Baugrund ist nicht überall verfügbar und nicht jeder möchte in einem Neubaugebiet leben. Da kann es ein Glücksfall sein, wenn man ein altes Haus erbt. Doch „alt“ bedeutet oft auch, dass es viel Arbeit gibt, bevor die Möbel aufgestellt werden können. Michaela Buhl und Steffen Volk können ein Lied davon singen. Aber auch davon, wie man sich im dann fertigen Haus so richtig wohl fühlen darf. Und das auch deshalb, weil man Baustoffe verwendet hat, die alt sind, wie das Bauen selbst: Lehm und Holz.
Schon die Kelten bauten mit Lehm
Bestes Beispiel ist die Lehmziegelmauer der weltbekannten Heuneburg bei Hundersingen. Man muss aber kein Kelte sein, um sich mit dem Naturbaustoff Lehm anzufreunden. „Das mit dem Lehm war meine Idee“, sagt Michaela Buhl. Die Optik und die baubiologischen Aspekte hatten es ihr angetan. Und dass die Idee gut war, das kann man sehen, wenn man einen Besuch macht im kleinen Bittelschieß, einem Teilort der Gemeinde Krauchenwies. Baubeginn war 2018 und im März dieses Jahres erfolgte der Einzug.
Altes Fachwerk wurde freigelegt und das Holz saniert
Schon wenn man durch die Haustüre tritt wird klar, dass hier viel geschafft wurde. Großflächig wurden Wandverkleidungen aus alten Bohlen gefertigt, die ebenfalls einmal irgendwo im Haus eingebaut waren. Tapeten gibt es nicht. Dafür ist das ganze Haus innen komplett mit Lehm verputzt. Und dafür ist Holger Längle aus Sylvenstal zuständig, den die Bauherren über das Internet gefunden haben. „Lehm ist der älteste und am meisten bewährte Baustoff der Welt“, sagt Längle. Der gelernte Zimmermann, studierte Bauingenieur (FH) und Baubiologe (IBN) betreibt seit elf Jahren im Deggenhausertal das auf natürliche und gesunde Bauen spezialisierte Unternehmen „Erfolgsgeheimnis Lehmbau GmbH“.
Leidenschaft für den uralten Baustoff Lehm

Die Leidenschaft für den Baustoff teilt er mit den Menschen, die Lehm über Jahrtausende verarbeitet haben und daraus ihre Häuser schufen. Ursprünglich waren es Geflechte aus Schilf, Stroh oder anderen Pflanzen, die mit feuchtem Lehm beworfen wurden. Man kennt so etwas von den Pfahlbauten in Unteruhldingen. Auch dort war „der Holger“, wie ihn seine Kunden auch gerne nennen, schon im Einsatz und hat steinzeitliche Bauten restauriert und wieder zu neuem Glanz gebracht.
Und neuen Glanz hat er auch dem Gebäude verliehen, das noch vor dem Jahr 1900 erbaut wurde und ursprünglich der Oma von Michaela Buhl gehört hat. Aus der ehemaligen Landwirtschaft haben Michaela und Steffen ein wahres Schmuckstück gemacht. Das gilt zumindest für den Wohnbereich und ein Stück der ehemaligen Scheune.
Wohnkonzept bis zum Lebensende gedacht
„Es liegt noch eine ganze Menge Arbeit vor uns“, sagt der Industriemechaniker und fasst mit der rechten Hand an die Hüfte. „Man merkt das schon auch körperlich, wenn man so ein altes Gemäuer neu gestalten will“, schmunzelt der 30-Jährige. Was im Wohnbereich geschaffen wurde, das ist mehr als beachtlich. Hier muss man sich einfach wohlfühlen. „Wenn es geht bis zum Lebensende“, sagt Michaela. Wo es möglich war, wurde auch schon auf Barrierefreiheit geachtet. Die neue Dusche ist dafür ein gutes Beispiel. Und die Küchenmöbel sind auch schon höher als normal. Hier gibt es einen Essplatz, wo auch der zweijährige Bastian und die sechsjährige Leni gerne zusammen mit den Eltern vespern. Das dann mit einem frischen Brot, das die Mama in einem speziellen Ofen gebacken hat, der in die Einbauküche integriert ist. Der backt mit Strom. Den modernen Küchenherd befeuert man mit Holz. Und Holz, das ist im ganzen Haus sehr gut zu sehen.
„Schwiegervater war eine große Hilfe“
„Eigentlich wussten wir gar nicht, dass da so viel Fachwerk unter dem Putz ist“, erzählt Steffen. Und auch davon, dass man ein Jahr lang nur abgebrochen habe. Dabei kamen dann immer wieder Dinge zum Vorschein, von denen man vorher nichts wusste. Michaela begeisterte sich sofort für Fachwerk in der Wohnung. „Ich hatte das schon anderswo gesehen und fand es super“, erzählt die Ergotherapeutin, die in einem Krankenhaus in Teilzeit arbeitet und auch gerne Hausfrau und Mutter ist. „Im ersten Jahr haben wir gar kein Geld gebraucht, sondern nur abgerissen und Wände abgeschlagen“, erinnert sich Steffen, der vor dem Einzug in Kreenheinstetten gewohnt hat. Der Schwiegervater sei da eine große Hilfe gewesen. Der 57-Jährige habe überall angepackt und verfüge auch über einen ansehnlichen Maschinenpark. Viele Monate gab es nur ein Samstagvergnügen: Bau. Und Michaela fügt hinzu: „Als wir mal angefangen hatten, da gab es kein Zurück mehr.“ Ein Architekt musste her wegen der Baugenehmigung und das Paar wollte weitgehend Handwerker aus der Region beschäftigen. Es wurde viel diskutiert und immer wieder umgeplant.
Schlafzimmermöbel sind aus Zirbenholz gefertigt
Das Gebälk wurde nur gebürstet und nicht chemisch behandelt und die Holztür ist aus Altholz gefertigt. Das hat ein Cousin von Michaela erledigt, der Schreiner im Pustertal in Südtirol ist. Von dort stammt auch das Zirbenholz, aus denen er die Schlafzimmermöbel gefertigt hat. Im Wohnzimmer befindet sich ein Thermostat in der Wand. „Das ist für die Wandheizung“, erklärt Steffen Volk.
Und die hat er selbst unter Anleitung von Volker Längle eingebaut. Hat man nicht manchmal die Lust verloren? „Manchmal schon. Vor allem abends, wenn man keinen Fortschritt gesehen hat“, schmunzelt das Paar. Trotzdem: Die Entscheidung sei richtig gewesen. „Für uns sind Nachhaltigkeit und Stil wichtig“, sagen sie. Das soll auch beim weiteren Ausbau der Scheune und beim Anlegen eines Kräuter- und Gemüsegartens so sein. Und natürlich bei der Neugestaltung der Außenfassade. Es bleibt ganz bestimmt noch viel zu tun.