hinein.


Bauabsichten gab es schon seit Jahren
Bereits im September 1997 berichtete der SÜDKURIER: „Lidl will aus der Sackgasse.“ Die Discounter-Kette wollte gerne in Randlage neu bauen, doch der Gemeinderat war dagegen, dass das innenstadtrelevante Sortiment ausgelagert wird. Es sollte gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden. Im Juni 2001 kristallisierte sich schließlich langsam heraus, dass Lidl zwischen Stadtwall, Talstraße und Weißmühlenstraße baut. Es gab deshalb direkt erste Anwohnerproteste.
Zu diesem Zeitpunkt waren bereits viele große Veränderungen im Gange. Ein Artikel fasste am 19. Juni 2001 zusammen: „Stockachs Unterstadt wird zur Supermarkt-Zone. Edeka eröffnet im Juli am Bahnhof einen neuen großen Markt, Schlecker möchte eine zweite Filiale im ehemaligen Fristo-Getränkemarkt in der Schillerstraße einrichten, Norma soll angeblich mit dem Preisfux-Gebäude liebäugeln und Aldi baut nächstes Jahr komplett neu auf dem bisherigen, dann aber erheblich erweiterten Areal.“
Anfangs schien es noch, als bekäme der Lidl-Investor das Mock-Areal nicht und müsse sich mit der langen schlauchförmigen Fläche begnügen, auf der neben dem 100 Jahre alten Gräflichen Forstamt auch zwei weitere Gebäude fallen sollten: ein abbruchreifes Doppelhaus am Stadtwall und ein Mehrfamilienhaus an der Weißmühlenstraße. Die Villa sollte mit den anderen Verwaltungen an einem Ort gebündelt werden.
Widerstand von verschiedenen Seiten
Der geplante Abriss bewegte in der Folgezeit die Gemüter. Außerdem sorgten sich die Anlieger wegen des Verkehrs und der Öffnungszeiten des geplanten Lidls. Zudem stand das Forsthaus eigentlich unter Denkmalschutz. Das Landesdenkmalamt nannte es „schützenswert“, berichtete der SÜDKURIER am 27. Juni 2001. Die Stadtverwaltung suchte Ende Juni das Gespräch mit Axel Graf Douglas, um das Gebäude zu erhalten und dieser signalisierte eine Konsenslösung – er wolle alles im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften regeln.

Einen Monat später zog der Investor seine Bauanfrage zurück und im August gab es einen Plan, der den Erhalt des Forsthauses vorsah und das Mock-Areal in den Lidl-Bau einbezog. Doch: „Lidl verhandelt noch mit den Anliegern. Er droht aber unverholen nach Nenzingen abzuwandern“, so ein Bericht am 8. August 2001. Alternative Flächen in Stockach seien zu klein, hieß es.
Abriss und Bauarbeiten im Sommer 2002
Ab September 2001 deutete langsam doch alles auf den Forsthaus-Abriss hin, wobei dazu eine Genehmigung des Regierungspräsidiums notwendig wurde, nachdem das Gräfliche Haus Widerspruch gegen die Ablehnung der Unteren Denkmalschutzbehörde eingelegt hatte. Die Zusage kam im März 2002, die Villa fiel drei Monate später. Die anderen Umzüge und Abrisse kamen ebenfalls. Anschließend baute Lidl – eine Eilklage von Nachbarn während der Bauarbeiten scheiterte. Die Eröffnung war Ende November 2002.
