Wer soll das bezahlen? Diese Frage schwebt momentan über Maßnahmen für Störche oder wegen Störchen, denn Geldmittel des Landes für den Ersatz oder die Sanierung von Nestern der großen Vögel gibt es nicht mehr. Nun werden Grundstücksbesitzer belastet, bei denen Störche nisten, kritisieren die Storchenbeauftragten Astrid Wochner und Christian Mende.
Das Problem: Nester brauchen Pflege oder müssen vielleicht auch mal ersetzt oder verlegt werden – das kann mehrere hundert oder sogar mehrere tausend Euro kosten. Gleichzeitig dürfen Nester nicht einfach so entfernt werden, da Störche unter Naturschutz stehen. Das muss genehmigt werden und bringt Bürokratie mit sich. Wenn Störche einen neuen Nestbau beginnen, dürfe dieser nur entfernt werden, wenn es noch kein fertiges Nest mit Eiern drin sei.
Frust auf allen Seiten
Christian Mende, Astrid Wochner, der städtische Umweltbeauftragte Kim Krause, Stadtbaumeister Lars Heinzl und Bürgermeister Susen Katter blicken in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER mit Sorge auf die Situation. Astrid Wochner, die jetzt den Hauptteil der Storchenarbeit trägt, seit Christian Mende aus gesundheitlichen Gründen stark reduziert hat, wünscht sich eine Lösung. Beide beraten regelmäßig Betroffene und bekommen den Frust mit.
„Das Problem ist, dass Tiere da sind, um die man sich kümmern muss“, sagt auch Lars Heinzl. Er ärgert sich: „Es kann nicht sein, dass man so im Regen stehen gelassen wird.“

Keine Förderung mehr, aber die Arbeit bleibt
Lars Heinzl bedauert, wie kompliziert die Abläufe geworden sind. „Bis vor einem Jahr haben wir immer eine Förderung bekommen“, sagt er zum Errichten neuer Neststandorte oder Ersatznestern. Ein Beispiel dafür war in Winterspüren, wo die Kosten für einen Nestmast bei 3500 Euro lagen und die Hälfte davon Zuschüsse waren.
Warum es von einem Tag auf den anderen plötzlich kein Geld mehr gab, kann er erklären: Die Landesregierung sei zu dem Schluss gekommen, dass es inzwischen genug Störche in Baden-Württemberg gebe und habe daraufhin die Förderung eingestellt. Inzwischen gebe es auch keine Ökopunkte für Storchenmaßnahmen mehr. Mit Ökopunkten gleichen Gemeinden aber Flächenversiegelungen aus.
Susen Katter erkundigte sich als Neuste in der Runde nach den Kosten, die im Stadtgebiet anfallen. Laut Heinzl werden jährlich rund 30.000 Euro fällig, „weil immer irgendwie etwas gerichtet werden muss“.
Probleme für Hausbesitzer
Und jetzt? Wer soll künftig die Sanierung von Nestern, die hunderte Kilogramm wiegen können, bezahlen? Laut Astrid Wochner kostet das etwa 800 Euro pro Nest. Und jeder Hausbesitzer mit Storchennest auf dem Dach ist für die Verkehrssicherungspflicht verantwortlich, wie Mende ergänzt. Das Landratsamt habe zwar ein Budget für Störche, doch auch dort seien die Hürden für die Genehmigung von Mitteln hoch.
Da Störche Wildtiere seien, gebe es keine Versicherung, die abgeschlossen werden könnte. „Man haftet privat“, erklärt Mende. Ihm sei daher wichtig, die Leute aufzuklären, was auf sie zukommt, wenn sie einen Horst auf dem Grundstück haben.
Allen Schwierigkeiten zum Trotz wollen die Storchenbeauftragten sich weiter engagieren und Störche sind auch aus Sicht der Stadtverwaltung gern gesehene Tiere. Auf Susen Katters Frage in die Runde, was Wünsche oder eine Idealvorstellung wären, sagt Astrid Wochner, es brauche eine klare Regelung und finanzielle Rückendeckung. Jedes Regierungspräsidium im Land koche sein eigenes Süppchen.
Engagement vs. Bürokratie
Mende wünschte sich Gespräche mit dem Regierungspräsidium Freiburg, nachdem dort die Ansprechpartner gewechselt haben. Mit den früheren Leuten habe es besser geklappt. Susen Katter sagte zu, mit dem neuen Regierungspräsidenten Kontakt aufzunehmen. Die Bürgermeisterin teilte die Meinung, die sich durch das Gespräch zog: „Es darf nicht sein, dass jemand etwas für den Naturschutz tut und dafür bestraft wird.“
Die gute Nachricht im Raum Stockach ist das große Engagement für die Vögel. „Die Feuerwehr Stockach hilft seit Jahren bei den Beringungen und mit den Stadtwerken haben wir auch eine super Zusammenarbeit“, erklärt Mende. In der Vergangenheit habe es auch Unterstützung durch das Landratsamt Konstanz gegeben, doch aufgrund geänderter Zuständigkeiten solle viel über den Landschaftserhaltungsverband (LEV) Konstanz laufen.

Das Problem dabei sei die größere Bürokratie, sagt Mende. Als Beispiel erklärt er, dass er nicht einfach einen Jungstorch wieder ins Nest setzen dürfe, wenn dieser herausgefallen sei. Eigentlich müsste er erst einen Antrag für die Kostenübernahme schreiben.
Störche wollen gar nicht mehr so weit weg
Dabei fühlen sich Störche im Raum Stockach sehr wohl, bedingt durch den Klimawandel seien manche sogar das gesamte Jahr über in der Region. Mende erläutert im Gespräch die Entwicklung über die Jahrzehnte: Die Störche würden nicht mehr so weit in den Süden fliegen, teilweise nur noch bis nach Spanien. Im Raum Stockach überwintern auch vereinzelte Störche, so kann man seit Jahren in Espasingen mindestens einen Storch im Winter sehen.
Eine andere Veränderung sei, dass die Störche inzwischen früher auch dem Winterquartier zurückkehren würden. „Dieses Jahr waren sie mindestens eine Woche früher dran“, so Astrid Wochners Beobachtung durch die Beringungen von Jungtieren, die dementsprechend früher geschlüpft sind.
2024 sei allerdings kein gutes Jahr für Störche. Durch die Regenperioden habe im Raum Stockach nur ein Drittel der Jungtiere überlebt, sagt Wochner. In anderen Regionen seien die Todesfälle sogar noch viel höher und Überlebensquote niedriger gewesen.