Es ist eine Geschichte, wie sie sich sonst eher in den Jugendmannschaften am Spielfeldrand zuträgt: Einer verspielt das Vertrauen der anderen – und fliegt aus dem Team. Nur dass es diesmal nicht um Foulspiele auf dem Rasen ging, sondern um einen 38-Jährigen ehemaligen Fußballtrainer vor dem Amtsgericht.
Laut Anklageschrift war der Angeklagte im Sommer 2024 bei einer Freundin in Stockach untergekommen. Diese habe ihn nicht auf der Straße wissen wollen, nachdem ihn seine Ex vor die Tür gesetzt hatte. Doch diese Hilfsbereitschaft sollte sich rächen: Fünfmal bestellte der 38-Jährige Waren – meist Sportkleidung – im Internet, auf den Namen und die Adresse seiner Gastgeberin. Bezahlt wurde nichts. Schaden: 403 Euro. Plus Inkassokosten.
Bis heute ist keine Rechnung bezahlt
Vor Gericht gibt der Angeklagte zu, die Ware bestellt zu haben. Eine böse Absicht will er aber nicht gehabt haben. „Ich habe das gemacht, aber nicht mit der Absicht, es nicht zu bezahlen“, sagte der Angeklagte im Prozess. Nur: Gezahlt hat er bis heute nicht, wie vor Gericht deutlich wurde. Stattdessen türmten sich Mahnungen und Inkassoschreiben bei seiner damaligen Freundin, die auch als Zeugin aussagte.
Die junge Frau habe den Fußballtrainer vier Jahre lang als guten Freund erlebt – bis er in ihre Wohnung kam, sagte sie vor Gericht. Nebenkosten habe er nie beisteuern wollen, auch beim Essen habe er lieber zugegriffen, als in die Tasche. Rund 2000 Euro schulde er ihr heute. „Ich habe alles für dich getan, und der Dank ist jetzt, dass ich Inkassoschreiben bekomme“, sagte sie im Zeugenstand an den Angeklagten gewandt. Zudem habe der Angeklagte in die „Bambini-Kasse“, die die Zeugin für einen Fußballverein verwalte, gegriffen. Das Geld sollte später die Mutter des Angeklagten zurückzahlen.
Nicht der erste Vorfall dieser Art
Der Angeklagte wirkte vor Gericht kleinlaut, entschuldigte sich immer wieder, will die Sache herunterspielen. „Alles scheiße gelaufen“, sagte er mehrmals. Irgendwann reichte es Richterin Melina Michalski. „Das Wort ‘Scheiße‘ haben Sie jetzt oft genug gesagt.“
Die Staatsanwältin wirft ihm schließlich vor, über Jahre hinweg Menschen und Institutionen ausgenutzt zu haben – Freunde, Vereine, sogar die Justiz. Denn der 38-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt: 15 Vorstrafen stehen in seiner Akte – von gefährlicher Körperverletzung über Drogendelikte bis hin zu schwerem Raub. Und: Schon 2024 hatte er einen fast identischen Betrug begangen – damals ebenfalls fünf Onlinebestellungen, ebenfalls bei einem Freund in Singen, wobei ein Schaden von rund 500 Euro entstanden sei.
Gericht zeigt sich nachsichtig
Der Lebenslauf des Angeklagten liest sich wie ein Pendel. Der 38-Jährige geht immer wieder verschiedenen Tätigkeiten nach, dann ist er wieder arbeitslos. Schulden häufen sich, wie sich vor Gericht zeigt. Die Krankenkasse will über 9000 Euro zurück, 350 Euro zahle er monatlich ab. Geldstrafen beglich er oft erst in letzter Minute, einmal half die Oma mit 4000 Euro aus, gibt der Angeklagte zu.
Doch trotz der Vorstrafen will das Gericht von einer Freiheitsstrafe absehen, man sehe darin ein Risiko für eine ungebremste Abwärtsspirale: „Sie haben nach wie vor ein Problem damit, Verantwortung zu übernehmen“, meint die Richterin. Und weiter: „Und wenn ich Sie jetzt ins Gefängnis stecke, dann verlieren Sie den Job und die Wohnung. Und da die einzelnen Schäden eher gering sind, ist es deutlich sinnvoller, Ihnen die Chance zu geben, jetzt endlich damit aufzuräumen.“
So urteilt die Richterin
Das Urteil: Sechs Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Drei Jahre lang steht der Angeklagte nun unter Aufsicht eines Bewährungshelfers. Außerdem muss der 38-Jährige die Prozesskosten tragen und seiner ehemaligen Freundin die 2000 Euro in Raten zurückzahlen. „Und wenn Sie mehr haben, dürfen Sie natürlich auch mehr überweisen. Das ist ihnen klar, oder?“, bemerkte Richterin Michalski abschließend.