Die Justiz am Landgericht Hechingen – zuständig für die Landkreise Zollernalb und Sigmaringen – blickt unter ihrer Leiterin und Präsidentin Mechthild Weinland sehr detailliert auf ein arbeitsreiches und erfolgreiches Geschäftsjahr 2024 zurück. Für Weinland, die im Dezember 2024 dieses Amt in Hechingen übernommen hat, war es eine Premiere, deren vielfältige Arbeit vorzustellen.

Deutlich mehr Zivilprozesse

Es sei eine moderne und attraktive Justizbehörde, die nach gewissen Turbulenzen zur großen personellen Stabilität gefunden habe. Dies hätte vor allem positive Auswirkungen auf die hochbelastete Strafkammer, die deutlich mehr Zivilprozesse habe bewältigen können, betonte die Präsidentin. Am Landgericht Hechingen sind derzeit 15 Richterinnen und Richter tätig.

Tötungsdelikte verdoppeln sich

Im Zivilbereich hat das Landgericht im besagten Geschäftsjahr 898 Fälle (2023: 855) an erst- und zweitinstanzlichen Verfahren registriert. Leicht angestiegen seien Verfahren mit einer hohen Straferwartung, wie Eingangszahlen der Großen Straf- und Schwurgerichtskammer belegen. Schärfer in den Blick nimmt das Gericht die zunehmenden Messerangriffe, auch die Tötungsdelikte hätten sich von fünf auf zehn Fälle verdoppelt, sagte Mechthild Weinland.

Versuchter Totschlag

Zu den interessantesten Verfahren der Strafkammern im gesamten Verwaltungsbezirk referierte die für Pressearbeit zuständige Richterin Kristina Selig. Sie thematisierte den versuchten Mord eines 22-Jährigen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Sigmaringen, der vor der 1. Großen Jugendkammer im März 2024 zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Ebenso stand im März 2025 ein 25-jähriger Pfullendorfer vor der ersten Großen Strafkammer im Fokus, der wegen versuchten Totschlags und weiterer Delikte eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten erhielt.

Sexueller Missbrauch

Zu den nicht minder berührenden Fällen dürfte der sexuelle Missbrauch eines 52-Jährigen zählen: Den nahe Meßkirch lebenden Mann überführte das von Richter Volker Schwarz geleitete Schöffengericht, sich an einer 14-jährigen Nachbarstochter sowie seiner elfjährigen Stieftochter vergriffen zu haben. Die als Zeuginnen geladenen minderjährigen Mädchen (eine war das Opfer) fühlten sich bei ihrer Vernehmung seelisch stark belastet. Angehörige reagierten mit Unverständnis, zumal eine audio-visuelle Vernehmung der beiden Geschädigten im Gerichtssaal zuvor gezeigt wurde. „Die persönliche Anwesenheit aller Beteiligten ist aber für das Gericht unverzichtbar“, erklärte Präsidentin Weinland auf Nachfrage und bekräftigte: „Das Nebeneinander von moderner Technik und persönlicher Aussage halte ich für ein gutes Konzept.“

Eigener Nachwuchs

Ein Vorteil sei, dass Hechingen als Ausbildungsstandort für qualifizierten, eigenen Nachwuchs sorgen könne, betonen die vortragenden Protagonistinnen. Hierfür wurden nicht nur neue Räumlichkeiten der ehemaligen Staatsanwaltschaft im Hause gegenüber geschaffen. „Es ist ein Beruf, den man aus Überzeugung wählt“, akzentuiert die Präsidentin. Angehende Richter und Staatsanwälte bekämen während ihrer zweijährigen Referendarausbildung hinreichend Einblicke in verschiedene Tätigkeitsbilder bei Gericht. Um sich gut einfuchsen zu können, würde ein breites Spektrum angeboten, vom Nachbarschaftsstreit bis zum millionenschweren Unternehmerzwist. Auch die rechtliche Betreuung für „Geschäftsunfähige im hohen Alter“ gehöre zur Ausbildung, jeweils mit Praxisstationen kombiniert.

Begehrt bei Banken und Versicherungen

Ihr umfangreiches Berufsbild und Aufgabengebiet als Rechtspflegerin und Karriereberaterin stellt Laura Weber dar, ihren Job nach dreijährigem dualen Studium nennt sie als besonders attraktiv und verantwortungsvoll. Wie eine Richterin oder ein Richter dürfe sie unabhängig und eigenverantwortlich entscheiden, sei nur an Recht und Gesetz gebunden. Deren Absolventinnen seien in der privaten Wirtschaft begehrt, bei Banken, Versicherungen und Rechtsanwaltskanzleien.

Reibungsloser Ablauf

Zum Genre zählen auch die elf Justizfachangestellten vor Ort. Ohne sie sei eine funktionierende Justiz undenkbar. Zu ihren Aufgaben gehört die Aktenpflege, elektronisch wie in Papierform. Sie garantieren für den reibungslosen Ablauf im Büro, bearbeiten den Postein- und Ausgang und pflegen enge Zusammenarbeit mit Richterinnen und Richtern. Außerdem seien sie Ansprechpartner für ratsuchende Bürger.