Drei Ortschaften der Gesamtgemeinde Leibertingen – Altheim, Kreenheinstetten und Thalheim – besitzen jeweils einen Ortschaftsrat mit Ortsvorsteher – der Hauptort Leibertingen allerdings nicht. Eine durchaus gängige Praxis der kommunalen Neugliederung Anfang der 1970er Jahre. Nur sehr wenige Gemeinden in Baden-Württemberg besitzen einen Ortschaftsrat im Hauptort.
Gemeindeordnung lässt Gründung zu
Die Gemeindeordnung Baden-Württembergs lässt aber durchaus die Gründung eines solchen Gremiums im Hauptort zu. Offensichtlich hatte es in der Ortschaft Leibertingen immer wieder Stimmen aus der Bürgerschaft geben, die Leibertingen als Ortschaft nicht ausreichend politisch vertreten sehen und einen eigenen Ortschaftsrat und damit eine Änderung der Hauptsatzung der Gemeinde Leibertingen fordern.
Eine mögliche Satzungsänderung war aber nicht nur wegen der möglichen Gründung eines zusätzlichen Ortschaftsrats Thema in der jüngsten Sitzung des Leibertinger Gemeinderats, der Bürgermeister wünschte sich von seinen Räten mehr Befugnisse – auch das wird in der Hauptsatzung festgeschrieben.
Mehr Verfügungsspielraum
Die Räte stimmten dafür, dass die Beträge für die verschiedenen Geldmittel, über die Bürgermeister Stephan Frickinger ohne Gemeinderatsbeschluss verfügen darf, heraufgesetzt werden. Laut Bürgermeister handelte es sich dabei weitgehend um eine entsprechende Anpassung der inzwischen in die Jahre gekommenen Hauptsatzung, die zuletzt 2003 geändert wurde. Neu sind allerdings die Befugnisse des Bürgermeisters bei der Vergabe innerhalb von Bauprojekten der Gemeinde. Bis zu 500.000 Euro „im Rahmen des Haushaltsplans“ darf er bewilligen, ohne den Gemeinderat zu befragen. Der Bürgermeister begründete seinen Wunsch nach dem zusätzlichen Spielraum mit schnelleren Verfahren und in der Folge auch kürzeren Gemeinderatssitzungen, was von einigen Räten ausdrücklich begrüßt wurde.
Auf Informationspflicht gepocht
Gemeinderat Guido Amann forderte in diesem Zusammenhang, dass die Informationspflicht gegenüber dem Gemeinderat bei großen Bauprojekten nicht beschnitten werden dürfe. Bürgermeister Frickinger wies auf ein geplantes Projektportal hin, das in Zukunft die Gemeinderäte in Echtzeit über den Stand aktueller Bauprojekte in der Gemeinde informieren soll. Gemeinderat Klaus Buck forderte, dass die Informationspflicht bei großen Projekten über 100.000 Euro in der Hauptsatzung noch einmal festgeschrieben werden sollte. Der Bürgermeister bot hingegen an, die Information über Kosten von laufenden Bauprojekten als ständigen Punkt auf die Tagesordnung des Gemeinderats zu nehmen. Auch beim Spielraum der Ortschaftsräte folgte der Gemeinderat dem Vorschlag von Bürgermeister Frickinger. Sie dürfen nun bei Bauprojekten im Ort bis zu 25.000 Euro für Lieferungen und Leistungen selbst vergeben.
Personalentscheidungen ohne Gemeinderat
Der Bürgermeister wird in Zukunft auch beispielsweise Erzieherinnen und Erzieher, die normalerweise zur Entgeltgruppe 8 zählen, für die örtlichen Kinderhäuser einstellen können, ohne den Gemeinderat einbeziehen zu müssen. Das Gremium gestand ihm „personalrechtliche Entscheidungen von Mitarbeitern, Beamten und -anwärtern, bis zur Entgeltgruppe EG9 und A9“ zu. Erst bei Führungskräften ist nun laut Frickinger die Zustimmung der Gemeinderats erforderlich. Der Bürgermeister begründetet die Satzungsänderung damit, dass bei der Einstellung qualifizierter Bewerber schnell entschieden werden müsse. Ihm stimmte Gemeinderätin Beate Volk zu. „Sonst hat der Bewerber bereits morgen einen anderen Job“, sagte sie.
„Es ist ein vielfacher Wunsch von vielen Bürgerinnen und Bürgern aus der Ortschaft, einen Ortschaftsrat für Leibertingen einzuführen“, sagte Bürgermeister Stephan Frickinger, als es um die mögliche Gründung eines Ortschaftsrates für Leibertingen ging. In der Diskussion schlug Gemeinderat Amann vor, einen beratenden Ortsausschuss für Leibertingen einzurichten, dessen Vorsitzender der Bürgermeister sein sollte. In diesem Ausschuss sollten automatisch die Gemeinderäte mit Wohnsitz Leibertingen Mitglieder sein. „Ich bin dafür, dass es einen Ausschuss nur geben sollte, wenn es die Ortschaft tatsächlich will“, sagte Beate Volk. Auch der Bürgermeister sprach sich dafür aus, die Bürger in der Angelegenheit zu befragen. Die Gemeinderäte Matthias Utz und Klaus Buck betonten, dass die Entscheidung, wie sich ein Ausschuss oder ein möglicher Ortschaftsrat für Leibertingen gestalten könnte, allein beim Gemeinderat liege. Am Ende tendierten die Meinungen im Gemeinderat in Richtung eines für die Leibertinger Angelegenheiten zuständigen Ausschusses.
Prüfung, ob es einen Ausschuss geben kann
Die Gründung eines Ortschaftsrats noch vor den kommenden Kommunalwahlen im Juni 2024 wurde vom Gemeinderat einstimmig abgelehnt. Die Entscheidung deckt sich mit der Auffassung des Landratsamts Sigmaringen, das von einem Ortschaftsrat im Hauptort ausdrücklich abrät. Der Bürgermeister will mit der Kommunalaufsicht prüfen, ob ein Ausschuss „ortsbezogen“ gebildet werden kann. Die geänderte Hauptsatzung tritt im Juni kommenden Jahres in Kraft.