Vor knapp einem Jahr stand ein junger Mann vor dem Amtsgericht Sigmaringen, dass ihn wegen Betrugs zur Finanzierung seiner Glücksspielsucht zu einer 14-monatigen, auf drei Jahre letztmalig ausgesetzten Bewährungsstrafe, verdonnerte. Jetzt gab es ein unerfreuliches Wiedersehen: Der 22-Jährige hatte nach demselben Muster über den Online-Marktplatz Ebay Ware angeboten und sich vorab ohne anschließende Gegenleistung bezahlen lassen. Jetzt muss er, sofern in der Revision nichts anderes entschieden wird, ins Gefängnis: Amtsrichterin Kristina Selig verurteilte ihn zu einem Jahr ohne Bewährung.

Pelzmantel und Baustelle-Radio angeboten

Staatsanwältin Heimberger legte dem in einer südlichen Kreisgemeinde lebenden jungen Mann zur Last, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Anfang März dieses Jahres einen Pelzmantel für 130 Euro und ein Baustellen-Radio für 110 Euro im Internet eingestellt zu haben, um sich eine zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen. Die Interessenten, beim Pelzmantel waren es zwei, wurden vom Angeklagten gedrängt, ihr Salär über eine „Echtzeitüberweisung“ – eine Art unmittelbarer Direktüberweisung – auf sein Bankkonto zu transferieren. Nur die Ware blieb, wie in früheren Fällen, aus. Sein Pech war, das die Geschädigten gegen ihn ermitteln ließen. Zuerst wehrte sich eine vom Kauf zurückgetretene Frau aus Hessen, die ihn anzeigte, nachdem er entgegen seiner Ankündigung mehrere Tage brauchte, um den Betrag endlich zurückzuerstatten. Beim zweiten Ersteigerer des gleichen Pelzmantels wurde anhand der von Richterin Selig verlesenen Chatverläufe zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten ersichtlich, mit welchen Ausflüchten er diesen hinzuhalten versuchte. Beim Radiokäufer argumentierte er, dass infolge von Kundenreklamationen sein Kundenkonto plötzlich gesperrt und auch sein Handy funktionsuntüchtig geworden sei.

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Vorgezeigter Pelzmantel nicht identisch

Der 21-jährige Zeuge, der das Baustellen-Radio erwerben wollte, trat vor Gericht ausdrücklich von früheren Kaufabsichten zurück, obgleich der Angeklagte das Gerät bei sich führte. Stattdessen nahm der Geschädigte von ihm das vorenthaltene Geld inklusive Zinsen im Gerichtssaal im Empfang. Auch den Pelzmantel durfte der Angeklagte dem Gericht in voller Pracht entfalten – Staatsanwältin und Richterin erkannten sofort, dass dieser nicht mit der Abbildung auf der Online-Plattform identisch war.

Angeblich wegen der Scheidung der Eltern belastet

„Ich bin so was von ein bisschen schlampig“, versuchte der Angeklagte die Verärgerung seiner Kunden bei den Transaktionen zu begründen. Zu seiner Pflichtvergessenheit tischte er dem Gericht eine wenig glaubhafte, familiäre Geschichte auf, nämlich „scheidungsbedingte Probleme zwischen Vater und Mutter“ auf, die ihn psychisch belasteten. Im Jahr zuvor berief er sich vor Gericht ebenfalls auf einen ihn frustrierenden familiären Schicksalsschlag. Gleichwohl räumte er ein, dass ihn die Glücksspielsucht wohl ein Leben lang begleiten würde. So habe er selbst eine einjährige Sperre bewirkt. 25 000 Euro müsse er noch seinem Vater bezahlen, der für bisherige Spielschulden aufgekommen war.

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Bewährungsauflagen unterlaufen

Die Staatsanwältin sah den Sachverhalt gemäß der Anklageschrift vollumfänglich bestätigt. „Die Ware existierte nicht, sie haben ihre Lieferbereitschaft nur vorgetäuscht, ihr Konto wurde nicht ohne Grund gesperrt!“ Den stufte sie als „schweren Fall“ ein, trotz der vom Angeklagten geleisteten Schadenswiedergutmachung. Sie verwies auf dessen strafrechtliche Vorbelastung, auf einschlägige Art habe der Angeklagte die Bewährungsauflagen unterlaufen. Wegen „erheblicher Uneinsichtigkeit“ plädierte sie für eine Gefängnisstrafe von einem Jahr ohne Bewährung.

Verteidiger findet das Strafmaß überzogen

Verteidiger Markus Zeller bezweifelte, dass es sich hierbei um einen wirklich schweren Fall handelt: „Wir reden hier von 200 Euro.“ Das Radio befände sich ja in dessen Besitz, könne also nicht mit einer vorsätzlichen Täuschung unterfüttert werden. Es sei eben „unrund gelaufen“. Das geforderte Strafmaß der Staatsanwaltschaft nannte er deutlich überzogen, sein Mandant sei freizusprechen. Maximal eine sechsmonatige Strafe hielt er für angemessen, da seinem Klienten eine günstige Prognose zu stellen sei.

Mehrfach einschlägig vorbestraft

„Da sehe ich keine positive Prognose“, so Richterin Kristina Selig bei ihrem Urteilsspruch, sie vermochte im Leben des Angeklagten keinerlei Veränderungen festzustellen und verwies auf dessen mehrfach einschlägiges Vorstrafenregister. Die geschilderten familiären Probleme würden nur als Vorwand dienen: „Sie haben gewerbsmäßig gehandelt, wollten sich eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen und haben die Schäden erst auf starkes Drängen der Geschädigten wieder gutgemacht!“