Landrätin: „Bevölkerung verhält sich nach den Erfahrungen im Frühjahr vorsichtig“
Man müsse sich auf eine „längere Phase mit Wellenbewegungen“ einstellen, so Landrätin Stefanie Bürkle bei einem Pressegespräch. So könne es nach einer gewissen Beruhigung des Infektionsgeschehens wieder zu Lockerungen kommen, die anschließend bei erhöhten Ansteckungszahlen wieder verschärft würden. Mit Blick auf das Frühjahr, als der Kreis Sigmaringen wochenlang der Hotspot in Baden-Württemberg war, wo man an einzelnen Tagen 76 oder 85 Neuinfektionen zählte, liege man derzeit zwei Wochen hinter dem landesweiten Infektionsgeschehen. Das vorsichtige Verhalten der Kreisbevölkerung, angesichts der Erfahrung im Frühjahr, sieht sie als einen Grund für den relativ ruhigen Anstieg und, dass es im ländlichen Raum, anders als in Großstädten, keine ausgesprochene Partyszene gebe.
Situation im Landratsamt
Bei einer Telefonkonferenz mit Vertretern des Gesundheitsamtes, der SRH-Kliniken, der Kreisärzteschaft und der Kommunalpolitik informierte Landrätin Stefanie Bürkle auch über die Situation im Landratsamt, nachdem vor Tagen insgesamt 15 Beschäftigte positiv getestet wurden. Nach zwei positiven Fällen, habe man eine Abstrichaktion organisiert und weitere 13 Covid-19-Erkrankte entdeckt. Daraufhin wurde die Sicherheit in der Behörde weiter verschärft und seitdem arbeiten die Beschäftigten am Arbeitsplatz mit Mundschutz. Dann wurde eine weitere Abstrichaktion mit 68 Personen organisiert, wobei allesamt negativ getestet wurden. „Wir hatten also ein Infektionscluster“, ist die Kreischefin froh, dass das Virus nur in einem Bereich war. Die betroffenen Mitarbeiter befinden sich noch in häuslicher Quarantäne, die zum Wochenende aber beendet ist.
Situation im SRH-Krankenhaus
Die SRH Kliniken GmbH Kreis Sigmaringen hat im Krankenhaus Sigmaringen die zentrale Covid-Station eingerichtet, auf der sich nach Angaben von SRH-Geschäftsführer Jan-Ove Faust aktuell fünf Patienten befinden, wobei keine Person intensiv behandelt werden muss. Faust erklärte auf Nachfrage des SÜDKURIER, dass entsprechend der SRH-Teststrategie bei Beschäftigten einmal pro Woche ein Antigentest durchgeführt werde. Bei Mitarbeitern, die in Covid-Bereichen arbeiteten, würden bis zu drei Tests pro Woche durchgeführt. Stichprobenartig werden auch Patienten getestet, die länger im Krankenhaus sind. Dass trotz steigender Zahlen nur wenige Infizierte behandelt werden, sei der Tatsache geschuldet, dass vornehmlich jüngere Leute betroffen seien, deren Symptome so gering seien, dass sie keine ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen. Sobald das Virus die Bevölkerungsgruppe der Älteren erreiche, werde die Patientenzahl auf der Covid-Station zunehmen, ist Faust überzeugt.
Situation im Klinik-Verbund
„Wir sind besser vorbereitet und breiter aufgestellt“, wies der Ärztliche Direktor, Professor Georg von Boyen, darauf hin, dass die SRH-Kliniken im Frühjahr nur sechs Beatmungsplätze hatten und jetzt über mindestens 14 Plätze verfügten. Zudem hätten die Kliniken in der Region Bodensee-Oberschwaben ein Netzwerk etabliert, wo alle verfügbaren Intensivbetten gemeldet werden, so dass man sich gegenseitig aushelfen könnte.
Nur in Beuron gibt es noch keinen Covid-19-Fall
„Die Lage ist ernst, aber noch sind wir in der Lage alle Kontaktpersonen von Neuinfizierten binnen eines Tages zu ermitteln“, informierte Landrätin Stefanie Bürkle zur Corona-Situation im Kreis Sigmaringen. Am 4. November meldete das Landratsamt 124 Infizierte, eine Steigerung gegenüber dem Vortag um 23. Die meisten Covid-19-Fälle hat Bad Saulgau mit 21, gefolgt von Pfullendorf mit 18 und der Kreisstadt Sigmaringen mit 17. Als einzige der 25 Kreisgemeinden meldet die kleinste Kommune, Beuron, noch keinen Covid-19-Fall.
Steigende Zahl an Kontaktpersonen
Die Zahl der Kontaktpersonen von positiv Getesteten hat sich nach Angaben von Landrätin Bürkle im Oktober gegenüber dem Frühjahr enorm erhöht. Bei einem Corona-Infizierten gab es 68 Kontaktpersonen und allein im Oktober befanden sich fast 1000 Kreisbürger in Quarantäne.