Heizung und Strom sind zwei Worte, die in den vergangenen Jahren vielen Einwohnern aufgrund der Kostenentwicklungen Sorgen gemacht haben und auch weiterhin Kopfzerbrechen bereiten. Bis spätestens 2045 müssen Hausbesitzer ihre Heizungsanlagen per Gesetz auf erneuerbare Energien umrüsten. Dabei gibt es auf Landesebene bereits bis 2040 einige Vorgaben.

Um den Ist-Stand im Raum Stockach, Ausbaupotenziale bei Wärmenetzen, die mögliche Rolle von Wasserstoff und vieles mehr ging es nun an einem Infoabend im Bürgerhaus Adler Post. Die Runde der Teilnehmer vor Ort und per Videokonferenz war überschaubar, doch die Fragerunde mit Debatten war dafür umso ausführlicher und detaillierter.

Stockach, Bodman-Ludwigshafen, Eigeltingen, Orsingen-Nenzingen, Mühlingen und Hohenfels sowie Steißlingen bilden einen Konvoi bei der Kommunalen Wärmeplanung. Bei dieser gibt es zunächst die Bestand- und Potenzialanalysen. Dann wird ein klimaneutrales Szenario für 2040 mit einer Prognose des künftigen Wärmebedarfs und der Deckung mit klimaneutralen Energieträgern erstellt, auf die eine Handlungsstrategie folgt. Die Öffentlichkeit wird dabei durch Beteiligungsprozesse und Infoveranstaltungen mitgenommen.

Ioannis Karakounos-Kossyvas (links) und Rald Münch von der MVV Regionplan GmbH stellen die Potenzialanalyse der Kommunalen Wärmeplanung vor.
Ioannis Karakounos-Kossyvas (links) und Rald Münch von der MVV Regionplan GmbH stellen die Potenzialanalyse der Kommunalen Wärmeplanung vor. | Bild: Löffler, Ramona

50 Prozent Zuschüsse sind möglich

Ralf Münch von der MVV Regioplan GmbH erklärte den Prozess und die gesetzlichen Vorgaben näher. Laut dem Gebäudeenergiegesetz des Bundes ist ab dem Jahr 2045 die Nutzung fossiler Energieträger nicht mehr erlaubt. Auf Landesebene gilt bereits 2040, um Klimaneutralität zu erreichen. Zwar sei die Wärmeplanung bei solchen Konvoi-Gemeinden im Vergleich zu größeren Städten nicht verpflichtend, aber bei späteren Maßnahmen könnten Hausbesitzer 50 Prozent Zuschuss erhalten. Er bezeichnete den Prozess auch als eine Wärmewendestrategie.

Stadtbaumeister Lars Heinzl und Bürgermeisterin Susen Katter beantworten Fragen.
Stadtbaumeister Lars Heinzl und Bürgermeisterin Susen Katter beantworten Fragen. | Bild: Löffler, Ramona

Der Stockacher Stadtbaumeister Lars Heinzl betonte, der Zeitplan komme von Land und Bund. „Wir müssen das umsetzen, ob wir wollen oder nicht.“ Die Dämmung von Altbauten sei dabei ein sehr wichtiges Thema und nicht einfach. Auch die Stockacher Bürgermeisterin Susen Katter betonte, dass Altbauten mit besseren Dämmungen einen geringeren Energieverbrauch haben könnten. „Es ist wichtig, dass wir uns auf den Weg machen“, sagte sie und ergänzte, dass sie sich mehr Fördermittel und Unterstützung für die Hauseigentümer wünsche.

69 Prozent der Gebäude von vor 1978

Die Konvoi-Gemeinden haben laut Ioannis Karakounos-Kossyvas von der MVV Regioplan GmbH Feuerstätten, also auch Heizungsanlagen, die überwiegend sehr alt sind: 17 Prozent stammen von vor 1991, 39 Prozent sind mindestens 23 Jahre alt und 30 Prozent zwischen 13 und 22 Jahre alt. 69 Prozent aller Gebäude seien aus Baujahren vor 1978, sodass entsprechendes Sanierungspotenzial bei der Wärmedämmung vorhanden sei. In den sieben Gemeinden seien momentan zwölf Wärmenetze vorhanden.

