Was in Städten und Ballungsräumen längst Standard ist, soll auch auf dem Land möglich sein: schnelles Internet. Eine gute Dateninfrastuktur zu schaffen hat sich die Gemeinde Herdwangen-Schönach vorgenommen. Dafür braucht es einen Masterplan, den der Gemeinderat nun auf den Weg gebracht hat. Die Knackpunkte: Das Vorhaben kostet eine Menge Geld und schnelle Leitungen gibt es nicht von heute auf morgen.
Glasfaser bis in den Keller
Ende 2017 hatte der Gemeinderat beschlossen, bei der Breitbandversorgungsgesellschaft im Landkreis Sigmaringen (BLS) die FTTB-Masterplanung für das gesamte Gemeindegebiet in Auftrag zu geben. Mit dem Begriff FTTB bezeichnen Fachleute einen hohen Standard, bei dem die Glasfaserleitung bis in den Keller eines Gebäudes verlegt wird. In der BLS sind Kommunen aus den Landkreisen Biberach, Sigmaringen, Reutlingen, Tuttlingen und Konstanz zusammengeschlossen. Ziel ist die Schaffung einer flächendeckenden Breitband-Infrastruktur durch Glasfaserausbau.
Es gibt derzeit Bereiche in der Herdwangen-Schönach, etwa in der Bodenseestraße in Herdwangen, die mit einer Downloadgeschwindigkeit von 100 Mbit/s schon heute gut aufgestellt sind, doch anderswo sieht es mit 30 MBit/s mau aus. Gerade in den Weilern wie Breitenerlen oder Schwende herrsche Handlungsbedarf, so Bürgermeister Ralph Gerster.
Für Firmen von zentraler Bedeutung
In der jüngsten Gemeinderatssitzung stellte Markus Müller vom Büro Fiberstrategy die Ergebnisse der FTTB-Masterplanung vor. Ein solches Konzept ist Voraussetzung, um Fördergelder zu beantragen. Laut Müller habe eine Umfrage ergeben, dass für Betriebe die Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen das Auswahlkriterium Nummer eins ist, ob sie sich in einer Gemeinde niederlassen oder nicht. Dass schnelles Internet ein Standortfaktor ist, der nicht nur für Gewerbetreibende, sondern auch für Privathaushalte zunehmend an Bedeutung gewinnt, stand für das Gremium außer Frage. "Wir müssen in dem Bereich aktiv bleiben, das ist die Zukunft", sagte Peter Atzenhofer (FW).
Kosten von fast 10 Millionen Euro
Für die Masterplanung wurden 1500 Anschlusspunkte ausgewertet, über die 3000 Wohneinheiten angeschlossen werden könnten. Die Rede ist von 64 Kilometer Trassenlänge und 21 Kilometer Hausanschlüsse. Kostenpunkt: 9,9 Millionen Euro. Umgerechnet entspricht dies 6700 Euro Anbindungskosten pro Hausanschluss. "Erschrecken Sie nicht, ein 100-prozentiger, sofortiger Netzausbau ist kein realistisches Szenario", so Müller. "Das ist finanziell nicht auf einen Schlag zu leisten."
Schrittweiser Ausbau über zehn Jahre
Der Ausbau in der Gemeinde soll schrittweise über einen Zeitraum von zehn oder mehr Jahren erfolgen. "So lassen wir Netzinseln entstehen und können Teilnetzbereiche anschließen", erklärte Markus Müller. Besonderes Augenmerk müsse auf bereits im Boden vorhandene Leerrohre sowie die Möglichkeit der Mitverlegung gerichtet werden. Wo immer bei Straßen- und Kanalarbeiten ein Graben aufgemacht werde, müsse man an Glasfaser denken. Auf diese Weise könne die Kommune Tiefbaukosten sparen. Einstimmig beschloss der Gemeinderat, das Büro Fiberstrategy auf Grundlage der Masterplanung mit der Erstellung eines machbaren Maßnahmenplans zu beauftragen.
Technische Standards
FTTB oder FTTC bezeichnet den Ausbauzustand des Glasfasernetzes. Bei "Fiber to the building/basement" (FTTB) wird der Glasfaseranschluss bis ins Gebäude (Keller) gelegt. Die innerhäusliche Weiterführung muss der Hauseigentümer finanzieren. Es handelt sich um eine technische Weiterentwicklung von "Fiber to the curb" (FTTC, "Kabel bis an die Bordsteinkante"), sprich bis zum Kabelverzweiger und von dort via Kupferkabel ins Haus. (kaj)