Es ist ein Erfolgsmodell, das Hans Dackweiler vor 50 Jahren erschuf. Der Waldorflehrer und Sozialtherapeut setzte mit der Gründung der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach ein in dieser Form neuartiges, integratives Konzept des gemeinsamen Wohnens, Lebens und Arbeitens von Menschen mit und ohne Assistenzbedarf um. Heute, ein halbes Jahrhundert später, leben und arbeiten dort 200 Menschen in integrativen Wohngemeinschaften.
Jugendliche mit Assistenzbedarf auf die Arbeitswelt vorbereiten
Es war eine Begegnung während seiner Zeit als Werklehrer an der Waldorfschule in Krefeld Anfang der 60-er Jahre, die dem Leben des Holz- und Steinbildhauers eine Wendung gab. An der Schule lernte er Karl König kennen. Dieser Kinderarzt und Heilpädagoge gründete 1964 die Camphill-Dorfgemeinschaft Lehenhof. Hans Dackweiler war vom Lehenhof so begeistert, dass er mit Ehefrau Marga und Sohn Michael ins Deggenhausertal umsiedelte.

Was ihn nicht losließ, war der Wunsch, dass auch Jugendliche mit Assistenzbedarf in einer Gemeinschaft auf die Arbeitswelt vorbereitet werden sollten. Damals endete die Schulpflicht mit 16 Jahren. Die Aufnahme in einer Einrichtung wie dem Lehenhof war aber erst ab 18 Jahren möglich. Für Dackweiler war dies ein unhaltbarer Zustand. Ein entsprechendes Konzept für die Betreuung hatte er ausgearbeitet. Nun fehlte ein geeigneter Standort.

Diesen fand er in Großschönach. Im Winter 1970 wurde der heutige Brunnenhof umgebaut, erste Jugendliche zogen ein, die Schule und die Werkstätten nahmen im Jahr 1971 ihren Betrieb auf: Gemeinsam mit seiner Frau Marga und einem fünfköpfigen Team hatte Dackweiler den Grundstein für die Dorfgemeinschaft Lautenbach gelegt.
Gründer, Idealist, Schöpfer, Vorausschauer und Vorausdenker
„Hans war Gründer, Idealist, Träger eines Impulses. Hans war Schöpfer. Er war Vorausschauer und Vorausdenker“, schildert Klaus Hilsenbek, Vorstandsmitglied der Dorfgemeinschaft Lautenbach, in seinen Gedenkworten bei der Angehörigentagung im Oktober 2017 den Charakter des Gründers.
Skulpturen und Plastiken zeugen von seiner Schöpfungskraft
„Wenn Hans arbeitete, flogen Späne beim Schnitzen, spritzte Ton zu Boden beim Modellieren“, betont er rückblickend. Zeugen seiner schöpferischen Tätigkeit seien Plastiken und Skulpturen in Stein am Bärenbrunnen beim Brunnenhof und Kindergarten sowie an der Urnenstätte.

Hans Dackweiler hat das Dorf mit seinen Bauten, Wegen und Anlagen geplant und geprägt. Immer neue Häuser und Werkstätten, in denen zum Beispiel mit Metall, Gusskeramik und Beton gearbeitet wurde sowie Buchbinde-Arbeiten angefertigt wurden, wurden im Laufe der Jahre in Betriebe genommen.
Wie Klaus Hilsenbek in seinen Gedenkworten erläutert, war Hans Dackweiler „ein Menschen-Fänger für nötige Aufgaben, die er sehr genau skizzieren konnte“. So hätten die ersten Handwerker aus der Gemeinde Herdwangen-Schönach zu ihm Vertrauen gefasst. „Peter Reich wurde der erste Werkmeister. Andere, wie Herbert Schwägler, Helmut Maier und Otto Kohler folgten ihm“, schildert Hilsenbek. Auch sei es dem Lautenbach-Gründer vortrefflich gelungen, finanzielle Gönner zu finden.
Fürsorglicher Umgang mit den Eltern
Besonders gut ist Klaus Hilsenbek auch die Begabung Hans Dackweilers im Gedächtnis, den Eltern, die nach Lautenbach kamen und um Annahme ihres Kindes fragten, fürsorglich zu begegnen sowie auf ihre Ängste und Nöte einzugehen. „So entstand ein tiefes Vertrauen zu dem Lautenbacher Impuls, die über Jahre hinweg tragend sein konnte“, erinnert sich Hilsenbek.