Im Frühling macht ein Waldspaziergang durch das frische Grün besondere Freude. Zuletzt hat es viel geregnet und alles sprießt. Doch wie entwickelt sich das Klima auf längere Sicht und verändert damit die Ansprüche der Bäume? Und wie gelingt heute die Nutzung des Rohstoffs Holz, die Erholungssuche und der Naturschutz parallel auf gleicher Fläche? Stephan Kemper von Forst BW zeigte bei einem Termin des Umweltzentrums Stockach Beispiele entlang des neuen 1000 Quellenwegs und im angrenzenden Wald.
Gleich zu Beginn stieß die kleine Gruppe auf einen Bereich, der viel Totholz enthielt. Es handle sich hier um ein Waldrefugium, so Stephan Kemper. Waldrefugien sind das flächenmäßig größte Schutzelement des Alt- und Totholzkonzepts in Baden-Württemberg. Sie dienen der Sicherung von Alt- und Totholz bewohnenden Arten. Das liegende oder stehende Totholz verbleibt deshalb im Wald – auch wenn es für manchen Betrachter dort dadurch unaufgeräumt aussieht.
Warum Bann- und Schonwälder wichtig sind
Neben Waldrefugien gibt es Waldschutzgebiete. Dazu zählen Bann- und Schonwälder. Diese helfen bei der Erforschung von natürlichen Kreislauf- und Entwicklungsprozessen im Wald, erfüllen Ökosystem- und Artenschutzfunktionen und sind gleichzeitig wertvolle Gen-Ressourcen im Wald. Schonwald ist nach dem baden-württembergischen Waldgesetz „ein Waldreservat, in dem eine bestimmte Waldgesellschaft mit ihren Tier- und Pflanzenarten, ein bestimmter Bestandsaufbau oder ein bestimmter Waldbiotop zu erhalten, zu entwickeln oder zu erneuern ist“. Noch höheren Schutz bietet der Bannwald, der laut Waldgesetz als „ein sich selbst überlassenes Waldreservat“ definiert wird. Dort wird gar nicht eingegriffen, sondern lediglich für die Verkehrssicherheit gesorgt, erklärte Stephan Kemper.
Er lobte, der Forst BW Forstbezirk Baar/Hegau sei ökologisch vorbildlich: Es gebe zehn Prozent Prozess-Schutzflächen, drei Bannwälder, Waldrefugien, Artenmanagement für bedrohte Tier- und Pflanzenarten wie Eleganz-Widderchen, Gelbbauchunke, Frauenschuh, Orchidee oder Reghölderle, Pflege von Waldbiotopen und ein Habitatbaum- und Totholzkonzept.

Wie werden eigentlich Bäume vermessen?
Beim nächsten Halt ging es um die Ermittlung des Holzvorrats eines Baumbestandes. Exemplarisch zeigte Kemper, wie mit Maßband, Kluppe (Messschieber für die Stammvermessung) und Höhenmessgerät ein Baum vermessen wird. Die Tanne seiner Wahl hatte eine stattliche Höhe von 45 Metern und einen Stammdurchmesser von über 80 Zentimetern. Aus den gewonnenen Daten konnte er die Holzmasse errechnen und diese Stichprobendaten hochrechnen.
Wenn Bäume gefällt werden, müssen die Stämme zur Weiterverarbeitung aus dem Wald transportiert werden. Hier kommt die forstliche Feinerschließung ins Spiel. Schließlich gehe es um eine bodenschonende und nachhaltige Bewirtschaftung von Waldbeständen, betonte Stephan Kemper. Für Holzernte- und Rückemaschinen seien die schmalen Rückegassen die Verbindungsachsen zwischen durch Lkw befahrbaren Forstwegen und den Hiebsorten. Die Bodenbelastung durch die Forstmaschinen konzentriere sich also nur auf ausgewiesene Gassen und Wege.
Neue Baumarten müssen gezielt gepflanzt werden
Der Förster zeigte den interessierten Teilnehmern auch, wie sich der Wald selbst verjüngt. „Wir beobachten, was nachkommt und wie es sich entwickelt.“ Geschaut werde auch nach möglichen Verbissspuren an Sträuchern und Bäumen. Diese zeigten dem Förster, ob die Bejagung passe.
Neue Baumarten wachsen dagegen nicht einfach so, sie müssen gepflanzt werden. Noch sei unklar, ob man besser verwandte oder benachbarte Arten der heutigen Bäume verwende, so Kemper. Als Beispiele beider Richtungen nannte er die Orient-Buche, die nahe verwandt mit unserer heimischen Rotbuche ist, sowie die Esskastanie, den Baum des Jahres 2018. Weil sie sehr anpassungsfähig ist und gut mit Wärme und trockenen Böden zurechtkommt, gilt sie seit einiger Zeit als Baum der Zukunft.
Der Fachmann sagte, es sei schwierig, die richtigen Entscheidungen zu treffen, weil niemand voraussagen könne, wie das Klima sich verändert und welche Bäume in 100 Jahren mit den dann herrschenden Bedingungen klarkommen werden.