Die Unfallflucht vom 24. Oktober 2023 in Aftholderberg, bei der ein 81-Jähriger von einem Auto angefahren und mit schwersten Verletzungen im Straßengraben liegen gelassen wurde, wird nach langwierigen Ermittlungen nun juristisch aufgearbeitet. „Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Fahrer des Unfallfahrzeugs beim Amtsgericht Sigmaringen einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs des unerlaubten Entfernens vom Unfallort beantragt, der vom Amtsgericht zwischenzeitlich antragsgemäß erlassen wurde“, bestätigte Staatsanwältin Jasmin Epple von der Staatsanwaltschaft Hechingen auf Anfrage des SÜDKURIER.

Person lag reglos in der Hofeinfahrt

Sie rekapituliert das Geschehen in der Unglücksnacht: „Demnach wurde eine männliche Person, die in der Dunkelheit in alkoholisiertem Zustand reglos in der Hofeinfahrt einer Gaststätte in einer Gemeinde in Herdwangen-Schönach lag, von dem Fahrzeug überrollt und verletzt. Da die männliche Person kurze Zeit nach dem Unfall verstarb, wurde gegen den Fahrer des Unfallfahrzeugs zunächst auch wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt.“ Dies hatte die Staatsanwaltschaft Hechingen im Februar 2024 auf Anfrage des SÜDKURIER bestätigt.

Keine Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Nun erklärte Staatsanwältin Epple auf erneute Nachfrage, dass nach dem Abschluss umfangreicher Ermittlungen und der eingeholten verkehrstechnischen und rechtsmedizinischen Sachverständigengutachten ein pflichtwidriges Verhalten des Autofahrers hinsichtlich einer fahrlässigen Tötung aber nicht festgestellt werden konnte. Deshalb erfolge auch keine Anklage wegen fahrlässiger Tötung.

Richter bestätigt, dass keine öffentliche Verhandlung stattfindet

Auf Anfrage des SÜDKURIER bestätigt auch Richter Dr. Jörg Pohlmann vom Amtsgericht Sigmaringen, dass wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort ein Strafbefehl erlassen wurde, gegen den kein Einspruch eingelegt worden ist: „Eine Verhandlung wird es demnach nicht geben.“ Nach Angaben von Pohlmann wurden 90 Tagessätze verhängt, dazu die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von zehn Monaten bestimmt.

Strafmaß bleibt unter Grenze zur Vorstrafe

Maßgeblich für eine Vorstrafe ist eine Tagessatzanzahl von 90 Tagessätzen. Bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen gilt man nicht als vorbestraft. Bei einer Tagessatzanzahl von mehr als 90 Tagessätzen ist eine Vorstrafe gegeben. Vorstrafen ab einer Geldstrafe mehr als 90 Tagessätzen erscheinen auch in einem polizeilichen Führungszeugnis, welches beispielsweise von potenziellen Arbeitgebern als Einstellungsvoraussetzung gefordert wird. Verurteilungen eines Ersttäters bis zu einer Tagessatzanzahl von einschließlich 90 Tagessätzen tauchen nicht in einem polizeilichen Führungszeugnis auf. Man gilt dann also auch nicht als vorbestraft.

Zweite Unfallflucht in Herdwangen-Schönach bislang ungeklärt

Der tragische Unfall beziehungsweise die Unfallflucht hatte 2023 für viel Aufregung gesorgt, auch weil in Herdwangen-Schönach ein Jahr zuvor ein junger Mann in Kleinschönach von einem Auto angefahren und schwer verletzt zurückgelassen worden war. Auch dieser Autofahrer beging Unfallflucht und die Polizei suchte monatelang vergebens nach dem Fahrzeug sowie dem unbekannten Lenker. Nach Informationen des SÜDKURIER wurde die Ermittlungsarbeit mittlerweile eingestellt.

Viele Gutachten zum Vorfall in Aftholderberg

Bei dem Vorfall im Oktober 2023 in Aftholderberg hatte die Polizei bestätigt, dass sich das 81-jährige Opfer kurz zuvor mit Bekannten getroffen hatte. Gegen 20.45 Uhr war der schwer verletzte Mann gefunden und ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nach einem längeren Klinikaufenthalt hatte der Senior eine Reha-Maßnahme absolviert und schien auf dem Weg der Besserung, bevor er verstarb. Ob und inwieweit der Unfall für seinen Tod ursächlich war, sollten Gutachten zu verschiedenen Unfallspuren ergeben. Keine Antwort hatte es damals von der Hechinger Staatsanwalt auf die SÜDKURIER-Frage gegeben, wie der mutmaßliche Unfallverursacher ins Visier der Polizei geraten war. Bekanntlich hatten die Ermittler mehrfach um Hinweise von Zeugen gebeten, die Beobachtungen zum Unfall oder zu Personen im Bereich der Unfallstelle gemacht hatten. Ob letztlich Zeugenhinweise oder Aussagen von weiteren Teilnehmern der möglichen „Stammtisch-Runde“ im Gasthaus zum Beschuldigten führten, bleibt unklar.