Der Stockacher CDU-Rat Werner Gaiser stellt Fragen. Neben ihm sitzt CDU-Rat Martin Bosch.
Der Stockacher CDU-Rat Werner Gaiser stellt Fragen. Neben ihm sitzt CDU-Rat Martin Bosch. | Bild: Löffler, Ramona

Ralf Münch erläuterte, im Rahmen der Wärmeplanung würden Eignungsgebiete ausgewiesen, die in drei Kategorien eingeteilt seien: Wärmenetzgebiete, dezentrale Eignungsgebiete und Prüfgebiete. Bei vorhandenen Wärmenetzgebieten sei daher geschaut worden, ob diese ausbaubar wären. In dezentralen Eignungsgebieten müssten sich die Hausbesitzer um Einzellösungen kümmern. „Dort wird geprüft, ob neben Erdgas auch Wasserstoff durch das Gasnetz versorgt werden kann“, sagte er. Das bedeute eine Prüfung, ob die Leitungen tauglich seien oder was zur Ertüchtigung getan werden müsste. Diese Prüfungen sollen bis in etwa einem Jahr von den Versorgern abgeschlossen werden. Auch Kostenfragen seien noch zu klären. Prüfgebiete seien Bereiche, die für den Bau eines Nahwärmenetzes interessant sein könnten.

Das könnte Sie auch interessieren

Wasserstoff könnte irgendwann genutzt werden

Lars Heinzl ergänzte zum Thema Wasserstoff, dass der Raum Stockach vom großen deutschen Netz abgeschnitten sei und man nicht einfach eine Pipeline legen könne. Daher sei noch unklar, wo Wasserstoff für die Konvoi-Gemeinden erzeugt werden und hierher transportiert werden könnte, selbst wenn die vorhandenen Gasnetze dafür geeignet wären. Er schilderte zudem, bis ein Haus einen Anschluss kriegen könnte, dauere es mindestens fünf Jahre aufgrund der Planungen, Verfahren und Umsetzung.

Er stellte auch die Fragen in den Raum, wie realistisch es überhaupt ist, bis 2040 die Anforderungen des Landes zu erfüllen, da dies bereits in 16 Jahren sei. Obwohl er Zweifel hatte und auch auf begrenzte finanzielle Mittel der Stadt und bei Privatpersonen hinwies, sagten er und Bürgermeisterin Susen Katter übereinstimmend: „Wir werden es versuchen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Fragen und Kritik

Geothermie (Erdwärme) kam an dem Abend mehrfach zur Sprache. „Bei der Wärmeerzeugung hat die oberflächennahe Geothermie großen Potenzial“, sagte Karakounos-Kossyvas. Zu dieser Option gab es später eine Rückfrage von CDU-Rat Werner Gaiser, sodass Heinzl die Unterschiede zwischen den zwei Geothermie-Arten erklärte. Bei der oberflächennahen Geothermie werde etwa 100 Meter tief gebohrt, doch es gebe Einschränkungen durch den Grundwasserschutz. Bei der anderen Art bräuchte es eigentlich heiße Quellen, die es in Stockach aber nicht gebe. Bohrungen lägen jedoch bei den Kosten im fünfstelligen Bereich, sodass Geothermie eher nicht infrage komme. Gaiser bemerkte dazu nur, dass auch ein Windrad Geld koste.

Der Hohenfelser Gemeinderat Karlheinz Lehmann kritisiert den Zeitplan von Bund und Land.
Der Hohenfelser Gemeinderat Karlheinz Lehmann kritisiert den Zeitplan von Bund und Land. | Bild: Löffler, Ramona

Der Hohenfelser Gemeinderat Karlheinz Lehmann kritisierte ebenfalls, wie die Zeitvorgabe zu schaffen sein soll, wer es umsetzen soll und wie das bezahlt werden kann. Er bat darum, politisch Druck auszuüben, damit es mehr Zeit für die Umsetzung gibt.

Markus Traber aus dem Mühlinger Gemeinderat sagte, er wolle „Realität in den Raum bringen“ und berichtete von seiner eigenen Biogasanlage, die 19 Jahre alt ist, zehn Jahre Verlängerung erhalten habe, aber dann am Ende sei. Er bemängelte, dass dieser Energieträger, der vor allem im Winter sehr gut sei, reduziert werden solle. „So kriegen wir keine Wärmewende hin.“

Markus Traber aus Mühlingen (links) hat Kritik für die gesetzlichen Vorgaben.
Markus Traber aus Mühlingen (links) hat Kritik für die gesetzlichen Vorgaben. | Bild: Löffler, Ramona

Einzelfallberatungen durch Energieagentur

Die Vertreter von MVV Regioplan und Lars Heinzl beantworteten noch eine ganze Reihe von Fragen. Für konkrete Beratungen verwies Heinzl auf die Energieagentur Landkreis Konstanz, die in allen Orten Sprechstunden anbietet.

Bald kommt eine Offenlage, während der Einwohner Anmerkungen einbringen können. Im weiteren Verlauf wird es irgendwann einen Abschlussbericht und den Beschluss des Wärmeplans durch den Gemeinderat geben.